Bürgermeister und Beigeordnete im Interview Bornheim will der Platznot bei Kita-Plätzen Herr werden

Bornheim · Einen Kindergartenplatz zu finden, ist für so manche Eltern eine nervenaufreibende Sache. Schließlich sind passende Plätze nicht selten rar. Auch in Bornheim macht sich die Stadtspitze Gedanken, wie sie der Platznot Herr werden kann.

 Begehrt und knapp: Die Kindergartenplätze in Bornheim.

Begehrt und knapp: Die Kindergartenplätze in Bornheim.

Foto: picture alliance / Monika Skolim

Wie ist die Kindergartensituation in Bornheim?

Wolfgang Henseler: Von Neubürgern höre ich immer wieder, dass die Versorgung mit Kita-Plätzen ein Argument war, nach Bornheim zu ziehen. Auf unsere gute Infrastruktur können wir ein ganzes Stück stolz sein. Wir denken Stadt- und Infrastrukturentwicklung immer parallel, haben dabei aber manchmal auch Verzögerungen. Auch unabhängig von Neubaugebieten haben wir eine große Dynamik in der Stadt, was die Generationen betrifft.

Alice von Bülow: Den Kita-Bedarf durch Neubaugebiete kann man in gewisser Weise planen. So ist etwa die Kita in Kardorf erweitert worden, trotzdem reicht es nicht. Die Wohnraumproblematik in der Region führt zu einem starken Zuzug von jungen Familien aus Köln oder Bonn gerade auch in Altbauten, manchmal in früher eigentlich nur schwer verkäufliche Häuser. Gleichzeitig sind stärkere Jahrgänge in der Phase der Familiengründung, und die Geburtenrate ist leicht angestiegen. Dazu kommt die Migration. Die Entwicklung im Kita-Bereich ist so rasant, dass man kaum planen kann. Wir sind selbst verwundert, dass wir im Vergleich der Stichtage 31. Dezember 2016 zu 31. Dezember 2017 ein Plus von 100 Kindern im Kindergartenalter hatten. Und wir haben die großen Baugebiete noch nicht fertig.

Was bedeutet das?

von Bülow: Wir müssen eigentlich immer ein wenig größer planen als nötig, wollen aber auch keine Überkapazitäten schaffen. Deshalb planen wir künftig Kindergärten so, dass daraus irgendwann auch etwa Tagespflegeeinrichtungen für Senioren werden können. Wir sollten so bauen, dass wir die Gebäude für verschiedene Belange nutzen können.

Es fehlen also aktuell Kita-Plätze?

von Bülow: Es fehlen vor allem U 3-Plätze. Es gibt den Trend, dass Kinder immer früher betreut werden sollen. Der Gesetzgeber hat den Rechtsanspruch festgeschrieben, aber die Kommunen nicht gefragt, wie sie ihn erfüllen können. Wir würden das gerne, aber wir kommen so schnell nicht hinterher.

Wo liegen die Probleme?

von Bülow: Es fehlen Grundstücke für Kitas. Und wenn wir ein Grundstück haben, fehlen die Planungskapazitäten bei der Stadt, also die Ingenieure. Ebenso sind die Planungs- und Bauunternehmen mit Aufträgen ausgelastet. Wenn eine Kita dann fertig ist, stehen die Träger vor der Problematik, Personal zu finden. Das stellt alle Kommunen in der Region vor immense Herausforderungen.

Der Rechtsanspruch auf einen Platz gilt ab dem ersten Lebensjahr. Was macht eine Stadt, wenn es aber keine Plätze gibt?

Henseler: Wir schaffen zusätzliche Plätze, etwa in Räumen, die früher schon einmal als Kita genutzt wurden. So verhandeln wir gerade mit dem Besitzer des ehemaligen Klosters an der Secundastraße. Ebenso nutzen wir die Container an der Allerstraße in Hersel, die wir nicht für Flüchtlinge brauchen, als Übergangslösung. Auch sprechen wir mit der katholischen Kirche in Hemmerich, wie man in den vorhandenen Räumen zwei Gruppen unterbringen kann, möglicherweise mit Umbauten. Weiter denken wir darüber nach, an anderen Stellen Kitas in Schnellbauweise zu errichten. Das Grundstück am Maarpfad in Roisdorf ist ein Beispiel dafür. Das muss aber auch planungsrechtlich klappen. Ich habe gerade entschieden, eine zusätzliche Kraft für den Bereich Stadtentwicklung einzustellen. Gerne würden wir mit weiteren Investoren und Grundstückseigentümern zusammenarbeiten. Kitas können interessante Investitionsmaßnahmen sein.

von Bülow: Der Rechtsanspruch besteht, wir bemühen uns, diesen zu erfüllen. Da, wo es mit dem Wunschplatz nicht klappt, finden Familien oft andere Lösungen für eine Übergangszeit. Noch herrscht ein gewisses Verständnis, dass es für die Stadt eine enorme Herausforderung ist, dem Rechtsanspruch nachzukommen. Der Rechtsanspruch macht uns aber Druck. Wir haben noch keine Klagen gehabt und hoffen, auch in diesem Jahr die allermeisten versorgt zu bekommen.

Was hat die Stadt vor, um den Rechtsanspruch zu erfüllen?

von Bülow: Das Jugendamt ergreift im Moment jeden Strohhalm, um Kitaplätze zu schaffen – etwa in Altbauten. Wir haben auch schöne Ideen, allerdings sind die Anforderungen des Landschaftsverbands Rheinland, der Unfallkasse und des Brandschutzes an eine Kita in den vergangenen Jahren gestiegen. Das hat seine Berechtigung, allerdings wünschen wir uns manchmal mehr Flexibilität. Bei der fachlichen Ausstattung ist es unerklärlich, dass der Gesetzgeber nicht das Potenzial der Kinderpfleger nutzt und aus der Betreuung der Unter-Dreijährigen ausspart.

Henseler: In der Runde der Rhein-Sieg-Bürgermeister haben wir auch schon über den Einsatz der Kinderpfleger gesprochen. Wir nehmen das aus dem Kreis mit in die kommunalen Spitzenverbände.

Wie funktioniert eigentlich Kindergartenbedarfsplanung bei der Verwaltung?

von Bülow: Wir fassen die Stadt in Sozialräume zusammen, um Einzugsgebiete abzustecken. Wir streben die Versorgung mit einem Kindergartenplatz möglichst nah am Wohnort an. Eltern sind, was Kita-Plätze angeht, mobiler als bei Grundschulplätzen und nehmen auch längere Fahrten in Kauf. Nicht selten liegt die Strecke auf dem Weg zur Arbeit. In den Sozialräumen schauen wir dann, wie viele Plätze vorhanden sind und wie sich die Zahl der Kinder entwickeln könnte.

Henseler: Dazu bekommen wir jeden Monat die aktuellen Zahlen aus dem Melderegister. Ebenso schätzen wir die Entwicklung von Neubaugebieten ein. Wir können aber dabei nur Erfahrungswerte zugrunde legen.

von Bülow:Die Zahl der Kinder pro Jahr steigt derzeit sehr stark. Der 2016er Jahrgang in Bornheim besteht zum Beispiel aus 514 Kindern, während die Jahrgänge in der Vergangenheit eher bei 400 Kindern lagen. Irgendwann werden die Zahlen möglicherweise wieder zurückgehen, die nächsten Jahre sind aber gesetzt.

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