Kunst im Vorgebirge Eine fürstliche Tafel mit Käfern und Raupen

Brühl · „Von Tieren und Untieren“: Eine Führung durch Schloss Augustusburg beweist Clemens Augusts Sinn für Humor.

 Sebastian Prigge (links) erklärt die Geschichte der Löwen im Treppenhaus von Schloss Augustusburg in Brühl.

Sebastian Prigge (links) erklärt die Geschichte der Löwen im Treppenhaus von Schloss Augustusburg in Brühl.

Foto: Jarno Staat

Der für seinen prunkvollen Lebensstil bekannte Kurfürst Clemens August (1700-1761), ließ in der Dekoration seines Jagd- und Sommerschlosses Augustusburg in Brühl zahlreiche Tiere darstellen. Genau 1616 Tiere, zumeist in Jagdszenen dargestellt, findet man im Stuck, den Gemälden, Geländern und sonstigen Ausschmückungen der Residenz. Die Liebe des Kurfürsten zur Jagd, Symbole der Stärke oder schlichtweg fröhliche Spielereien spiegeln sich darin wider.

Schon im ersten Raum des Schlosses findet man 19 Tiere: Im Rahmen des Spiegels sind goldene Ibisse zu finden und in der Malerei über der Tür ist ein Hund zu sehen, der eine Picknickgesellschaft begleitet. Der Ofen birgt zwei aus Porzellan gefertigte Hunde in seinen Füßen; davon ist der Eine nur noch an seinen Pfoten zu erkennen, da der Ofen im Zweiten Weltkrieg einem Bombenangriff zum Opfer fiel und erst vor neun Jahren in Teilen restauriert werden konnte. Auf chinesischen Vasen sind von Kindern an der Leine geführte Krebse abgebildet.

Dass der Kurfürst ein humorvoller Mensch gewesen sein muss, bezeugt der Rittersaal, in dem ein Zeugnis der Umgehung von Vorschriften der kirchlichen Obrigkeit zu finden ist. Papst Clemens XII. untersagte 1738 mit seiner Bannbulle allen Kirchenmännern die Mitgliedschaft in einem Orden, wie etwa dem Freimaurer-Orden, dem auch Clemens August angehörte.

Dieser gründete daraufhin seinen eigenen Orden: den Mops-Orden, zu dessen Ritual es gehörte, an der Türe wie ein Hund zu kratzen und zu bellen. Außerdem gehörte es dort zum guten Ton, einen Mops aus Porzellan, der einem zur Aufnahme in den Orden gereicht wurde, auf das Hinterteil zu küssen. Den Kopf jenes Mopses findet man mittig auf dem Ofen des Saales in einer Kartusche dargestellt.

Auch seine Gesellschaft beim Schauessen ließ der Kurfürst an seinem Frohsinn teilhaben: Auf dem Geschirr sind Käfer, Raupen und Schnecken in Lebensgröße realistisch dargestellt, was so manchen Gast wohl erschrecken ließ, wenn er beim Leeren des Tellers plötzlich solches „Ungeziefer“ in seinem Essen fand. Zur Erheiterung des einfachen Volkes, das jenen Schauessen von der Galerie aus beiwohnen und einen kurfürstlichen Augenschmaus haben durfte, hat das mit Sicherheit beigetragen. Auch Fabelwesen finden sich im Schloss mehrfach. Oftmals sind im Stuck Drachenköpfe oder andere, undefinierbare Wesen mit fratzenhaften Gesichtern zu sehen. Der größte Drache befindet sich im Mittelteil des Schlosses im Durchgang.

Oftmals sind im Stuck Drachenköpfe oder andere, undefinierbare Wesen mit fratzenhaften Gesichtern zu sehen. Der größte Drache befindet sich im Mittelteil des Schlosses im Durchgang. Er ist das letzte Überbleibsel eines der kurfürstlichen Lusthäuser aus der Umgebung des Schlosses, dem chinesischen Pavillon. Der Drache war zusammen mit der lebensgroßen Figur eines Chinesen Teil eines Wasserspiels. Über den beiden, im Stuck unter der Decke des Raumes, sind zwei großbusige Drachen(damen) zu finden, die seinerzeit wohl als kleiner Seitenhieb auf den Bischof gedacht waren

Als Zeichen der Weisheit wiederum sind im barocken Treppenhaus Eule, Schlange und Eichhörnchen „versteckt“. Nur wer sehr genau hinschaut, findet sie. Die kurfürstliche Toilette enthält ein Falkenkabinett. 21 Bildnisse der Jagdfalken des Kurfürsten umgaben diesen, wenn er dort seine Notdurft verrichtete. Im Empfangszimmer in der ersten Etage sind verschiedenste Jagdszenen im Deckenfresko dargestellt, darunter die Sau-Hatz, Wolfs-, Fuchs-, Hirsch- und Parforcejagd. Im Gardensaal zeigt die Deckenmalerei auch Löwen, sowohl als Symbol für die militärische Macht, wie auch für das Wittelsbacher Geschlecht, zu denen der Kurfürst gehörte.

Selbstverständlich reiste er etwa auch mit großem Gefolge zur Krönung seines Bruders Karl Albrecht zum Kaiser des Heiligen Römischen Reiches im Jahr 1742.

„Von Tieren und Untieren“ – Die verborgenen „Bewohner“ in der Raumdekoration von Schloss Augustusburg. Für Tierliebhaber ab acht Jahren und für Erwachsene. Nächste Termine sind am Sonntag, 18. September, 16.30 Uhr und am Samstag, 29. Oktober, 16.30 Uhr. Das Familienticket kostet 17 Euro. Anmeldung unter 0 22 32/4 40 00.

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