Wohnen im Rhein-Sieg-Kreis Bauland im Vorgebirge und in der Voreifel ist gefragt

RHEIN-SIEG-KREIS · Die Städte und Gemeinden an Rhein und Sieg gehören laut Empirica-Gutachten zu den begehrtesten im Kreis. Ein weit verbreitetes Problem: Mögliche Neubauflächen sind begrenzt

Rund 30.000 zusätzliche Wohneinheiten werden bis 2030 im Rhein-Sieg-Kreis benötigt. Zu diesem Ergebnis kommt, wie berichtet, die Wohnraumbedarfanalyse, die das Bonner Büro Empirica im Auftrag der Kreissparkasse Köln und koordiniert vom Rhein-Sieg-Kreis erstellt hat. Der Untersuchung zufolge werden allein 20.000 Wohneinheiten in Ein- und Zweifamilienhäusern benötigt, 10.000 im Geschosswohnungsbau. Nach Prognosen des Instituts wird der Kreis auf Dauer weiter wachsen. Hinzu kommt, dass Bonn und Köln „dicht“ und teuer sind. Die Folge sind Überschwappeffekte: Wer in den Zentren kein Haus oder keine Wohnung findet, muss zwangsläufig ins Umland ausweichen. Was bedeutet das für Alfter und Bornheim? Der GA hat bei den Bürgermeistern nachgefragt.

Bornheim

Als „eine Bestätigung unseres Handelns“ sieht Bürgermeister Wolfgang Henseler die Ergebnisse der Analyse. Bei der „Notwendigkeit, etwas zu tun, sind wir ja längst auf dem Weg“, verweist er auf konkrete Planungen für Neubaugebiete, etwa in Merten, Sechtem, Hersel und Roisdorf. „Fünf, sechs Jahre“ habe die Stadt sicherlich mit den laufenden Projekten zu tun. Das schließe aber nicht aus, dass weitere Flächen zur Wohnraumentwicklung gefunden würden.

Ein wichtiger Aspekt beim Schaffen von Wohnraum sei allerdings, die Infrastruktur nicht zu überlasten, betont Henseler. Dazu zähle neben dem Thema Mobilität vor allem das Angebot an Kita- und Schulplätzen. An diesem Punkt sei er etwa mit Blick auf aktuelle Entwicklungen in Merten skeptisch. Wie kürzlich berichtet, würde die Bad Honnefer Wohnungsbaugesellschaft Montana an der Händelstraße gerne ein Neubaugebiet umsetzen. Allerdings plant die Stadt mit der „Mertener Mühle“ bereits ein anderes Baugebiet in dem Ortsteil. Werde dieses realisiert, „wird die Infrastruktur schon ausgelastet“, meint Henseler. „Dann stellt sich die Frage: Können wir da noch etwas draufsetzen?“ Das gelte es genau zu analysieren, auch wenn Merten „der Ortsteil mit dem meisten Entwicklungspotenzial“ sei.

Die Neubaugebiete bedienten natürlich eher den Markt für das „einkommensstärkere Milieu“, gibt der Bürgermeister weiter zu bedenken. „Wo wir etwas tun müssen, ist beim preiswerten Wohnraum und bei Wohnungen für Senioren“, verweist er auf die Ergebnisse einer Untersuchung des Beratungsunternehmens Rödl & Partner. Die Verwaltung hatte die Fachleute beauftragt, um Chancen und Risiken für die Gründung einer eigenen Wohnungs- und Grundstücksgesellschaft auszuloten. Die Berater empfahlen allerdings aufgrund des wirtschaftlichen Risikos, besser auf die Gründung einer Gesellschaft zu verzichten und stattdessen andere Instrumente zu nutzen: Zum Beispiel könne die Stadt mit städtebaulichen Verträgen, Vergaben an Träger mit entsprechenden Bauprojekten sowie durch Schließung von Baulücken und Sanierung im Bestand mit entsprechender Beratung Rahmenbedingungen für private Bauträger vorgeben. Der Finanzausschuss muss noch eine Entscheidung in der Frage treffen.

