GA-Serie "Rheinische Redensarten" D'r Zoch kütt

In der Serie „Rheinische Redensarten“ beleuchten wir mit Unterstützung von Dialektsachverständigen bedeutungstiefe Redewendungen.

Manch eine Rheinische Redewendung führt ein tristes Dasein. Das gilt vor allem für jene, die nur anlassbezogen, gar ausschließlich saisonal zum Einsatz kommen. Oder sollte man sagen sessional. Während dieser Zeit allerdings hat unser spezieller Satz eine solche Hochkonjunktur, dass er jedem rheinischen Kind geläufig ist. In unserem Falle geht es um die schöne Wendung: „D'r Zoch kütt.“ So kurz sie ist, so allgemein verständlich ist sie auch.

Zu gut Hochdeutsch bedeutet das: Der Zug kommt. Natürlich könnte es sich dabei gut und gerne um einen Werbefloskel der Deutschen Bahn handeln. Er wäre ungezählte Male täglich auf den Infotafeln der bundesdeutschen Bahnhöfe zu sehen. Und er würde dann jene Vorfreude auslösen, die der Reisende hat, den es in die Fremde zieht, oder der Wartende, der einen lieben Menschen zurückersehnt.

Tatsächlich geht es aber – wie so oft bei der Mundart – um den Karneval. Ein Schild mit dieser Redewendung führt fast jeden Karnevalszug im Rheinland an. Und auch hier dürfte das den Freudensreflex ähnlich des Pawlowschen Hundes auslösen, denn er verheißt: Kamelle, Strüßcher und Bützcher für das jecke Narrenvolk. Hier reihen sich die Mottowagen, Fußgruppen, Musikkapellen und werfen dem Narrenvolk die leckeren Kamelle zu.

Und erst recht für das Prinzenpaar, ist d'r Zoch doch der Höhepunkt seiner karnevalistischen Aktivitäten. Vom 11.11. über Prinzenvorstellung und Proklamation, Sitzungs-, Straßen- und Kneipenkarneval, Weiberfastnacht, Rosenmontag und Aschermittwoch, die Abfolge des karnevalistischen Protokolls ist seit jeher unabänderlich.

Für die aktiven Karnevalisten selbst ist der Zug in den vergangenen Jahren mehr und mehr zur Bürde geworden, die einer generalstabmäßigen Vorbereitung bedarf. Da haben sich die Sicherheitsanforderungen an Wagen und Material derart erhöht, dass der Tüv zum gefürchteten Angstgegner geworden ist. Und auch das Thema Terrorgefahr ist inzwischen allgegenwärtig.

Ganz zu schweigen von der aktuellen Frage, ob Pferde noch im Zug mitgehen dürfen sollen. Es ist also viel, viel Arbeit bis der Zug kommt. Aber er ist zum Glück noch lange nicht abgefahren.

Haben auch Sie einen Lieblingsspruch, dann mailen Sie ihn uns an rheinisch@ga.de.

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