Apotheke in Köln Tödliches Gift in Glukose war wohl eher Versehen

Köln · In Köln atmet man auf: Einen Menschen, der in Apotheken gezielt Patienten vergiftet, scheint es dort nicht zu geben. Doch aufgeklärt ist das Rätsel um die tödliche Glukose noch immer nicht.

 Nach dem Tod von zwei Menschen wegen vergifteter Glukose ermittelt die Kölner Staatsanwaltschaft gegen zwei Mitarbeiter der Kölner Apotheke wegen fahrlässiger Tötung.

Nach dem Tod von zwei Menschen wegen vergifteter Glukose ermittelt die Kölner Staatsanwaltschaft gegen zwei Mitarbeiter der Kölner Apotheke wegen fahrlässiger Tötung.

Foto: dpa/Marcel Kusch

Der Tod kam durch weißes Pulver, so viel steht fest. Glukose, verunreinigt durch Spuren von Lidocainhydrochlorid. Beide Stoffe sehen sich zum Verwechseln ähnlich - obwohl ihr Inhalt unterschiedlicher kaum sein könnte. Glukose ist Traubenzucker, wie Kinder ihn als bunt eingeschweißte Bonbons kennen. Lidocainhydrochlorid dagegen ist ein Betäubungsmittel. Seine Einnahme kann tödlich enden - wie im Fall einer jungen Kölnerin.

Die schwangere 28-Jährige hatte sich im September vermeintlich nur Glukose aus der Apotheke geholt - als Routine-Test auf Diabetes. Doch das Präparat wurde ihr zum Verhängnis. Sowohl sie selbst als auch ihr Baby starben wenig später im Krankenhaus an Organversagen. Der in der Apotheke abgefüllte Stoff enthielt Spuren des giftigen Betäubungsmittels, wie die Rechtsmedizin später feststellte. Der Fall sorgte bundesweit für Spekulationen. War es ein fataler Fehler? Oder arbeitete jemand in der Apotheke, der vorsätzlich Patienten vergiftete?

Nach Wochen bricht die Kölner Staatsanwaltschaft am Freitag ihr Schweigen: „Es gibt keine Anhaltspunkte, die in Richtung Vorsatz führen“, sagt Staatsanwalt Ulrich Bremer. Das Ganze sei eher auf ein Versehen zurückzuführen. Man ermittelt nun gegen zwei Mitarbeiter des Geschäfts wegen fahrlässiger Tötung. „Diese Personen sind in den Fokus geraten, mit den Stoffen hantiert zu haben“, so Bremer. Beide gaben wohl bereitwillig Auskunft über die Abläufe in der Apotheke, stritten die Tat selbst jedoch bislang ab.

Was genau geschah, ob Hektik oder Unaufmerksamkeit die Tragödie auslösten, wird weiter ermittelt. Doch die Ähnlichkeit der beiden Stoffe scheint ausschlaggebend zu sein, auch die Behälter sollen annähernd gleich ausgesehen haben. Ein Rest des Betäubungsmittels sei vermutlich in einen anderen Glukosebehälter gekippt worden, da man den Rest ebenfalls für Glukose gehalten hatte, erklärt Bremer. „Das ist ein wahrscheinliches Szenario.“

Auch wenn wohl keine kriminelle Energie im Spiel war, wirft der Fall weiter Fragen auf. Waren die Gefäße nicht ausreichend gekennzeichnet? Wieso wurde das Mittel nicht auf seine Inhaltsstoffe getestet? Mangelt es in deutschen Apotheken an Kontrollen? Das sei nicht der Fall, meint der Vorsitzende des Apothekerverbands Nordrhein, Thomas Preis. Die große Zahl an Rezepturen, die tagtäglich in öffentlichen Apotheken hergestellt und verkauft würden, seien Beweis für verlässliche Qualität. „Das ist ein Fall, der offensichtlich nicht auszuschließen ist, aber sehr, sehr unwahrscheinlich ist.“

Für die Behörden in NRW heißen die Neuigkeiten der Staatsanwaltschaft zunächst: Entwarnung - es gibt keinen perfide handelnden Apotheken-Mitarbeiter, der gezielt Patienten vergiftet. Das Gesundheitsministerium hob die vorsorglich angeordnete Schließung von drei Kölner Apotheken auf, der Betreiber darf wieder öffnen. Die Herstellung eigener Arzneimittel bleibt dort jedoch vorerst untersagt. Die Behörden wollen erst Maßnahmen durchführen, die verhindern sollen, dass eine solche Tragödie sich wiederholt.

Ob die Laufkundschaft in den nächsten Tagen wieder wie gewohnt in den Apotheken eintrudelt, wird sich zeigen. „Ich glaube, ich würde nicht mehr hingehen“, sagt eine 40-jährige Frau aus Hürth, die gerade in einer Apotheke am Kölner Dom einkaufen war. „Klar, Fehler passieren, wir sind alle nur Menschen. Aber es bleibt ein mulmiges Gefühl.“

(dpa)
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