Kölner Bischofswahl Der "Decke Pitter" könnte läuten

KÖLN/BERLIN · Die Pressestelle des Kölner Erzbistums verschickte am Donnerstag mehrere Mitteilungen: So vermeldete sie, dass die diözesane Medienzentrale zum Gedenken an den Ersten Weltkrieg Dokumentar-, Spiel- und Kurzfilme für den Schulunterricht anbietet und rief zu einem Aufsatzwettbewerb unter dem Motto auf: "Darf der Mensch alles, was er kann?".

Wichtig war für das Erzbistum am Donnerstag zudem, dass der Münsteraner Priester Antonius Hamers Leiter des Katholischen Büros in Düsseldorf wird und als Kontaktstelle zwischen Kirche und Landespolitik fungiert. Kein Wort hingegen zu Rainer Maria Woelki, von dem seit Mittwochnachmittag klar ist, dass er neuer Oberhirte in der Domstadt wird.

In einem Schreiben an seine Kollegen begründete das Kommunikationsdirektor Thomas Junker am Donnerstag so: "Grundsätzlich wird jede Bischofsernennung durch den Papst entschieden und verkündet. Bis dahin ist alles andere Spekulation, an der sich das Erzbistum nicht beteiligt ... Wenn Sie also gefragt werden: Bitte werben Sie um Verständnis und um Geduld." Auch das Domradio wollte die Personalie Woelki am Donnerstag nicht bestätigen, äußerte aber Zweifel daran, ob die aus dem Mittelalter stammende Praxis, die Wahl und Ernennung von Bischöfen erst mit einer Verlautbarung aus dem Vatikan sowie mit Glockengeläut in der Bischofsstadt zu veröffentlichen, heute noch zeitgemäß sei.

In Köln wird davon ausgegangen, dass heute um 12 Uhr der "Decke Pitter", also die berühmte Petersglocke, läuten wird, um zu verkünden, dass ein neuer Erzbischof gefunden sei. Dabei ist die Abberufung von Joachim Kardinal Meisner gerade einmal viereinhalb Monate her. Offenbar wollte man im Vatikan die bischofslose Zeit in dem deutschlandweit und weltkirchlich wichtigen Erzbistum so kurz wie möglich halten.

Mitte April schickte Dompropst Norbert Feldhoff eine Liste mit drei Kandidaten, auf die sich das Domkapitel geeinigt hatte, nach Rom. Darauf sollen nach neuesten Berichten der Kölner Diözesanadministrator Stefan Heße sowie die Bischöfe aus Trier und Dresden, Stephan Ackermann und Heiner Koch, gestanden haben, nicht aber der Essener Franz-Josef Overbeck. Die Initiative "Wir sind Kirche" nahm das am Donnerstag zum Anlass, der Bischofskongregation in Rom vorzuwerfen: Dass alle Vorschläge aus Köln übergangen worden seien, sei eine "erneute Missachtung der Ortskirche".

Am Dienstag soll die römische Liste in Köln angekommen sein, worauf Feldhoff gleich das Domkapitel zusammengerufen haben soll, das sich dann schnell für Woelki entschieden haben soll. Angeblich sind am Dienstagabend die Landesregierungen in Mainz und Düsseldorf gefragt worden, ob Bedenken gegen den Berliner Bischof bestünden. Die gab es nicht.

Auf die Wahl Woelkis gab es am Donnerstag viele positive Reaktionen: Noch inoffiziell meinte der Sprecher des Zentralkomitees der deutschen Katholiken (ZdK), Theodor Bolzenius: "Wir sind zuversichtlich, dass es mit dem neuen Erzbischof von Köln zu einer guten und vertrauensvollen Zusammenarbeit kommen wird."

Positiv sehen auch die Protestanten die Wahl Woelkis: "Wir sind überzeugt, dass er in Berlin eine gute evangelisch-katholische Zusammenarbeit erlebt hat und diese guten Erfahrungen des christlichen Miteinanders mit an den Rhein bringt", schrieb der Bonner Pressepfarrer Joachim Gerhardt.

Der Kölner Bundestagsabgeordnete und religionspolitische Sprecher der Grünen, Volker Beck, meinte, Woelki habe gezeigt, dass er den Menschen "als geistiger Hirte und nicht als rechthaberischer Dogmatiker begegnet". Die Mehrheit der Berliner Katholiken bedauert den Weggang. Allerdings gibt es in der engeren Bistumsleitung auch "einige, die ihm keine Träne nachweinen". Sie hätten es Woelki verübelt, dass er sein Büro in den Wedding verlegt hat, heißt es. "Jetzt müssen wir immer rausfahren, wenn wir etwas wollen."

Kardinal Woelki zu verschiedenen Themen

Welche Positionen vertritt Rainer Maria Kardinal Woelki? Eine Auswahl an Zitaten:

  • "Es ist doch auffällig und merkwürdig, dass wir über das Fußballspiel oder den Opernbesuch reden, aber uns scheuen, unseren Glauben ins Wort zu bringen."
  • "Es kann doch für eine Frau nicht gut sein, durch die Pille immer und zu jeder Zeit für den Mann verfügbar zu sein, da gibt es ja sogar Zustimmung aus der Frauenbewegung."
  • "Ich halte es für vorstellbar, dass dort, wo Menschen Verantwortung füreinander übernehmen, wo sie in einer dauerhaften homosexuellen Beziehung leben, dass das in ähnlicher Weise zu heterosexuellen Partnerschaften anzusehen ist."
  • "Ich bin überzeugt, dass wir einen gesetzlichen Mindestlohn brauchen. Arbeitsverträge müssen so geschrieben sein, dass jeder Arbeitnehmer in Deutschland von seiner Hände Arbeit auch menschenwürdig leben kann."
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