Landgericht Bonn 45-Jähriger betrügt Krankenkassen um 1,8 Millionen Euro

BONN/WINDECK · Ein 45-jähriger Mann aus dem Rhein-Sieg-Kreis muss für drei Jahre und acht Monate ins Gefängnis, weil er mit einer gefälschten Urkunde diverse Krankenkassen um rund 1,8 Millionen Euro betrogen hat.

 Der 45-Jährige wurde zu drei Jahren und acht Monaten Haft verurteilt.

Der 45-Jährige wurde zu drei Jahren und acht Monaten Haft verurteilt.

Foto: Leif Kubik

In der Spitze beschäftigte er 156 Mitarbeiter, dabei durfte der Mann aus dem Rhein-Sieg-Kreis seine Firma eigentlich gar nicht führen. Wegen Urkundenfälschung und Betrugs in 89 Fällen hat das Bonner Landgericht den 45-jährigen Diplom-Verwaltungswirt zu drei Jahren und acht Monaten Haft verurteilt. Der überwiegend durch falsche Abrechnungen mit Krankenkassen entstandene Schaden belief sich auf rund 1,8 Millionen Euro.

Nach einem abgebrochenen Germanistik-Studium in Moskau und Deutschland hatte der gebürtige Russe zunächst eine Laufbahn in der Verwaltung eingeschlagen. Einen Abschluss als Diplom-Verwaltungswirt kann der Mann vorweisen, seine Urkunde als Krankenpfleger hingegen war gefälscht.

Am 18. April 2013 hatte der 45-Jährige einen ambulanten Pflegedienst in Hennef angemeldet – 2015 wandelte er  das Einzelunternehmen in eine GmbH um und wählte Windeck als Firmensitz. Die Aufnahme in den Rahmenvertrag zur häuslichen Krankenpflege hatte er mit der falschen Urkunde zu Unrecht erlangt.

Es sei schon sehr lukrativ Zugang zur ambulanten Intensivbetreuung zu bekommen, sagte der Vertreter einer der betroffenen Krankenkassen als Zeuge aus: „Insbesondere, wenn man die Kranken von Personal betreuen lässt, das nicht über die notwendige Qualifikation verfügt.“ Ob die in den folgenden Jahren abgerechneten Leistungen tatsächlich angemessen erbracht worden sind wurde im Verlauf des Verfahrens nicht abschließend geklärt: Die zu Unrecht kassierten Krankenkassenbeiträge muss der Verurteilte so oder so zurückzahlen – selbst, wenn sein Unternehmen sämtliche Leistungen regelgerecht erbracht hätten.

Eine Betroffene zeigte sich dankbar

Dass die betrogenen Versicherungen ihr Geld wiedersehen werden, ist dennoch unwahrscheinlich: Der geständige Verurteilte gab an, über keinerlei Mittel mehr zu verfügen. Eine Angabe, an der das Gericht zumindest leichten Zweifel erkennen ließ: Der Lebensgefährte des Verurteilten soll über zahlreiche Immobilien im Ausland verfügen.

Eine Betroffene war dem Betrüger jedoch durchaus dankbar: Eine 53-jährige Frau, deren mittlerweile verstorbener Mann an ALS erkrankt war, hatte nämlich auch mit der legalen Konkurrenz ihre Probleme. Über 80 verschiedene Pflegekräfte in einem Zeitraum von zwei Jahren habe sie kommen und gehen gesehen. Der überwiegende Teil davon sei so unqualifiziert gewesen, dass sie die meiste Arbeit habe selber übernehmen müssen. Als sie dann den Verurteilten kennenlernte habe der ihr angeboten, ihren Mann doch weiterhin selber zu pflegen, nun aber nicht mehr umsonst. Zur Vergütung bezahlte er die Frau dann als Büromitarbeiterin, ohne dass sie diesen Job hat wahrnehmen müssen. Obwohl sie zwischenzeitlich Selbstanzeige erstattet hatte, bedankte sie sich im Zeugenstand explizit bei dem vorgeblichen Pfleger.

So zufrieden dürften allerdings die wenigsten Kunden sein. Auf den Mann wartet möglicherweise ein Nachspiel in Norddeutschland: Nach einer ersten Verhaftung wurde der Mann vor zwei Jahren haftverschont und zunächst wieder auf freien Fuß gesetzt. Seine wiedergewonnene Freiheit soll er zur Gründung eines weiteren Pflegedienstes in Norddeutschland genutzt haben.

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