Asylsuchende in Bornheim Integration durch Sprache

BORNHEIM · Der Rotary Club sowie die Stiftung Theodor Strauf und Eberhard Pies unterstützen Deutschkurse der Bornheimer Flüchtlingshilfe.

 Bornheimer Flüchtlingshilfe: Lehrerin Hannelore Zündorf beim Unterricht mit den in Bornheim Zuflucht suchenden Menschen.

Bornheimer Flüchtlingshilfe: Lehrerin Hannelore Zündorf beim Unterricht mit den in Bornheim Zuflucht suchenden Menschen.

Foto: Roland Kohls

Schon bevor im September 2015 die Zahl von Flüchtlingen in Deutschland einen Höchststand erreichte, bot die Bornheimer Flüchtlingshilfe einen professionellen Sprachunterricht für Asylsuchende an. Mittlerweile haben die ehrenamtlichen Sprachlehrer viele Erfahrungen gesammelt und ihre Arbeit zunehmend professionalisiert. Jetzt überreichten Vertreter des Rotary Clubs Bornheim sowie der Stiftung Theodor Strauf und Eberhard Pies ihnen entsprechendes Unterrichtsmaterial.

„Wie spät ist es?“, fragen die Schülerinnen und Schüler reihum ihren Nachbarn und lesen auf Deutsch die Uhrzeit auf dem im Buch abgebildeten Zifferblatt ab. Konzentriert schauen diejenigen, die gerade nicht dran sind, in das Schulbuch. „Halb zehn – wie kann man das noch ausdrücken?“, fragt Hannelore Zündorf, die jahrzehntelang an der Bornheimer Europaschule unterrichtet hat und jetzt ehrenamtliche Lehrerin der Bornheimer Flüchtlingshilfe ist. Nach etwas Zögern kommt die richtige Antwort: „Neun Uhr dreißig.“

Mehr als 70 Frauen und Männer treffen sich viermal in der Woche für zwei Stunden im Bornheimer Pfarrheim Sankt Servatius, um die deutsche Sprache zu lernen, auch während der Ferien. Nicht nur die Herkunftsländer und das Alter der Teilnehmer unterscheiden sich, auch der Bildungshintergrund variiert. Dieser reiche von Analphabeten bis zu Akademikern, sagt Gerd Hölter, der als Hochschulprofessor 30 Jahre lang Förderschullehrer ausgebildet hat und ebenfalls zum Lehrerteam gehört.

So wurden fünf unterschiedliche Kurse je nach Sprachniveau eingerichtet. Einerseits bereiten die Kurse der Bornheimer Flüchtlingshilfe auf die offiziellen Integrationskurse vor, andererseits schließt die Flüchtlingshilfe die Lücke für Menschen mit unklarem Aufenthaltsstatus, die keinen Platz in den Integrationskursen bekommen.

„Wir fragen nicht nach der Herkunft“, sagt Friedhelm Baum, der als Seminarleiter 30 Jahre lang in der Aus- und Weiterbildung von Lehrern tätig war. Die Flüchtlingshilfe kooperiert eng mit der Volkshochschule Bornheim/Alfter, die die Integrationskurse in Bornheim anbietet.

Auch Regeln des Zusammenlebens sind Thema

In dem Unterricht der Flüchtlingshilfe lernen die Teilnehmer nicht nur die Sprache. Auch Regeln des Zusammenlebens in Deutschland spielen eine große Rolle. „Ich lasse die Schüler beispielsweise Sätze zum Verhalten von Männern gegenüber Frauen bilden, und so kommt man darüber ins Gespräch“, erklärt Hölter. Er legt auch Wert darauf, dass es eine gewisse Verbindlichkeit bei dem freiwilligen Angebot gibt. „Wenn ich nur Entertainer bin, verliere ich schnell den Spaß.“ Wichtig sind ihm Pünktlichkeit und Kontinuität.

Zu den Sprachkursen kommen Männer wie Frauen. Probleme, dass Männer sie nicht ernst nehmen, hat Lehrerin Zündorf keine. Im Gegenteil: Die Männer seien sehr engagiert, hülfen beim Kaffeekochen und Putzen. Insgesamt 2500 Euro haben der Rotary Club Bornheim sowie die Stiftung Theodor Strauf und Eberhard Pies für Unterrichtsmaterial bereitgestellt. Neben Lehrbüchern wurden 30 Discmen mit Kopfhörer und vier CD-Player angeschafft, um die Sprache durch Hören besser sprechen zu lernen.

„Wir unterstützen schon seit Jahren Sprachunterricht“, sagt der Präsident der Rotarier, Klaus Olshausen. Als es vor einem Jahr auch viele Flüchtlinge nach Bornheim verschlug, war für ihn klar, dass sich sein Club engagieren werde. „Es gibt Lücken im System, die wir schließen wollen“, beschreibt dagegen Ulrich Rehbann vom Vorstand der Stiftung Theodor Strauf und Eberhard Pies deren Einsatz.

Neben der Bildung sei Arbeit wichtig für die Integration, betont Lehrer Hölter. Zehn Flüchtlinge arbeiteten zurzeit beim Stadtbetrieb Bornheim, berichtet Rehbann, der auch Vorstand des Stadtbetriebs ist. „Die sind top motiviert und gute Mitarbeiter.“ Er würde sie gerne einstellen, dürfe es aber aus rechtlichen Gründen nicht. Darum plant die Flüchtlingshilfe ein Programm für ehrenamtliche Arbeit durch Flüchtlinge. Darüber wird die Initiative bald informieren.

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