22 Jahre nach Leichenfund in Euskirchen 100 Personenüberprüfungen im Mordfall Claudia Ruf

Euskirchen/Bonn · Wer tötete Claudia Ruf? Vor fast 22 Jahren wurde die damals Elfjährige aus Grevenbroich ermordet, der Täter ist bis heute nicht gefasst. Doch offenbar kommt der Fall jetzt erneut ins Rollen. Rund 100 Personen werden nun überprüft.

Durch eine neue Untersuchungsmethode sei es möglich, alte Spure neu auszuwerten, sagte der Bonner Polizeisprecher Robert Scholten auf GA-Anfrage. Wegen des Fundorts der Leiche in Euskirchen ermittelt eine Bonner Mordkommission seit der schrecklichen Tat vor 22 Jahren in dem Fall. Die zuständige Staatsanwaltschaft Mönchengladbach bestätige auf GA-Anfrage, dass es eine neue Überprüfung von Personen gebe. "Bei einem solchen ungeklärten Mordfall werden die Ermittlungen ja nie eingestellt und wird neuen Hinweisen natürlich nachgegangen", sagte Pressesprecher Benjamin Kluck.

Aktuell werden laut Scholten rund 100 Personen mit der neu ausgewerteten DNA-Spur abgeglichen. Bei der Auswahl der Personen stützen sich die Ermittler auf drei Säulen: Zum einen wird der Fundort der Leiche in Euskirchen in den Fokus genommen, zum anderen die Stelle im Rhein-Kreis Neuss, wo die Elfjährige am 11. Mai 1996 verschwand. Außerdem seien Fallanalytiker des Landeskriminalamts hinzugezogen worden.

"Es ist ein großes Glück, dass viele Ermittler, die den Fall von Anfang an betreut haben, immer noch da sind", sagte Scholten. So ist auch der Chef-Profiler des LKA, Andreas Müller, schon damals als Kriminalbeamter bei der Bonner Polizei in dem Fall tätig gewesen. "Ein solcher Fall, der Tod eines Mädchens, gerät bei den Beamten natürlich auch nicht in Vergessenheit und die Motivation ist entsprechend hoch." Die Ermittlungen dauern an, so Scholten. Ergebnisse würden wohl noch einige Wochen auf sich warten lassen.

Die Hoffnung sei natürlich, über den neuen Abgleich Claudia Rufs Mörder zu finden. Aber auch andere Erkenntnisse könnten den Ermittlern weiterhelfen und vielleicht über Umwege zum gleichen Ziel führen, so Scholten.

Elfjährige wurde vergewaltigt und verbrannt

Das Mädchen hatte sich am Samstag, 11. Mai 1996, in ihrem Heimatort Hemmerden bei Grevenbroich mit dem Nachbarshund zu einem Spaziergang aufgemacht - und war nicht wieder nach Hause zurückgekehrt. Die Eltern verständigten daraufhin die Polizei, die nach dem Mädchen suchte. Knapp zwei Tage später dann die traurige Gewissheit: Die Elfjährige wurde ermordert. Auf einem Acker an einem Wirtschaftsweg in der Nähe der Ortschaft Euskirchen-Oberwichterich hatte ein Spaziergänger das Kind entdeckt. Die von Flammen angekohlte Leiche lag unbekleidet auf einem Feld.

Der Täter hatte Claudia gewürgt oder erdrosselt und außerdem sexuell missbraucht. Ermittlungen hatten damals ergeben, dass Claudia Ruf bereits tot war, als der Täter sie zu dem Feldweg brachte. Dort hatte er die Leiche mit Benzin übergossen und angezündet - wohl, um Spuren zu vernichten.

Doch offenbar konnte der Täter nicht alle Spuren zerstören. Damals sichergestelltes Spurenmaterial wurde nun an die Rechtsmedizin der Münchener Ludwig-Maximilians-Universität geschickt. Dort wurde ein neues, präziseres Verfahren zur DNA-Bestimmung von Mischspuren entwickelt, mithilfe dessen nun neue Erkenntnisse gewonnen werden konnten.

DNA-Abgleich 2009 war erfolglos

Einen solchen Test hatte es bereits schon einmal in dem Fall gegeben: 14 Jahre nach dem Mord an der damals Elfjährigen hatten die Ermittler mit Hilfe verbesserter DNA-Analysemethoden an den Asservaten des Mordfalls Täter-DNA festgestellt. Insgesamt 348 Männer wurden schließlich zu einer Speichelprobe aufgefordert - der Täter konnte dabei jedoch ebenfalls nicht ermittelt werden. Offenbar stehen nun aber einige Personen aus diesem damals überprüften Kreis erneut im Fokus der Ermittlungen.

So wurde kürzlich der Mord an der damals zehnjährigen Schülerin Stephanie in Weimar aus dem Jahr 1991 aufgeklärt. Der mutmaßliche Mörder soll Berufskraftfahrer gewesen sein und könnte damit auch im Rheinland aktiv gewesen sein.

Auch im Fall der 23-jährigen Claudia O., die am 9. Mai 1987 von ihrer Mutter tot im Bett ihrer Wohnung in Lohmar gefunden worden war, hatte ein neuer DNA-Abgleich im Dezember 30 Jahre nach der Tat den Durchbruch gebracht.

Für die Angehörigen von Claudia Ruf wäre es sicher eine riesige Erleichterung, wenn der Mord an dem Mädchen nun doch noch aufgeklärt werden würde. Und auch die Ermittler könnten nach der fieberhaften Suche, bei der sie unter anderem auf Suchaufrufe bei "Aktenzeichen XY, ungelöst..." und erstmals in Nordrhein-Westfalen auch auf die Fahndung in einem Mordfall im Internet gesetzt hatten, endlich die Akte schließen. Nach 22 langen Jahren.

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