Metropolregion Rheinland Die Macht am Rhein

Die Kölner Regierungspräsidentin Gisela Walsken spricht im GA-Interview über das Projekt Metropolregion Rheinland und die neue Konkurrenz zum Ruhrgebiet. Die Kommunen und Kammern wollen enger zusammenarbeiten.

 Die Metropolregion Rheinland im Überblick

Die Metropolregion Rheinland im Überblick

Der berühmte Rheinländer (mit Südtiroler Migrationshintergrund) Konrad Beikircher würde wahrscheinlich fragen: „Metropolregion Rheinland – Watt sull dä Quatsch?“ Was antworten Sie?

Gisela Walsken: Erst mal, dass das kein Quatsch ist. Ausschlaggebend für die Gründung waren die Probleme beim Verkehr. Als gleichzeitig die A1-Brücke in Leverkusen und die A40-Brücke in Duisburg zum Teil gesperrt werden mussten und wir die Verkehrsströme anders leiten mussten, war klar: Wir müssen auf diesem Feld intensiver zusammenarbeiten.

Wobei genau?

Walsken: Es geht um eine gemeinsame Verkehrsplanung, ein besseres Baustellenmanagement, die Entwicklung von Navigationsleitsystemen und das Thema Mobilität im Rheinland. Ich kann heute ja nicht einmal mit einem Ticket von Düsseldorf bis Aachen fahren. Da geht es um die Harmonisierung der Verkehrsverbünde.

Das Thema Verkehr ist es doch sicher nicht allein.

Walsken: Wir wollen im Kulturtourismus und Standortmarketing mehr gemeinsam machen. Der Kultursommer Rheinland war in diesem Jahr ein erster Schritt. Außerdem brauchen wir eine Markenstrategie für das Rheinland, zum Beispiel im Blick auf Messeauftritte wie bei der Expo Real in München. Die Gründung der Metropolregion ist ja auch ein Vermarktungskonzept.

Ist Ihre Initiative eine Reaktion auf die schon lange etablierte Metropolregion Ruhrgebiet?

Walsken: Das Rheinland in lockerer Verbundenheit würde weiter ins Hintertreffen geraten, wenn sich das Ruhrgebiet noch enger verzahnen würde, zum Beispiel in dem Fall, dass die Gremien des Regionalverbands Ruhrgebiet künftig von den Bürgern direkt gewählt würden.

Und bei Fördergeldern von EU und Bund will man dem Ruhrgebiet Konkurrenz machen?

Walsken: Ja, richtig, es gibt jetzt auch das Rheinland, das sich als großer Raum um Fördermittel bewirbt.

Kommen wir noch mal zurück zum Thema Verkehr. Beim Baustellenmanagement ist ja wirklich Bedarf. Überall wird gebuddelt, die Menschen stehen im Dauerstau.

Walsken: So ist es, Gott sei Dank.

Gott sei Dank?

Walsken: Ja. Das sage ich ganz offensiv.

Man fragt sich aber stellenweise: Hätte man nicht manches planerisch besser verzahnen können?

Walsken: Das ist alles planerisch verzahnt. Ich werde bei dem Thema zunehmend ungeduldig.

Wie meinen Sie das?

Walsken: Wir reden über 8,5 Millionen Menschen in einem Ballungsraum, über eine Infrastruktur, die aus finanziellen Gründen über Jahre nicht instand gehalten werden konnte, über Lkw-Verkehre, die sich versiebenfacht haben. Jetzt aber haben wir Geld, auch dank eines intensiven Engagements NRWs in Berlin. Und jetzt müssen wir es machen.

Aber die Baustellen werden bisher oft nicht ausreichend koordiniert.

Walsken: Doch. Seit zwei Jahren habe ich hier im Haus ein Baustellenmanagement, wo genau das geschieht, was Sie kritisieren. Wir führen alle Instandhaltungsbedarfe und alle Baustellen zusammen, auf Autobahnen, Bundesstraßen, Landstraßen, innerstädtischen Straßen und bei der Bahn. Insbesondere für den Raum Bonn/Rhein-Sieg sowie Köln und Umgebung.

Warum haben die Bürger denn den Eindruck: Das funktioniert nicht?

Walsken: Weil immer mehr Pkw und Lkw auf den Straßen fahren.

Der Stau ist also auch beim besten Baustellenmanagement nicht zu verhindern?

Walsken: Es ist an der Zeit, deutlich zu machen: Wir sanieren. Dann haben wir eben keine drei, sondern nur zwei Spuren. Das bedeutet einfach Behinderungen. Punkt. Wir müssen davon wegkommen zu sagen, da sind nur ein paar Idioten, die nicht planen können. Wir selbst und unsere Wirtschaft lösen den Stau aus.