Alfter

Mit Blick auf den Wohnungsmarkt in Alfter will die dortige SPD die gemeindeeigene Wohnungsbaugesellschaft aus ihrem Schattendasein holen. Geschehen soll das mittels eines Antrags für die nächste Sitzung des Gemeinderats am Donnerstag, 8. Dezember (18 Uhr, Rathaus Oedekoven). „Die Gesellschaft dümpelt so vor sich hin“, sagt SPD-Ratsherr Arnim Preußner. Dabei werde in Alfter weiterhin Wohnraum benötigt, auch kostengünstiger. Genau hier soll die Wohnungsbaugesellschaft ansetzen. Nach den Vorstellungen der SPD könnte sie verstärkt die Zuständigkeit für die Baumaßnahmen der Gemeinde übernehmen und dazu mit Kapital und Personal ausgestattet werden. Bauen soll die Gesellschaft nach dem Willen der SPD vor allem Sozialwohnungen, Flüchtlingsunterkünfte und Kindergärten sowie auch notwendige Instandhaltungen der bestehenden Immobilien durchführen.

Die Alfterer Wohnungsbaugesellschaft besteht seit dem Jahr 2000. Sie verwaltet ein Anlagevermögen von rund drei Millionen Euro, das nach Angaben der SPD aus einem unbebauten sowie fünf bebauten Grundstücken besteht. Rund 70 Wohnungen werden von der Gesellschaft betreut. Sowohl die Geschäftsführung als auch der Aufsichtsrat seien ehrenamtlich tätig, so die SPD.

Nach ihren Vorstellungen sollte geprüft werden, ob bei einer Ausweitung der Aufgaben der Gesellschaft ein hauptamtlicher Geschäftsführer sinnvoll wäre. „Das Problem ist, die Gesellschaft ist relativ klein“, sagt Preußner. Daher wolle man auch nach Kommunen im Umland für eine Kooperation Ausschau halten. Beispielhaft nennt Preußner Bornheim. Unterstützung erhält der Vorstoß der Alfterer SPD vom linksrheinischen Landtagskandidaten der Sozialdemokraten, Folke große Deters. Er freue sich über jeden privaten Investor, der baut, sagt er. „Noch lieber ist es mir, wenn die öffentliche Hand baut, um damit sozialpolitisch zu agieren.“

Derweil ist Alfters Bürgermeister Rolf Schumacher von der Wohnraumbedarfanalyse wenig überrascht. „Das Ergebnis deutete sich an“, sagt er mit Blick auf den großen Druck auf Grundstücks- und Mietmarkt. Alleine für das noch am Anfang der Planung stehende Baugebiet Buschkauler Feld gebe es bereits 120 Voranfragen, so Schumacher. Bekanntlich soll am Ortsrand von Witterschlick Wohnraum für rund 600 Menschen entstehen. Zusätzlich zu dem großen Baugebiet werden in Alfter aktuell kleinere Bauvorhaben geplant: am Ahrweg (rund 15 gemeindeeigene Wohnungen), am Stühleshof (Schaffung von Wohnraum im Zuge des Baus eines neuen Feuerwehrgerätehauses) sowie an der Châteauneufstraße (drei Häuser). Ebenso entstehen laut Schumacher Wohnungen auf der Fläche der alten Moschee an der Nettekovener Straße. Generell sei die Nachfrage nach Wohnraum in Alfter groß, sagt Schumacher. Beinahe wöchentlich erhalte die Gemeinde Anfragen.

Meckenheim

Nicht ohne Stolz verweist die Stadt Meckenheim darauf, dass sie entgegen des landläufigen Trends zu den Kommunen in der Region gehört, in denen die Bevölkerung schon seit Jahren stetig wächst. Die Kunst am nachhaltigen Wachstum liegt darin, sich zu vergrößern, ohne den Flächenverbrauch etwa durch immer neue Wohngebiete ausufern zu lassen. „Im Rahmen des Integrierten Handlungskonzeptes konnten bereits Potenziale für Wohnraum im Innenstadtbereich lokalisiert werden und sogenannte Blockkonzepte aufgestellt werden“, sagte Mario Lübbehüsen, Sprecherin der Stadt Meckenheim, auf GA-Anfrage.

Ihre Hausaufgaben in Sachen Wohnraumbedarf habe die Apfelstadt somit bereits erledigt. „Dass Meckenheim ein attraktiver Wohn- und Wirtschaftsstandort ist, zeigt der hohe Bedarf an Wohnraumnachfrage, gerade von jungen Familien, und von Gewerbeflächen“, so Lübbehüsen. Der in der Analyse aufgeführte „Überschwapp-effekt“ der Städte Bonn und Köln (der GA berichtete) sei in Meckenheim direkt zu spüren. Gleichwohl liefere auch die Wohnraumanalyse wichtige Details, die auch für den zukünftigen Regionalplan von Bedeutung sein werden, meinte die Stadtsprecherin. Sie sei eine „hervorragende Prognose, wie sich Meckenheim weiterhin in der Zukunft aufstellen wird“, sagt Lübbehüsen.

