Freizeitpark in Brühl Gehörlose durften im Phantasialand nicht auf die Achterbahn

Brühl · Vorfall im Phantasialand: Eine Park-Mitarbeiterin hat zwei gehörlosen Männern die Fahrt auf der Achterbahn „Taron“ verwehrt. Grund seien Sicherheitsbestimmungen gewesen.

Ein Vorfall, der sich vergangene Woche im Phantasialand ereignet hat, schlägt hohe Wellen. Zwei gehörlosen Männern (25 und 21) wurde vom Personal des Brühler Freizeitparks unter anderem die Fahrt auf der Achterbahn „Taron“ mit Verweis auf die Sicherheitsvorschriften verweigert. Einer der beiden Betroffenen spricht in einem Video in Gebärdensprache auf Facebook über den Fall. Zuerst darüber berichtet hatte die Gehörlosenzeitung auf ihrer Internetseite.

Dort heißt es, dass eine Mitarbeiterin des Parks die Männer beobachtet habe, wie sie in Gebärdensprache kommuniziert hatten. Daraufhin habe sie die Männer nicht auf die Achterbahn gelassen. Die Mitarbeiterin habe das mit Sicherheitsbestimmungen begründet, die besagten, dass bei einem Unfall die Fahrgäste die Fluchtwege selbstständig und ohne fremde Hilfe erreichten müssten. Ebenso müssten Fahrgäste die Durchsagen im Notfall verstehen. Auch der Verweis der Männer auf vorhandene Cochlea-Hörimplantate, die sie im Ernstfall nutzen würden, hatte laut Gehörlosenzeitung keinen Erfolg.

Vorfall bestätigt

Phantasialand-Direktor Ralf-Richard Kenter bestätigt auf GA-Anfrage den Vorfall. Seine Mitarbeiter hätten völlig korrekt gehandelt, sagt er. Auch er verweist auf die Sicherheit sowie auf ein Urteil des Bundesgerichtshofs von Juni 2008, das sogenannte Trampolin-Urteil. Dieses besage, dass Betreiber von etwa Fahrgeschäften über die vom Hersteller des Gerätes erlassenen Sicherheitsvorkehrungen hinausgehen müssten.

Es gelte, die Situation vor Ort zu betrachten. „Eine Evakuierung muss schnell gewährleistet sein“, so Kenter. Dabei laufe viel über mündliche Kommunikation. Daher könne man gehörlose Menschen in diesen Fällen nicht zulassen. Kenter: „Und wir reden nicht von Menschen, die nur schwer hören.“

Für jedes Gerät ein Sicherheits- und Evakuierungskonzept

Zuständig für die Überprüfung der Fahrgeschäfte im Phantasialand ist der Tüv Rheinland. „Auch Achterbahnen, Karussells und Co. sollen für alle Nutzer sicher sein“, teilt Nicole Krzemien vom Tüv Rheinland mit. Deshalb erstellten Hersteller und Betreiber für jedes Gerät ein Sicherheits- und Evakuierungskonzept, bevor dieses erstmals in Betrieb genommen werde. Darin stehe, wer das Fahrgeschäft nutzen darf. Der Tüv Rheinland überprüfe unter anderem das Konzept auf Eignung und Umsetzbarkeit, so Krzemien. Und: „Die Nutzergruppe legen wir nicht fest.“

Unterdessen hat sich der Landesverband der Gehörlosen Nordrhein-Westfalen zu Wort gemeldet. In einem offenen Brief an die Verantwortlichen des Parks kritisiert der Verband das Nutzungsverbot für Gehörlose. Der Verband verweist etwa darauf, dass auch Gäste aus dem Ausland, die kein Deutsch oder Englisch sprechen, die Durchsagen im Notfall nicht verstünden.

Optische Notsignale oder App als Lösung

Weiter heißt es in dem Schreiben: „Würde man den Aspekt der Sicherheitsbestimmungen zur Vernehmbarkeit der Durchsagen auf andere Lebensbereiche mit Hör- und Sprechanlagen übertragen, müsste man den Gehörlosen auch die Nutzung von Liften, Aufzügen, Bahnen, Schiffen, Flugzeugen, Flughäfen, Bahnhöfen und Tunneln verbieten.“ Nach Ansicht des Gehörlosenverbands gibt es Möglichkeiten, das Problem zu beheben: etwa optische Notsignale oder eine entsprechende App für das Smartphone.

Phantasialand-Direktor Kenter hat inzwischen reagiert. Seit Samstag dürfen gehörlose Menschen in Begleitung eines Normalhörenden die betroffenen Fahrgeschäfte nutzen. „Es geht darum, dass die Kommunikation sichergestellt ist“, sagt Kenter. Im Gegensatz zu den Besuchern mit Schwerbehindertenausweis muss die normalhörende Person Eintritt zahlen.

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