Großfeuer in Düsseldorfer Flüchtlingshalle Die Zeichen stehen auf Freispruch

Düsseldorf · Der Prozess um die Zerstörung einer Flüchtlingshalle in Düsseldorf war geprägt von widersprüchlichen Zeugenaussagen. Am Donnerstag fällt das Urteil. Die beiden angeklagten Asylbewerber könnten den Gerichtssaal als freie Männer verlassen.

 Völlig zerstört wurde im Juni 2016 die 6000 Quadratmeter große Messehalle in Düsseldorf. FOTO: DPA

Völlig zerstört wurde im Juni 2016 die 6000 Quadratmeter große Messehalle in Düsseldorf. FOTO: DPA

Foto: picture alliance / Rolf Vennenbe

An Überraschungen und teilweise skurrilen Zeugenauftritten war der Prozess um den Brand einer als Flüchtlingshalle genutzten Messehalle in Düsseldorf schon in den vergangenen Wochen nicht gerade arm. Mit der Aufhebung der Haftbefehle gegen die beiden Angeklagten hatte das Verfahren zuletzt aber eine Wendung genommen, die bereits für diesen Donnerstag eine Urteilsverkündung möglich scheinen lässt. Und angesichts der jüngsten Entwicklung könnte der Prozess mit einem Freispruch aus Mangel an Beweisen enden.

Danach hatte es lange Zeit ganz und gar nicht ausgesehen. Seit Mitte Januar wird gegen den 27-jährigen Algerier Adel Z. als mutmaßlichem Brandstifter und den Marokkaner Mohamed B. als möglichem Anstifter vor dem Landgericht verhandelt. Ihnen wird vorgeworfen, am 7. Juni 2016 die 6000 Quadratmeter große Halle angezündet zu haben.

Daraus wurde ein Großbrand, der die Unterkunft vollständig zerstörte. Als Motiv nannte die Anklageschrift Verärgerung des gläubigen Moslems Z. darüber, dass während des Ramadans tagsüber Speisen und Getränke an nicht fastende Mitbewohner ausgegeben wurden. Erst Mitte Februar war Adel Z. von einem 20-jährigen Iraner schwer belastet worden. So soll er „alle bedroht“ und wegen des Ramadans eine Brandstiftung angekündigt haben. Auch bestätigten Betreuer des Deutschen Roten Kreuzes sinngemäß, dass ein derartiger Zwischenfall angesichts entsprechender Drohungen in der Luft gelegen habe. Insgesamt wichen die Zeugenaussagen im Prozess in einer Reihe von Fällen von den Vernehmungsprotokollen der Polizei ab. Unter dem Strich aber überwogen auch im Zeugenstand jene Darstellungen, welche aus Sicht der Angeklagten eher ungünstig ausfielen. Gleichwohl hatte es das Gericht auch mit einer Reihe widersprüchlicher Zeugenaussagen zu tun.

Rund um die jüngste Sitzung erfolgte dann die Wende, die sich zunächst in Falschmeldungen niederschlug. So berichteten mehrere Zeitungen übereinstimmend von einem bis dato unbekannten Zeugen, der dem Hauptangeklagten überraschend ein Alibi gegeben habe.

Er habe sich nämlich zum Tatzeitpunkt mit Adel Z. an einem anderen Ort der Halle aufgehalten. Z. selbst hatte hingegen zuvor behauptet, zur Tatzeit geschlafen zu haben und dann wegen des Brandes geweckt worden zu sein. Beide Darstellungen aber sind nicht miteinander in Einklang zu bringen. Auch die Polizei hatte offenbar einen solchen Zeugen nicht ermittelt. Und nicht zuletzt stand plötzlich die Frage im Raum, warum ausgerechnet der Hauptangeklagte in acht Monaten Untersuchungshaft einen Zeugen nicht konkret benennen sollte, der ihn erheblich entlasten könnte.

Zunächst schien es, als sei der „Überraschungszeuge“ zu einem Zeitpunkt in den Prozess eingeführt worden, da sich nachweislich kein Medienvertreter im Gerichtssaal befand. Nachfragen dieser Zeitung haben allerdings ergeben: Den mysteriösen Zeugen hat es in Wirklichkeit nie gegeben. Vielmehr waren an jenem Verhandlungstag wie geplant ausschließlich vier Polizeibeamte in den Zeugenstand getreten. Wie das „Phantom“ dennoch Eingang in verschiedene Zeitungsberichte finden konnte, wird mutmaßlich Redaktionsgeheimnis bleiben.

Nach Informationen dieser Zeitung wurde hingegen im Gerichtssaal erörtert, dass sich die Widersprüche der bisherigen Zeugenaussagen durch die Vernehmungen der Polizisten nicht auflösen ließen. Daraufhin wurde der dringende Tatverdacht zurückgenommen und der Haftbefehl aufgehoben. Vor diesem Hintergrund deutet nun vieles darauf hin, dass Adel Z. und Mohamed B. den Gerichtssaal an diesem Donnerstag als freie Männer verlassen – aus Mangel an Beweisen. Ob der Großbrand jemals aufgeklärt werden kann, stünde damit in den Sternen.

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