Noch im November brachte der Meckenheimer Ausschuss für Stadtentwicklung und Umwelt einen neuen Bebauungsplan auf den Weg, der mehr Wohnraum inmitten der Altstadt möglich macht. „Städtebauliche Verdichtung“ heißt hier das Zauberwort. Es bedeutet, dass etwa Flächen wie das seit Jahren leer stehende frühere Saaten-Rausch-Firmengelände einer neuen Nutzung zugeführt werden – in diesem Fall Wohnbebauung. Ferner ist eine wohnbauliche Expansion Meckenheims gen Norden denkbar. Voraussetzung ist allerdings, dass die seit Jahren ersehnte Umgehungsstraße realisiert wird, damit sich das Verkehrsaufkommen im Zentrum entzerrt.

Swisttal

„Für die weiter wachsende Nachfrage ist es nötig, ein entsprechendes Angebot vorzuhalten, um der Steigerung der Kauf- und Mietpreise entgegenzuwirken und jungen Familien Wohnraum in der Nähe der großen Städte zu ermöglichen“, sagt Bürgermeisterin Petra Kalkbrenner. Die Studie unterstütze die Überlegungen, die in die Neuaufstellung des Flächennutzungsplans eingeflossen seien. Im Verfahren arbeite die Studie vergleichbar zu den Überlegungen im Flächennutzungsplan der Gemeinde.

Zukunftsprognosen für eine Bevölkerungsentwicklung könnten keine punktgenauen Prognosen sein, daher sei es sinnvoll, stärkere und schwächere Entwicklungen, wie es die Studie tue, mit Bandbreiten darzustellen und wie es die Gemeinde Swisttal im Flächennutzungsplan mit einer Korridordarstellung vorgenommen habe. Die Nachfragesituation ist in Swisttal nach der aktuellen Studie inzwischen sogar deutlich höher als im Flächennutzungsplan prognostiziert.

Da die größte Nachfrage in den kommenden fünf Jahren die laut Studie höchste sein soll, kann Swisttal darauf kurzfristig aus dem gültigen Flächennutzungsplan heraus reagieren. „Ein Nachjustieren ist mit dem politischen Raum zu gegebener Zeit zu beginnen.“ In den nächsten zwei bis drei Jahren werden besonders in Heimerzheim, Odendorf und Buschhoven Baugebiete nach dem Flächennutzungsplan erschlossen. Im ihm gibt es noch weitere kleinere mögliche Bauflächen, auch in den kleineren Ortsteilen. „Insgesamt strebt Swisttal ein moderates Wachstum an“, sagt Kalkbrenner.

Rheinbach

Mit Spannung erwarten die Rheinbacher die Veröffentlichung des für Ende dieses Jahres angekündigten Handlungskonzepts „Wohnen 2030“. In der vom Stadtrat beauftragten Expertise erhoffen sich die Fraktionen Antworten auf die Frage, in welcher Quantität und Qualität Wohnbebauung in Rheinbach entstehen soll. Politischer Zankapfel in der Glasstadt ist, welche Qualität die Bebauung haben soll. Aus Sicht der Sozialdemokraten sollten schnell preiswerte Wohnungen entstehen. Damit solle gewährleistet sein, dass auch Senioren und junge Leute einen Platz zum Wohnen in Zentrumlage finden.

Untersuchungsschwerpunkte sind etwa die südliche Altstadt und Hauptstraße, nördliche Altstadt, Grabenstraße und Rathaus sowie das Gelände von Pallottinern und Majolika. Handlungsbedarf für junge Familien sieht auch Dominik Geyer vom Planungsbüro Dr. Jansen GmbH, dessen Unternehmen das Handlungskonzept erstellt. Zuwächse seien vor allem bei den 30- bis 50-Jährigen und den unter 18-Jährigen zu erwarten, so Geyer. Die Altersgruppe 65 plus werde mit ihrem Bedarf nach kleineren Wohnungen „große Bewegung“ am Markt auslösen.

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