Wie sieht denn Ihr Baustellenmanagement konkret aus?

Walsken: Es war ja oft so: Die Stadt reißt eine Straße auf, macht sie wieder zu. Dann kommen die Stadtwerke und reißen wieder auf. Und so weiter. Ich habe mich jahrelang gewundert, wie wenig koordiniert wurde. Wir haben jetzt eine Plattform entwickelt, auf der alle Verkehrsträger ihre Maßnahmen eintragen und auf der Politik, Wirtschaft und Verwaltung den Stand der Dinge erkennen können. Sobald man sieht, dass es durch die Umleitungen Verkehrsengpässe gibt, wird diese Maßnahme umgeplant.

In der Metropolregion sollen ja nun Köln und Düsseldorf zusammenarbeiten. Zwei Städte wie Feuer und Wasser. Wie wollen Sie die denn auf eine gemeinsame Linie bringen?

Walsken: Es gibt da mittlerweile eine vernünftige Offenheit zueinander. Düsseldorf und Köln sind zwei große Metropolen, die von außen zwar als wichtige Städte wahrgenommen werden, aber, definiert über Rheinland, eine gemeinsame Marke entwickeln können. Das Ruhrgebiet hat sich da schon besser formiert.

Und die Gegensätze zwischen Köln und Düsseldorf?

Walsken: Im Karneval kann es ja bei der Rivalität bleiben. Aber im Zuge von international größer werdenden Märkten werden zunehmend Regionen und nicht einzelne Städte wahrgenommen. Der asiatische Investor zum Beispiel will Flughafennähe, gut ausgebildete Fachkräfte, gute Hochschulen und eine gute Infrastruktur. Wenn wir bei dem mit zwei Großstädten wie Köln und Düsseldorf werben können, kann das nur von Vorteil sein. Aus der heimischen Brille sehen wir oft viel zu sehr die Konkurrenzsituation. Das müssen wir überwinden.

Kommunen konkurrieren aber tatsächlich mit ihren Gewerbegebieten um dieselben Firmen.

Walsken: Wir kriegen das hin, dass das nicht mehr so ist. Wir planen bei Rommerskirchen schon ein Gewerbegebiet, das über die Planungsgrenze der beiden Bezirksregierungen geht. Wir werden auch einen gescheiten Schlüssel für das Gewerbesteueraufkommen finden.

Die Demografie macht auch vor dem Rheinland nicht halt. Auf der Rheinschiene wachsen die Städte, auf dem Land schrumpfen die Dörfer. Wollen Sie dem entgegensteuern?

Walsken: In gewisser Weise ja – und zwar über ein kluges Gesamtkonzept. Wir diskutieren gerade über den Ausbau einer Regionalbahnstrecke, um Engelskirchen oder Marienheide im Oberbergischen Kreis schneller an Köln anzuschließen. Das sind mit der Bahn nur 25 Minuten. So etwas geht nur, wenn Kommunen und Kreise zusammenarbeiten – und zwar auf Augenhöhe.

Fehlt die?

Walsken: Die hat gefehlt. Aber dieses Kirchturmdenken stellt sich in der Praxis zunehmend nicht mehr als Problem dar. Bei den derzeitigen Oberbürgermeistern in Köln und Düsseldorf sehe ich eine gute Chance für eine Zusammenarbeit.

Ist es bei dem Prozess ein Vorteil, dass Sie weder Kölnerin noch Düsseldorferin, sondern Duisburgerin sind?

Walsken: Ja. Weil die Erwartungshaltung, dass man immer etwas für den eigenen Kirchturm tut, nicht da ist.

Rechnen Sie noch mit Widerständen gegen die Gründung der Me-tropolregion?

Walsken: Nein. Es gibt zwar Diskussionen darüber, mit wie vielen Delegierten einzelne Städte in der Mitgliederversammlung vertreten sein sollen, doch die Grundstimmung ist positiv. Niemand will als gallisches Dorf allein weitermachen.

Die Metropolregion Rheinland – Bonn und sein Umland sind Thema des Bonner Wirtschaftstalks von IHK, SWB und Sparkasse KölnBonn am Mittwoch, 14. Dezember, ab 19 Uhr in der Bundeskunsthalle Bonn. Auf dem Podium sitzen Regierungspräsidentin Gisela Walsken, Oberbürgermeister Ashok Sridharan, Viktor-Baumann-Geschäftsführerin Sabine Baumann-Duvenbeck, Dohle-Geschäftsführer Gert Schambach und als Moderator General-Anzeiger-Chefredakteur Helge Matthiesen.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort