Grabräuber in NRW Holländer plündern antike Schätze im Rheinland

Köln/Xanten · Mit Nachtsichtgeräten und Metallsonden suchen Grabräuber nach historischen Artefakten im Boden. Ausgrabungen werden deshalb mit Kameras und Wachleuten geschützt. Archäologen sprechen von niederländischen „Sonden-Touristen“.

Der Ort der Ausgrabungsstelle wird geheim gehalten und mit Bewegungsmeldern und Kameras überwacht. Zu wertvoll ist der Fund, den die Archäologen dort gemacht haben. „Wenn wir den Fundplatz klar lokalisierbar machen würden, wäre er hochgradig gefährdet, da es sich um ein Gräberfeld handelt“, sagt Michaela Aufleger vom Amt für Bodendenkmalpflege im Rheinland. Sie hat Angst vor Grabräubern, die die Fundstelle plündern, verwüsten und zerstören könnten. „Deshalb müssen wir solche Orte leider geheim halten.“

Ein Problem, mit dem Archäologen landesweit zu kämpfen haben. Denn der niederrheinische Boden ist besonders geschichtsträchtig und birgt daher viele antike Schätze aus den vergangenen Jahrhunderten, auf die es illegale Schatzsucher abgesehen haben. Nach Angaben des Landschaftsverbandes Rheinland (LVR) richten illegale Schatzjäger erheblichen Schaden an, in dem sie mit kriminellem Kalkül Fundstellen ausplündern und empfindliche Funde unsachgemäß ausgraben und damit zerstören. Ein wesentlicher Teil des im hiesigen Boden verborgenen Archivs unserer Geschichte sei damit ernsthaft gefährdet oder bereits für Wissenschaft und nachfolgende Generationen verloren gegangen, heißt es beim LVR. Der Verband geht von rund 2000 Sondengängern aus, die derzeit im Rheinland illegal auf Schatzsuche gehen. „Wir beobachten, dass derzeit besonders Niederländer über die Grenze zu uns kommen“, sagt Aufleger. „Das ist regelrechter Sonden-Tourismus“, kritisiert sie.

Manche Ausgrabungen werden deshalb sogar von Wachleuten geschützt. Oder die Archäologen übernachten selbst am Fundort. Für Marion Brüggler wäre das jedoch zu gefährlich. „Man weiß nie, wozu die Grabräuber fähig sind, wenn man sie auf frischer Tat erwischt“, sagt sie. Seit Jahren beschäftigt sich die Archäologin der Xantener Außenstelle der rheinischen Bodendenkmalpflege mit illegalen Schatzsuchern. „Die sind ein sehr großes Ärgernis für uns“, sagt sie. „Auf jeden Fall steckt bei einigen von ihnen eine Menge krimineller Energie dahinter“, betont Brüggler. In der Regel kommen die Plünderer nachts. Ihre Autos parken sie weit entfernt von den Orten, an denen sie auf Suche gehen. Ausgestattet sind sie mit Nachtsichtgeräten, Spaten, Taschenlampen und Metallsonden.

Illegales Ausgraben kein Kavaliersdelikt

Das illegale Ausgraben antiker Schätze wie Münzen ist kein Kavaliersdelikt. Die Sondengänger verstoßen beim unerlaubten Aufspüren und Bergen von Funden gegen viele Rechtsvorschriften und begehen Delikte wie Sachbeschädigung, Diebstahl, Hehlerei, Unterschlagung und Geldwäsche. „Sie zerstören Allgemeingut, wertvolle Funde und wichtiges Wissen“, sagt Anleger.

Was die illegalen Schatzsucher ausgraben, bieten sie in der Regel auf dem Schwarzmarkt an. In den Niederlanden gibt es im Internet entsprechende Portale, auf denen mit den Fundstücken gehandelt wird. Bis vor einigen Jahren ist das sogar auf Ebay möglich gewesen. Und bei Facebook gibt es geschlossene Gruppen, in denen die Szene sich austauscht. Doch auf Druck der Archäologen unterbindet das Internet-Auktionshaus diesen Handel mittlerweile. Nur noch Bodendenkmäler mit ausgestelltem Zertifikat der zuständigen Behörden können dort angeboten werden. Und das fehlt den Räubern. „Für uns und die Allgemeinheit sind die Sachen dann für immer verloren“, sagt Brüggler. Für Militaristen sind Schauplätze des Zweiten Weltkrieges interessant. Auch sie gehen mit Metallsonden auf die Suche. „Momentan sind sie im Klever Reichswald sehr aktiv“, sagt Brüggler. Zum Teil kämen sie in Gruppen in den Wald. „Sehr zum Ärger der Förster“, sagt sie.

Die Archäologen arbeiten aber auch eng mit privaten Schatzsuchern zusammen. So würden bereits 60 private Sondengänger, die eine Sondererlaubnis besitzen, den LVR unterstützen. Hinzu kämen Hunderte Heimatforscher. „Sie sind registriert, fachkundig und liefern ihre Fundsachen zur Überprüfung bei uns ab“, erklärt Brüggler. Häufig könnten sie ihre Funde behalten. „Wir sind auch ein bisschen auf sie angewiesen, weil sie Entdeckungen an Orten machen, die wir überhaupt nicht aufsuchen“, sagt Brüggler.

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