Kölsche Tön unterm Eiffelturm So präsentierte sich Köln 1937 auf der Pariser Weltausstellung

Köln · Zwei Jahre vor dem Zweiten Weltkriegs präsentierte sich die Domstadt auf der Pariser Weltausstellung. Das Deutsche Reich war mit einem eigenen Pavillon dabei. Ein Kellerfund mit Fotos wurde zum Buch „Köln an der Seine“.

 Eine Werbeschau Kölner Unternehmen: Die 40 Meter lange und 14 Meter breite Terrasse bot Kaffee, Kuchen und Bitburger Pils.

Eine Werbeschau Kölner Unternehmen: Die 40 Meter lange und 14 Meter breite Terrasse bot Kaffee, Kuchen und Bitburger Pils.

Foto: Foto: Karl Hugo Schmölz, © Arc/Fotowerkstätte Hugo Schmölz

Auf einen Kaffee beim „Erbfeind“? Etwas überspitzt ließe sich das Störgefühl womöglich so beschreiben, das den Betrachter des Buches „Köln an der Seine“ abrupt überkommen mag. Denn die internationale Harmonie im Sommer 1937 und damit exakt zwei Jahre vor Ausbruch des Zweiten Weltkriegs wirkt verstörend. Möglich machte sie die Weltausstellung in der französischen Hauptstadt.

Natürlich präsentierte sich das Deutsche Reich mit einem burgenhaft-schlanken, von NS-Stararchitekt Albert Speer entworfenen Monumentalbau samt Reichsadler und Hakenkreuz. Unmittelbar zu seinen Füßen aber, direkt am Ufer der Seine und einen Steinwurf vom Eiffelturm, nutzte Köln die Chance, als einzige Stadt ebenfalls mit einem eigenen Pavillon aufzuwarten – und damit nicht nur einen architektonischen Kontrapunkt zu setzen.

So wirkte der an ein Floß erinnernde Bau in seiner offenen Gestaltung, als schwebe er über dem Wasser. Speers Monumentalbau hingegen hatte man exakt kongruent gegenüber dem Pavillon der Sowjetunion platziert – und auch die östliche Diktatur spielte ihr monumentales Pathos mit heroischen Arbeiterfiguren samt Hammer und Sichel voll aus. Gleichsam, als habe man die heraufziehende blutige Konfrontation der Regime schon einmal bildlich vorweg nehmen wollen.

Kölsche Ware war im Pavillon in Paris ausgestellt

Die Kölner „schossen“ voerst aber nur mit Stollwerck-Schokolade. Autor Mario Kramp entdeckt in seiner Nachbetrachtung des in der Öffentlichkeit nahezu vollständig in Vergessenheit geratenen Kapitels Kölner Stadtgeschichte manche Facette rheinischen Frohsinns, welche die Organisatoren offenbar im Reisegepäck hatten.

Schließlich wussten die Kölner in ihrem schmucken Pavillon mit seinen prall gefüllten Schaufenstern nicht nur mit Motoren der Humboldt-Deutzmotoren AG, mit Kölnisch Wasser aus der Glockengasse Nr. 4711 oder mit Zigaretten aus dem Hause Neuerburg zu glänzen. Auch Stollwerck-Schokolade und Wein von Rhein und Mosel brachten sie auf der mit rot-weißem Stadtwappen beflaggten „Colonia Terrasse“ reichlich unters Messevolk. Dass aus den Holzfässern nicht etwa Kölsch, sondern Pilsener Bier einer gewissen Brauerei in Bitburg floss, wird seine Gründe gehabt haben, die in der ansonsten erschöpfenden Gesamtdarstellung nicht weiter hinterfragt werden.

Deren Verdienst bleibt die Entdeckung der spektakulären Aufnahmen der beiden renommierten Architekturfotografen Hugo Schmölz Karl Hugo Schmölz, seinem Sohn. Die meisten wurden bislang nie gezeigt und schlummerten bis heute als Glasnegative in Originalverpackung im Kölner Keller des Archiv Cox. Für alle Köln-Interessierten muss ihre Veröffentlichung einem Schatzfund gleichkommen.

Mario Kramp: Köln an der Seine. Der Kölner Pavillon auf der Pariser Weltausstellung 1937. 272 Seiten,gebunden, 167 Abbildungen. Greven-Verlag, 30 Euro, ISBN 978-3-7743-0902-9.

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