Qualvoller Tod in Köln Haftstrafen im Prozess um angezündeten Obdachlosen

Köln · Im Prozess um den qualvollen Tod eines Obdachlosen in Köln ist am Dienstag das Urteil gesprochen worden. Zwei andere Obdachlose - ein Mann und eine Frau - wurden vom Landgericht Köln zu Haftstrafen verurteilt.

 Gedenken am Tatort: Eine Kerze brennt in einer Unterführung in Köln - hier starb ein Obdachloser.

Gedenken am Tatort: Eine Kerze brennt in einer Unterführung in Köln - hier starb ein Obdachloser.

Foto: Oliver Berg

Die Hohenzollernbrücke in Köln: Oben stehen die Touristen und fotografieren den Dom, unten passierte im November ein schockierendes Verbrechen. Mitten im Zentrum der größten Stadt Nordrhein-Westfalens wurde ein Obdachloser in einer Unterführung totgetreten und angezündet. Die beiden Täter, damals selbst wohnungslos, wurden am Dienstag wegen Totschlags zu jeweils sieben Jahren und sechs Monaten Gefängnis verurteilt. Damit ging das Landgericht Köln noch über die Forderung der Staatsanwaltschaft hinaus.

Denn die Richter nahmen dem angeklagten Paar seine Version der Geschichte nicht ab. Der 37 Jahre alte Mann und seine 31 Jahre alte Freundin hatten die Tat zwar gestanden. Es sei aber nur dazu gekommen, weil das 29 Jahre alte Opfer zuvor versucht habe, die Frau zu vergewaltigen, sagten sie.

„Da folgen wir den Angeklagten nicht“, erklärte der Vorsitzende Richter Jörg Michael Bern nüchtern. Unglaubwürdig sei zum Beispiel, dass die Sex-Attacke auf die Frau erfolgt sein soll, als ihr Freund nur mal eben ein Bier holen war. „Das alles passt irgendwie gar nicht richtig ins Bild“, sagte Bern.

Sicher scheint nur, dass es an jenem Spätnachmittag in der Unterführung zum Streit kam. Der 29-Jährige stürzte zu Boden, die beiden anderen traten ihm gegen den Kopf. Ihrer eigenen Schilderung nach behandelten sie ihn „wie einen Fußball“. Das war tödlich. Stunden später kehrte das Paar noch einmal zum Tatort zurück und zündete den Toten an, um Spuren zu verwischen. Die Angeklagten hatten dies im Prozess als Panikreaktion dargestellt, doch auch hier glaubte das Gericht ihnen nicht. Die Verteidigerin der Frau kündigte nach der Urteilsverkündung an, sie werde wohl in Revision gehen.

Warum kam es überhaupt zu dieser Eskalation von Gewalt? Man kann darüber nur spekulieren. Richter Bern erwähnte die „widrigen Lebensumstände“ der Obdachlosen, beklagte ein „überschießendes Maß an Brutalität“. Alkohol und Drogen waren nach Überzeugung des Gerichts nicht ausschlaggebend, könnten aber eine Rolle gespielt haben, indem sie, über lange Zeit konsumiert, zur Enthemmung und Verrohung beitrugen.

Für wenige Tage hat der Prozess ein Milieu der Deklassierten beleuchtet, eine Lebenswelt zerstörter Hoffnungen und privater Untergänge. Meist bleibt sie unsichtbar, und doch ist sie allgegenwärtig - auch im Zentrum der Stadt, gleich unter der Brücke.

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