2,5-Prozent-Hürde in Rhein-Sieg-Kreis Bürgermeister sehen Sperrklausel positiv

RHEIN-SIEG-KREIS · Die 2,5-Prozent-Hürde bei Kommunalwahlen sorgt für Diskussionen: Während Vertreter kleinerer Parteien im Vorgebirge und der Voreifel für undemokratisch halten, bewerten die Bürgermeister sie positiv.

 Handzeichen zur Abstimmung: Mit der Arbeitsfähigkeit von Räten und Kreistagen argumentieren die Befürworter der Sperrklausel.

Handzeichen zur Abstimmung: Mit der Arbeitsfähigkeit von Räten und Kreistagen argumentieren die Befürworter der Sperrklausel.

Foto: DPA

Mindestens 2,5 Prozent der Wählerstimmen müssen Parteien und Wählervereinigungen künftig für sich gewinnen, um in Kommunalparlamente einziehen zu können. Mitte Juni hat der NRW-Landtag wie berichtet beschlossen, wieder eine Sperrklausel bei den Kommunalwahlen einzuführen. SPD, CDU und Grüne hatten sich dafür eingesetzt, weil sie um die Arbeitsfähigkeit der Räte und Kreistage fürchteten, es sei zu einer „Zersplitterung“ der Parlamente gekommen. Während die Bürgermeister der linksrheinischen Kommunen im Kreis die 2,5- Prozent-Hürde positiv bewerten, kommt von kleineren Parteien und Wählervereinigungen Kritik.

Bornheim: „Mich erinnert das manchmal ans Ende der Weimarer Republik, wenn wir uns verzetteln“, sagt Bürgermeister Wolfgang Henseler. Den Bornheimer Rat bilden sechs Fraktionen (CDU, SPD, Grüne, UWG/Forum, FDP, Die Linke) und drei Einzelratsmitglieder (Aktive Bürger Bornheim, Piraten, fraktionslos). „Es macht Sinn, bestimmte Hürden aufzubauen zugunsten der Gesamtarbeit im Rat“, meint Henseler. „Wenn die Kleinen immer das Zünglein an der Waage sind, wenn eine Stimme eines Einzelratsmitglieds den Ausschlag gibt, dann halte ich das für die Demokratie nicht für glücklich“, sagt der Sozialdemokrat. Er habe nichts dagegen, wenn sich drei Fraktionen für eine Mehrheit zusammentun müssten, seien es aber immer vier oder fünf, gestalte das die Arbeit schon schwierig.

Nach den Ergebnissen der Kommunalwahlen 2014 wäre allerdings keine der im Bornheimer Rat vertretenen Parteien und Wählervereinigungen von der Sperrklausel betroffen. Linke (3,6 Prozent) und ABB (3,3) erzielten die wenigsten Wählerstimmen. Jedoch hatten die Piraten sich zur Kommunalwahl mit der ABB zusammengetan, ihre gemeinsame Fraktion ist aber mittlerweile aufgelöst.

Sperrklausel ist „absolut undemokratisch“ und „verfassungswidrig“

Als „absolut undemokratisch“ und „verfassungswidrig“ bezeichnet Michael Lehmann, Fraktionsvorsitzender der Linken, die Sperrklausel. „Das fördert nicht die Bereitschaft, zur Wahl zu gehen, im Gegenteil“, befürchtet er, wenn Wählerstimmen für Parteien, die unter den 2,5 Prozent blieben, einfach „weggeschmissen“ würden.

Auch Jürgen Weiler (Piraten) hält die Sperrklausel für „ein Unding“. Er unterstütze das Ansinnen der Piraten im Landtag, sich mit einer Verfassungsklage dagegen zu wehren. Das Argument, dass Ratssitzungen mit mehr Fraktionen und Einzelratsmitgliedern länger dauerten, treffe auch nicht zu, verweist Weiler auf eine Anfrage der Piraten im Kreis (siehe unten).

