Crash-Box soll Leben retten Detlef Alwes konstruiert Unterfahrschutz für Lkws

Region · Ein 26 Jahre alter Mann ist auf der A 61 bei Rheinbach ungebremst auf einen Laster aufgefahren und umgekommen. Nach Ansicht von Detlef Alwes würden sich die schlimmen Folgen von Unfälle durch einen Unterfahrschutz verringern lassen.

 Autofahrer stirbt, weil auf der A 61 bei Rheinbach er ungebremst auf einen Laster aufgefahren war

Autofahrer stirbt, weil auf der A 61 bei Rheinbach er ungebremst auf einen Laster aufgefahren war

Foto: Axel Vogel

Herr Alwes, überrascht Sie der schlimme Unfall am Dienstagabend auf der A 61?

Detlef Alwes: Dass der Auffahrunfall mit dem Unterfahren eines Sattelzuges so tragisch endete, überrascht mich nicht. Offensichtlich war die Geschwindigkeit des auffahrenden Autos sehr hoch, zu erkennen an den Deformationen bis zum Heck. Aber auch bei wesentlich geringerer Aufprallgeschwindigkeit hätte der Unterfahrschutz des Lkw nicht ausgereicht. Wie zu erkennen, ist dieser seitlich weggebrochen, eine Folge des nicht zentrischen Aufpralls und der nicht ausreichenden Festigkeit in seitlicher Richtung. Der Unfall zeigt auch, dass die geringe Höhe der Ladefläche des Sattelzuges das Unterfahren nicht verhindert hat, obwohl der Wagen ungebremst hinein fuhr, womit ein Absenken des Fahrzeuges nicht mehr gegeben war, wie dies meist der Fall ist, wenn im letzten Augenblick versucht wird, das Fahrzeug abzubremsen.

Wie viele Unfälle dieser Art ereignen sich pro Jahr?

Alwes: Hier kann ich mich nur auf einen Artikel des ADAC vom 11.12.2012 beziehen, in dem auch die nicht ausreichenden Unterfahrschutzvorrichtungen kritisiert werden: Darin heißt es, dass durch das Unterfahren eines Lastwagenhecks in Deutschland jährlich 40 Menschen sterben und 400 schwer verletzt werden.

Sie beschäftigen sich schon lange mit dem Thema Unterfahrschutz. Wie lassen sich die katastrophalen Folgen, die speziell solche Unfälle haben, vermeiden?

Alwes: Die Folgen solcher Unfälle ließen sich vermeiden oder zumindest wesentlich mindern, wenn man die Lkw mit Energie absorbierenden Deformationszonen, so genannten Crash-Boxen ausstatten würde, wie diese im Prinzip in jedem Personenfahrzeug integriert sind.

Sie haben eine sogenannte Crash-Box konstruiert. Wie funktioniert die?

Alwes: Bei der Konstruktion handelt es sich um eine Deformationszelle, die über Verformungselemente mit den abgeschrägten Längsträgern des Fahrzeuges verschraubt wird. Das Besondere an der Crash-Box im Falle eines Auffahrunfalls: die Konstruktion gibt nach und baut die Kollisionsenergie über einen relativ langen Verformungsweg ab. Anders ausgedrückt: Die Kollisionsenergie wird durch Deformation und ein Gleiten der Crash-Box zeitlich verzögert stark absorbiert.

Hätte sich damit ein Unfall wie in Rheinbach abmildern lassen?

Alwes: Der Unfall durch das Auffahren auf den Sattelzug hätte sich mit meiner Konstruktion nicht verhindern lassen. Hierfür wären aktive Abstandhaltesysteme erforderlich. Aber wenn ein Auffahren beziehungsweise ein Unterfahren nicht zu verhindern ist, wären die Folgen wie Tod oder Schwerstverletzungen mit meinem Vorschlag drastisch zu mildern.

Vor vier Jahren ist es auf der A 3 im Siebengebirge bei Bad Honnef zu einem ähnlich schweren Unfall gekommen. Sie haben seitdem zahlreiche Versuche unternommen, um die Autoindustrie von Ihrer CrashBox zu überzeugen. Wie fallen Ihre Erfahrungen aus?

Alwes: Obwohl ich den Fahrzeugherstellern beziehungsweise Herstellern von Fahrzeugaufbauten und Unterfahrschutzvorrichtungen meine Idee vorgetragen habe, wurde entweder gar nicht darauf reagiert oder mit Totschlagargumenten wie 'zu teuer', 'zu schwer' und 'ob das funktioniert?' abgewiesen. In einem Fall wurde argumentiert, dass mein Vorschlag nicht in die Fahrzeugentwicklung passe.

Warum reagiert die Industrie so zurückhaltend?

Alwes: So lange die europäischen Gesetzgeber an den derzeitigen EU-Richtlinien zum Unterfahrschutz festhalten, wird es keine wesentlichen Verbesserungen geben. Weder Fahrzeughersteller noch Lkw-Eigner/Spediteure sind daran interessiert, mehr zu tun als gesetzlich gefordert. Zumindest ist es in Europa so.

Wen sehen Sie in der Pflicht, etwas zu tun?

Alwes: Eindeutig den Gesetzgeber. Hier könnten sich Deutschland und auch die EU an den Amerikanern, unterstützt von den Kanadiern und Australiern, orientieren: Dort gibt es Initiativen – gegründet von Angehörigen von Unfallopfern – die recht erfolgreich die Problematik mit der Industrie und den Behörden, wie der National Highway Traffic Safety Adminis-tration (Nationale Behörde für Highway-Sicherheit), dem Insurance Institute for Highway Safety (Institut der Versicherer für Highway-Sicherheit) und anderen Organisationen diskutieren.

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