Neue Ermittlungsgruppe Kölner Polizei nimmt Fahrraddiebe ins Visier

Köln · Mehr als 71.000 Fahrräder sind im vergangenen Jahr in Nordrhein-Westfalen gestohlen worden. Die Aufklärungsquote ist gering. Eine eigene Ermittlungsgruppe der Kölner Polizei soll nun mehr Taten aufklären.

Der Kölner Michael Lohaus hatte sein schwarzes Mountainbike längst vergessen. Es ist drei Jahre her, dass Diebe es ihm gestohlen hatten – aus dem Radkeller seines Büros, der wegen eines Wasserschadens offen stand. In der vergangenen Woche bekam der 52-Jährige einen Anruf der Polizei: „Wir haben ein Fahrrad, das Ihnen gehören müsste.“ Bei Kontrollen von Radfahrern am Ebertplatz in Köln war das teure Rad den Beamten aufgefallen. „Es passte nicht zum Fahrer“, sagt Jürgen Haese, Leiter der neuen Ermittlungsgruppe „Fahrrad“.

Über einem Anruf beim Händler, dessen Aufkleber noch auf dem Rad klebte, stellten die Beamten fest, dass das Rad tatsächlich nicht dem Mann gehörte, der darauf saß. Und der Händler hatte noch die Kontaktdaten von Michael Lohaus. „Ich hab damals keine Anzeige erstattet, weil ich dachte, das hat sowieso keine Erfolgsaussicht“, sagt er. Nun hat er zwei Räder, da er inzwischen längst ein neues gekauft hat.

Sechs Beamte gehören der neuen Gruppe an

Lohaus ist einer von vielen, die einen Raddiebstahl gar nicht erst anzeigen. Die Dunkelziffer bei diesem Delikt ist deshalb hoch. Und die Aufklärungsquote ohnehin „sehr mager“, wie ein Sprecher des Landeskriminalamts NRW sagt. Im vergangenen Jahr wurden in NRW 71 065 Räder gestohlen, in den beiden Vorjahren waren es noch mehr, für 2016 sind mehr als 80 000 Fälle registriert. 2018 konnte die Polizei 5848 Taten aufklären, das ist eine Quote von acht Prozent.

Mit der neuen Ermittlungsgruppe will die Kölner Polizei nun gegensteuern. Sechs Beamte beschäftigen sich dort ausschließlich mit Fahrraddiebstählen, bei denen es Ermittlungsansätze gibt, etwa Hinweise auf mögliche Täter oder Aufnahmen von Überwachungskameras. Etwa 600 Fälle sind das zur Zeit. Vor allem organisierte Tätergruppen wollen die Ermittler so schnappen. „Es sind meist Gruppen aus Osteuropa, die die Räder in Garagen oder in gemieteten Containern sammeln und dann bis zu 50 Stück über die Grenze bringen“, sagt Haese.

Hoffnung auf Zufallsfunde

„Wir nehmen deshalb unter anderem gezielt Transporter mit osteuropäischen Kennzeichen ins Visier und hoffen auf Zufallsfunde.“ Die Banden seien mit Bolzenschneidern, aber auch batteriebetriebenen Trennschleifgeräten unterwegs, mit denen sie Fahrradschlösser innerhalb von Sekunden knacken können. Diebe haben es auch auf die Batterien von teuren E-Bikes abgesehen. Die Akkus kosten mehrere Hundert Euro. In Köln wurden im vergangenen Jahr mehr als 9000 Räder gestohlen. Die Schadenssumme liegt bei sechseinhalb Millionen Euro – Fahrraddiebstahl ist auch deshalb kein Kavaliersdelikt.

Mehrere Teams kontrollieren am Montag in Köln Fahrradfahrer – und schauen sich vor allem ihre Räder an. Auf der Hohenzollernbrücke winken zwei Beamte Lisa Förster raus, die geduldig wartet, bis die Beamten die Rahmennummer ihres Fahrrads kontrolliert haben – die Frage ist, ob das Rad zur Fahndung ausgeschrieben ist. Ist es nicht, aber die Radfahrerin hat Verständnis für die Aktion. „Mir wurden schon drei Räder geklaut“, sagt sie. „Das Problem ist, dass die guten Schlösser sehr schwer sind.“ Auf ihrem täglichen Weg liegt mindestens eine Kölner Brücke, auf die sie ihr Rad hochtragen muss. „Das Rad ist dann schon schwer genug.“

Nur wenige Schlösser stoppen Diebe

Fakt ist: Nur wenige Schlösser sind geeignet, ein Rad vor Diebstahl zu schützen. Die Stiftung Warentest hat gerade erst Bügel-, Falt- und Kettenschlösser zu Preisen von 28 bis 128 Euro getestet. Nur fünf von 20 bekamen die Note „Gut“. Die sichersten Schlösser sind tatsächlich sehr schwer und wiegen bis zu 2,6 Kilogramm. Dafür halten sie aber auch einem Bolzenschneider stand. Die Polizei rät, zwei Schlösser zu benutzen: eines für die Ankettung des Rahmens, ein zweites, um das Vorderrad am Rahmen zu sichern.

Diebe sind oft nur auf eine Schlossart spezialisiert, deshalb ist es sinnvoll, zwei unterschiedliche Schlösser zu benutzen. Wer die Schlösser möglichst hoch an einem stabilen Fahrradbügel oder einer Laterne befestigt, nimmt den Dieben die Möglichkeit der Deckung. Wer ein Smartphone besitzt, kann die kostenlose Fahrradpass-App der Polizei nutzen, über sie alle wichtigen Daten speichern und diese im Notfall für die Anzeige bei der Polizei oder die Versicherung parat haben.

Die Polizei hat im Internet eine Fahndungsseite eingerichtet und Fotos von sichergestellten Fahrrädern veröffentlicht, die nicht als gestohlen gemeldet oder registriert worden sind.

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