Für die ABB bewertet Paul Breuer die Sperrklausel ebenfalls als „undemokratisch“: „Es ist ein erbärmliches Zeichen, dass CDU, SPD und Grüne es nötig haben, sich so Luft zu verschaffen“, meint er. Für die nächsten Wahlen mache er sich für die ABB aber „überhaupt keine Sorgen.“

Sitzungen könnten sich in die Länge ziehen

Alfter: Bei der jüngsten Kommunalwahl im Mai 2014 wäre in Alfter keine der aktuell im Rat sitzenden Fraktionen an einer 2,5-Prozent-Hürde gescheitert. Selbst die FDP und die UWG, die am schlechtesten abgeschnitten hatten, hätten mit 6,7 Prozent beziehungsweise 4,6 Prozent die Hürde deutlich überschritten.

Insgesamt besteht der Alfterer Rat aus sechs Fraktionen: CDU, Grüne, SPD, Freie Wähler, FDP und UWG. Laut Bürgermeister Rolf Schumacher funktioniert die derzeitige Ratspraxis mit sechs Fraktionen sehr gut. Die Anzahl der Fraktionen führt seiner Ansicht nach nicht dazu, dass sich Sitzungen in die Länge ziehen. Überdies sei der Rat „ein Spiel der Bürger“, so Schumacher. Dennoch könne er eine 2,5-Prozent-Hürde gut vertreten. „Ich möchte mir nicht ausmalen, wie es wäre, wenn zehn oder zwölf Fraktionen im Rat säßen.“

Swisttal: Zwar sei die Gemeinde Swisttal von der Situation, die zur Änderung der Sperrklausel führte, nicht betroffen, dennoch begrüßt Bürgermeisterin Petra Kalkbrenner (CDU) die Entscheidung des NRW-Landtags – „damit Menschen weiterhin bereit sind, kommunalpolitische Aufgaben zu übernehmen und dieses Ehrenamt neben ihrem Beruf auszuüben“. Seit dem Wegfall der Fünf-Prozent-Sperrklausel im Jahre 1999 seien laut Städte- und Gemeindebund NRW immer mehr Einzelkandidaten und politische Kleingruppen in die Räte eingezogen, berichtet Kalkbrenner. Dies habe in hiervon betroffenen Kommunen die Organisation von Mehrheiten erschwert sowie die Sitzungsdauern teilweise erheblich verlängert. Hintergrund: Fünf Fraktionen waren nach der Kommunalwahl 2014 in den Rat eingezogen. Zwischenzeitlich sind es sechs – da vier der sieben Fraktionsmitglieder der BfS (Bürger für Swisttal) aus deren Fraktion austraten und die Fraktion „Die Swisttaler“ gründeten.

Arbeit wird schwieriger

Meckenheim: „Seinen“ Rat sieht Bürgermeister Bert Spilles von der Entscheidung aus Düsseldorf „nicht betroffen“, wie der Christdemokrat auf GA-Anfrage sagte. Keine der sechs Fraktionen müsse – ausgehend von den Ergebnissen der Wahl anno 2014 – nach der Einführung einer 2,5-Prozent-Hürde um den Einzug ins Kommunalparlament bangen. Die Gründe, die zur Einführung einer neuer Sperrklausel führten, kann Spilles nachvollziehen. „Je mehr politische Kräfte in einem Gremium sind, desto schwieriger wird die Arbeit“, schätzt der Meckenheimer Ratsvorsitzende. Und: Zudem hätten es Splittergruppen mit vielleicht nur einem Mandatsträger schwer, überhaupt die zustehenden Plätze in den Ausschüssen zu besetzen. „Ich halte die Änderung für moderat“, meint Spilles.

Rheinbach: Auch Stefan Raetz begrüßt die Einführung der 2,5-Prozent-Hürde. „In Rheinbach gab es bisher keine Links- oder Rechtsextremen im Rat. Das soll auch so bleiben“, findet der Bürgermeister von Rheinbach. Durch das 1999 geänderte Zählverfahren sei es „zu einfach“ geworden, „einen Einzelsitz im Rat zu ergattern“, so der Christdemokrat. „Das ist nun vorbei und hilft, die Rats- und Gremienarbeit weiterhin sachorientiert zu halten. Populisten haben nichts in den Stadträten zu suchen, da es ihnen nicht um das Wohl der Stadt geht.“ Dem Rat gehören mit der CDU, SPD, UWG, den Grünen und der FDP fünf Fraktionen an. Um das Überspringen einer Hürde musste keine bangen: Sie erreichten Ergebnisse von 45,6 Prozent (CDU) bis 7,99 Prozent (FDP).

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