Tour auf dem Rhein Das bietet die Große Kölner Hafentour

KÖLN · Drei Stunden den Rhein entlang zwischen Historie und Hightech: Die dreistündige Große Kölner Hafentour führt vorbei an verwunschenen Orten und modernen Logistikzentren.

Strahlender Sonnenschein herrscht an diesem Mittag. Vor dem Kartenhäuschen am Anleger 10, auf Höhe des Kölner Musical Domes, links von der Hohenzollernbrücke, hat sich eine lange Schlange gebildet. Während der Wartezeit hat man Muße, das gegenüberliegende Ufer zu betrachten, mit seinem Panorama aus Messeturm und Messehallen, Staatenhaus, Tanzbrunnen und Cologne Beach Club.

Noch ehe es an Bord "Leinen los" heißt, sind die Ersten mit Kaffee und Kuchen versorgt. Auch das hiesige Brauereierzeugnis findet Abnehmer. Die kommenden drei Stunden sind so etwas wie Urlaub, mitten am Tag, mitten in der Stadt. Über die man dabei, sogar als Kölner, noch etwas lernen kann. Weil sie an Orte führt, die sonst eher ein Schattendasein in der öffentlichen Wahrnehmung führen: die Kölner Häfen.

Bis in den Herbst hinein geht es mehrmals wöchentlich ab Anleger 10 auf "Große Kölner Hafentour". Veranstalter ist die Personenschifffahrt M. Schmitz GmbH & Co. KG, ein Familienbetrieb, der bereits in der dritten Generation auf dem Rhein zwischen Köln und Bonn ansässig ist, in Kooperation mit der "Häfen und Güterverkehr Köln AG" (HGK). Je nach Verfügbarkeit finden die Fahrten auf der MS Rheinland, der MS Rheinperle oder der 2001 erbauten MS RheinCargo statt. Letztere ist das größte und modernste Schiff der kleinen Flotte, hier finden bis zu 250 Personen Platz.

Kranhäuser als Wahrzeichen einer modernen Wohn-, Kultur- und Bürolandschaft

Während der Fahrtwind Strähnen aus Hocksteckfrisuren löst und sich die Paare auf den Bänken aneinanderkuscheln, geht es rheinaufwärts vorbei an der Altstadt, am Fischmarkt und am Stapelhaus. Seit dem Mittelalter spielte sich der Güterumschlag hier direkt am Flussufer ab, bis es Anfang des 19. Jahrhunderts hieß: "Wir brauchen einen Hafen in der Stadt." Der 1813 zwischen Ebertplatz und Bastei eröffnete Napoleonhafen ist heute Geschichte, versandet und zugeschüttet. An den Rheinauhafen, am 14. Mai 1898 feierlich eingeweiht, erinnert heute noch das Alte Hafenbauamt.

Aber da, wo einst fast 5.000 beladene Schiffe pro Jahr anlegten, recken heute die Kranhäuser ihre blinkenden Hälse nach vorne, als Wahrzeichen einer modernen Wohn-, Kultur- und Bürolandschaft. Nur der Yachthafen, der noch in Betrieb ist, gemahnt an die alte Funktion sowie die Kräne am Südkai, die unter Denkmalschutz stehen und für die es bis zu 14 Männer brauchte, um sie per Kurbel in Bewegung zu setzen.

Ähnliches steht einem Teil des Deutzer Hafens auf der anderen Uferseite bevor: Hier ist ein neues Wohn-, Gewerbe- und Dienstleistungszentrum in Planung.

Heute ist Köln nach Duisburg der größte deutsche Binnenhafenstandort. Noch als Güterumschlagsplätze in Betrieb sind derzeit vier Häfen. Der Hafen in Mülheim, die nächste Station der Hafentour, gehört nicht dazu. Hinter einer Brücke, die ihrer Form den Namen Katzenbuckel verdankt, taucht eine Insel auf. Sie teilt das Areal in zwei Becken. Hier haben die Bautaucher ihr Domizil, und hier werden Schiffe überholt. Aber jetzt, freitags kurz vor 15 Uhr, liegt über dem linken Hafenarm eine idyllische Stille.

Niehl I. ist das Highlight der Tour

Üppig bepflanzte Hausboote und die Ruine der alten stillgelegten Gießerei prägen diesen verwunschenen Ort. An den Wänden der Kaimauern wirken die überwucherten Graffitis wie verblasste Stickereien auf brüchigem Brokat. Auf Gleisen, die nirgendwo mehr hinführen, weil sie niemand mehr braucht, recken Bäume ihre grünen Häupter empor.

Ganz anders dagegen Niehl I. Nicht umsonst das Highlight der Tour und mit einer Gesamtfläche von rund 1,3 Millionen Quadratmeter auch der größte der Kölner Häfen. An der zentralen Logistikdrehscheibe im Norden der Stadt herrschen Hightech und Getriebe, hier werden Waren direkt aufs Gleis gesetzt oder auf den Lastwagen umgeladen.

Dicht an dicht ragen die aufeinandergestapelten Container auf. Sie könnten das Spielzeug von Riesenkindern sein, bunte, innen hohle Bauklötze aus Metall, in denen Getreide, Zucker, Teile von Motoren, Kunststoffgranulat und vieles mehr transportiert wird. Was diesem Hafen den Spitznamen "Tante Emma Laden" eingebracht hat. Hautnah kann man den computergesteuerten Portalkränen beim Greifen zusehen. Mitunter ist hier so viel los, dass es Stau im Hafenbecken gibt. Wodurch die Hafenrundfahrt auch mal länger dauern kann. In einem Teilbereich werden Schiffe gewartet.

Weiter geht die Fahrt vorbei an den Silos der Schüttgut-Firma Schmidt Heilbronn, die die Anmutung von gigantischen Zigarrenhülsen haben. Wenn sie, so wie gerade, befüllt werden, klingt das wie ein hundertfach verstärktes Rieseln und Sirren. In die Einfahrt der Fordwerke im Hafen Niehl II muss ein Blick genügen, hier ist die Zufahrt verboten. Zu schade, denn sonst könnte man sehen, wie die kleinen Fiestas im "Roll on - Roll off"-Verfahren direkt vom Fließband ins Schiff rollen.

Genügend Stoff zum Nachdenken für die Rückfahrt haben Tourteilnehmer auch so. Oder sie genießen einfach nur den Blick auf die Binnenschiffe, die träge vorbeiziehen, auf die Niehler Aue und auf die Bäume am Ufer, die bis zu den Achseln ihrer Ast-Arme im Wasser stehen.

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