Foto-Bildband Mit der Kamera in der Kölner Untergrundbahn

KÖLN · Ein opulenter Bildband von Barbara Schock-Werner über Kölns U-Bahn-Stationen bietet spektakuläre Fotos von Maurice Cox.

 Haltestelle Venloer Straße.

Haltestelle Venloer Straße.

Foto: Maurice Cox

Meistens ist man in Hektik. Man will von A nach B, schnellstmöglich. Und statt sich umzuschauen, starrt man aufs iPhone-Display. Dabei lohnt sich der Blick auf die Gestaltung der Kölner U-Bahnen durchaus. Zumindest in den meisten Fällen. Auch Barbara Schock-Werner, Kölns erste Dombaumeisterin (1999-2012), nutzte die U-Bahnen lange Zeit nur als Transportmittel, bevor ihr auffiel, „dass es unter den Kölner Haltestellen ungewöhnliche und schöne gibt.“ So kam die Idee für einen tollen Bildband zustande, der jetzt im Greven Verlag erschienen ist.

Der Bildband „Linienführung. Die Kölner U-Bahn-Stationen“ orientiert sich am Verlauf der Strecken, die auch zeitlich eine Linie bilden. Sie beginnt vor 50 Jahren mit der ältesten Kölner Haltestelle Dom Hauptbahnhof (1968) und führt zu den jüngsten unterirdischen Stationen, die 2013 in Betrieb genommen wurden: Bonner Wall, Chlodwigplatz, Kartäuserhof, Severinstraße, Heumarkt und Rathaus.

Mit dem geschulten Blick der Architektin und Kunsthistorikerin hat Schock-Werner alle 40 U-Bahn-Stationen unter die Lupe genommen. Fotograf Maurice Cox setzt diesen Streifzug durch den Untergrund mit farbstarken, teils doppelseitigen, Aufnahmen spektakulär ins Bild.

Ein "Horror in Grün" ist auch dabei

Mitunter gerät die Autorin regelrecht ins Schwärmen. Etwa für die Haltestelle Venloer Straße/Gürtel in Ehrenfeld („Ein facettenreiches Rätselspiel“) oder die 20 Meter unterhalb der Severinstraße („Vorbild Paris oder Moskau“). Andere Vertreter hingegen bieten ihr Anlass zu herber Kritik. Sie sind, im doppelten Sinne, unterirdisch. So schlägt unterm Wiener Platz „Das schmuddlige Herz Mülheims“, unter der Poststraße haust „Ein Horror in Grün“ und diejenigen, die für die Planung der Haltestelle Reichensbergerplatz verantwortlich waren, hatten wohl, allzu sehr, die Nähe zum Oberlandesgericht im Sinn: „Der Fahrgast, der hier aussteigt, ist sozusagen schon verurteilt.“

All das liest sich, wie von Schock-Werner gewohnt, zugleich sehr informativ und erfrischend amüsant. Auf Vergleiche wie „Spinat mit Ei: fast wie eine Karnevalsgesellschaft“ (Kalk Kapelle) oder „Wie im Inneren einer Zitrone“ (Hans-Böckler-Platz/Bahnhof West) muss man erst mal kommen! Abgerundet wird dieser gelungene „Fahrplan“ von einer Chronologie der U-Bahnhöfe mit Baujahr und Nennung der Architekten, von letzteren sowie von Künstlern, die an der Gestaltung beteiligt sind, gibt es Kurzbiografien. Wer unter den Straßen Kölns künftig lieber weiter aufs iPhone-Display starrt, statt die Umgebung zu würdigen, ist selbst schuld.

Barbara Schock-Werner: Linienführung. Die Kölner U-Bahn-Stationen. Greven Verlag, 192 S., 35 Euro

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