Serie „Köln unten“ Ein Rundgang durch die Tunnel unter dem Flughafen Köln/Bonn

Köln · Hunderte Kabel winden sich kilometerlang durch die Versorgungstunnel des Köln-Bonner Flughafens. Manche führen zu den Sicherheitsschleusen am Abflug, manche betreiben riesige Turbinen im Belüftungssystem. Uwe Ritzerfeld kennt sie alle.

 Zur Sicherheit: Mit dem Schutzhelm unterwegs durch die Tunnel unter dem Flughafen Köln Bonn.

Zur Sicherheit: Mit dem Schutzhelm unterwegs durch die Tunnel unter dem Flughafen Köln Bonn.

Foto: Benjamin Westhoff

Uwe Ritzerfeld steht im Abflugbereich des Köln-Bonner Flughafens (CGN). Die Glasfassade glitzert im Sonnenlicht, Urlauber mit Shorts und prallen Reisetaschen warten neben Geschäftsleuten im Anzug auf die Sicherheitskontrolle. Ritzerfeld trägt Arbeitsklamotten, dunkle Latzhose, einen roten Helm. Er ist hier am Flughafen der Kabelleitungsmanager. Sein Arbeitsplatz – die Versorgungstunnel – sind die Adern des Flughafens. Durch sie gelangt frische Luft in die Terminals und Strom zur Startbahnbeleuchtung. Und gleich wird er uns – eine kleine Gruppe von Journalisten – mit in diese Unterwelt nehmen, ohne die hier kein Flugzeug starten könnte.

Im Keller von Terminal 2 fällt die schwere Brandschutztür hinter uns ins Schloss. Sie sichert den Zugang zu den Kabeltunneln. Normalerweise dürfen hier nur Ritzerfeld und seine Mitarbeiter durch. Unten ist der Trubel des Terminals ganz weit weg. Blanker Beton, niedrige Decken, der muffige Geruch von Baustellenstaub. Ein Blick nach rechts, ein Blick nach links – nirgendwo ist ein Ende des Tunnels in Sicht. An den Wänden stapeln sich Kabel auf massiven Aluträgern, die wie Regalbretter an die Wand geschraubt sind. Die Kabelbühnen.

Ritzerfeld bittet uns, die Schutzhelme aufzusetzen und ruft in der Notstromzentrale an. „Damit die wissen, dass hier keiner eingebrochen ist“, erklärt er rheinisch nüchtern. „Und wie viele sie hier im Notfall rausholen müssten.“ An einen ernsten Zwischenfall kann er sich in 30 Jahren übrigens nicht erinnern, brennende oder komplett kaputte Kabel seien extrem selten.

Womit wir bei der Sicherheitseinweisung wären. Helme – klar, die Tunnel sind niedrig und überall ragen Metallstäbe oder Schrauben aus Decke und Wand. Alle 35 Meter kommt rechts ein Treppenhaus, um schnell evakuieren zu können. „Wenn es brennt, ist hier nämlich durch die Sprühwasserlöschanlage in kurzer Zeit alles nur noch Wasser und Nebel, da seht ihr nichts mehr!“, sagt er, als wäre es das Normalste der Welt. Die Kabelbühnen – vier an jeder Seite – tragen Hunderte Kilogramm. An der linken Wand liegen die Starkstromkabel mit 10 000 Volt, rechts die mit den haushaltsüblichen 240 Volt. Wo das eine Kabel anfängt und das andere aufhört, verraten nur die Beschriftungen.

Schier endlose Tunnel

„Dann warten Sie mal, bis wir in Terminal 1 ankommen. Da das Terminal das ältere ist, sind dort noch mehr Kabel verlegt“, sagt Uwe Ritzerfeld. „Deshalb ist es wichtig, immer den Überblick zu haben und auch mal nicht mehr genutzte Kabel zu entfernen.

So werden Brandlasten verringert“, sagt er. Zum Thema Brand fällt ihm noch etwas ein: „Alle Kabel, die die Sicherheitsbeleuchtung oder sicherheitstechnische Anlagen versorgen, müssen mindestens 30 Minuten dem Feuer standhalten, das ist Vorschrift.“

Im Gänsemarsch wandern wir durch die schier endlosen Tunnel, ducken uns unter Stahlträgern, gehen an Lager- und Technikräumen vorbei. Auf einer Tür steht „Überfallzentrale – Terminal 2“. Doch was genau sich hinter dieser Tür befindet, kann Ritzerfeld nicht verraten. Dann erreichen wir Terminal 1. Hier ist es noch dunkler, noch enger und – wie versprochen – noch chaotischer. Weiß Ritzerfeld, wohin all diese Kabel führen? „Nach 30 Jahren im Bereich der Elektrotechnik weiß ich schon von den meisten Kabeln aus dem Gedächtnis, wo sie hingehen und welche Funktion sie haben“, sagt er.

Wir gehen durch eine weitere Tür und stehen plötzlich in einem riesigen Tunnel, mindestens fünf Meter breit und hoch. Genau ist das schwer zu sagen, Neonröhren spenden nur spärliches Licht. Eine leichte Brise weht. Durch den großen, grünen Turm zwischen den Terminals wird Luft angesaugt, gefiltert und dann mit großen Ventilatoren in die Terminals gepumpt. Wir stehen mitten im Belüftungssystem des Flughafens. „Ihr habt Glück, dass Ihr nicht an einem heißen Sommertag hier seid“, sagt Ritzerfeld, „sonst würde hier ein regelrechter Sturm wüten“.

Der nächste Teil des Rundgangs führt in einen komplett anderen Teil des Flughafens, den Sicherheitsbereich. Hier reicht ein Helm nicht mehr. Wir bekommen Atemgeräte für den Notfall. Denn in dem 20 Jahre alten Versorgungstunnel unter den Rollfeldern, den wir gleich besichtigen werden, gibt es keine Notausstiege.

Kein Handyempfang im Tunnel

Ritzerfeld wuchtet eine schwere Gittertür auf. Gut eineinhalb Meter unter dem Rollfeld liegen mehr als 20 Starkstromkabel, eins für jeden Flugzeugstellplatz. Weitere Kabel führen Richtung Startbahn. An der rechten Wand liegen Kommunikationskabel der Deutschen Post auf den Bühnen.

Der Tunnel ist eng und schnurgerade, trotzdem ist das Ende nicht zu sehen. Handyempfang gibt es unter der dicken Betondecke keinen. „Dafür haben wir hier unten unser digitales Funksystem.

Der Ausgang des Kabelkanals muss vor dem Betreten geöffnet und abgesichert werden, damit man im Fall einer Gefahr schnell wieder herauskommt.“ Am Ausgang muss zudem ein Fahrzeug mit mindestens zwei Kollegen zur Absicherung bereitstehen.

Nach etwa einem Kilometer kommen wir an eine Kreuzung. Rechts geht es zum Gelände des Paketdienstes FedEx, dahinter beginnt der Militärische Teil des Flughafens. Wir gehen geradeaus, durch eine Röhre. Von der Decke tropft Wasser. Wir stehen jetzt direkt unter der Startbahn.

Und doch ist von den Flugzeugen kein Ton zu hören, nur die Tropfen, die von der Decke fallen. Es sind noch ein paar Meter bis zum Rand der Startbahn. Eine algenbedeckte Leiter führt zurück nach oben.

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