Altlasten im Rhein-Sieg-Kreis Überraschungen im Boden behindern Bauprojekte

Rhein-Sieg-Kreis · Altlasten stellen die Kommunen im Rhein-Sieg-Kreis bei Planungen und Bauprojekten immer wieder vor Herausforderungen. Bis weit in die 1970er Jahre hatten nahezu alle Gemeinden und Städte ihre eigenen Müllkippen. Niemand weiß genau, was dort im Boden lagert.

 Am Gelände einer ehemaligen Müllkippe am Sechtemer Weg lässt die Stadt Bornheim Häuser bauen.

Am Gelände einer ehemaligen Müllkippe am Sechtemer Weg lässt die Stadt Bornheim Häuser bauen.

Foto: Axel Vogel

Der Fußballplatz liegt etwas abseits der Hauptstraße, zwischen den Alfterer Ortsteilen Witterschlick und Volmershoven, mitten im Grünen. Er ist der ganze Stolz des SC Volmershoven-Heidgen – vor allem seit er 2011 zu einem Kunstrasenplatz umgebaut wurde. Eine erste, umfangreiche Sanierung des Platzes war bereits 2001 erfolgt. Zuvor war die Anlage auch als „Vorgebirgsbuckelpiste“ bekannt. Schuld war der immer wieder absackende Untergrund. In ihm liegen nämlich viele Dinge, die dort eigentlich nicht hingehören.

Von 1966 an lagerte das damalige Amt Duisdorf in Volmershoven Müll ab, nach der kommunalen Neuordnung 1969 der Rechtsnachfolger, die Stadt Bonn. Bis ins Jahr 1975 wurden auf dem Gelände des heutigen Sportplatzes Bauschutt, Asche, gewerbliche Abfälle, Schlämme, Sperrmüll, Erdaushub und Hausmüll abgeladen. Diese Dinge der Gemeinde Alfter zumindest bekannt. 1976 wurde die Deponie verfüllt, darüber legte die Gemeinde Alfter den Sportplatz an.

Zeitweise waren Gase aus dem Boden getreten

Nach der Sanierung des Platzes vor nunmehr 18 Jahren haben die Kicker Ruhe. Dabei hatte die Gemeinde Alfter auch noch Glück. Zeitweise waren Gase aus dem Boden ausgetreten, die sich bei Untersuchungen glücklicherweise als nicht gesundheitsschädlich erwiesen. Doch nicht nur Alfter, alle Kommunen im Rhein-Sieg-Kreis haben bei ihrer Entwicklung – etwa beim Bau von Sportanlagen oder der Schaffung von Wohn- oder Gewerbegebieten – mitunter Probleme mit Altlasten im Boden. Sei es durch ehemalige Müllkippen oder durch frühere Industrieanlagen kontaminierte Böden.

„In der Tat wurden früher, als das Umweltbewusstsein noch nicht so ausgeprägt war, ortsteilnahe Flächen als Müllkippen genutzt“, sagt beispielsweise Rheinbachs Stadtsprecher Norbert Sauren. Diese Flächen seien mit der Zeit zugeschüttet und später, in aller Regel in einem städtischen Altlastenkataster dokumentiert worden. Auch in Sankt Augustin sind laut Stadt alle Altlastenverdachtsfälle im Flächennutzungsplan berücksichtigt. „Das heißt aber nicht, dass auf einer solchen Fläche keine Nutzung möglich ist“, sagt Sprecherin Eva Stocksiefen. Die Areale würden konkret gutachterlich bewertet, wenn sie entwickelt würden. Je nach Ergebnis werde dann gehandelt. So könnte als technische Maßnahme etwa Häuser gegen die Altlasten abgedichtet werden, nennt Stocksiefen beispielhaft.

Die Stadt habe es aber auch nicht mit einer riesigen Menge von Verdachtsfällen zu tun. Eine Einschätzung, die auch Theo Krämer, Technischer Dezernent der Stadt Königswinter, für seinen Zuständigkeitsbereich teilt. Gleichwohl „seien Altlasten immer ein Thema, das es mit aller gebotenen Sorgfalt zu behandeln gelte“. Als Beispiel nennt er ein aktuelles Neubauprojekt der Stadt: In Oberpleis entsteht derzeit für rund 2,2 Millionen Euro ein neues Feuerwehrgerätehaus auf einem Grundstück, auf dem sich in früheren Zeiten zunächst die Werkstätten für Lokomotiven der Bröltalbahn, später der Busbahnhof und der städtische Baubetriebshof befanden.

Altlasten verteuern Bauprojekte erheblich

„Probebohrungen, die vor Baubeginn auf dem Grundstück nach einem bestimmten Raster gesetzt wurden, hatten zunächst keinerlei Auffälligkeiten ergeben“, sagt Krämer. Doch als im vergangenen Sommer die Erdarbeiten aufgenommen wurden, ergaben sich beim Ausschachten an einer Stelle Hinweise auf kontaminiertes Erdreich. Was folgte, entspricht „dem offiziellen Weg“, wie Krämer sagt. „Das Erdreich wird sach- und fachgerecht zwischengelagert, ein Gutachter des Kreises definiert die Belastung und im Anschluss übernimmt eine Fachfirma den Abtransport.“ Rund 300 Kubikmeter Erdreich waren es, die in Oberpleis entsorgt werden mussten, die Altlasten im Boden verteuerten das Projekt um rund 64.000 Euro. „Diese Zusatzkosten und auch den Zeitverlust konnten wir allerdings an anderer Stelle mittlerweile kompensieren“, so Krämer.

Meckenheims Technischer Beigeordneter Heinz-Peter Witt verweist auf die Altlastenverdachtskarte, die vom Rhein-Sieg-Kreis als zuständige Bodenschutzbehörde geführt wird. „Daher wird der Kreis bei der Aufstellung von Bebauungsplänen durch die Stadt Meckenheim mit einbezogen, um zu klären, ob von den Altablagerungen eine konkrete Gefahr ausgeht und gegebenenfalls welche Maßnahmen zu ergreifen sind“, so Witt. Als Beispiel nennt er das aktuelle Projekt der Stadt Meckenheim zur Erweiterung des Gewerbeparks Kottenforst. Dort habe es eine kleinere angrenzende Verdachtsfläche gegeben, so Witt. „Durch einen Sachverständigen wurde mittels Probebohrungen gutachterlich geklärt, dass eine Nutzung der Fläche ohne Einschränkungen möglich ist.“

Eine Karte mit registrierten Altlastfällen

Tatsächlich weist die Karte des Kreises, auf die sich Witt bezieht, zahlreiche kleinere und größere rot markierte Flächen aus. In der Karte seien alle im Altlasten- und Hinweisflächenkataster des Rhein-Sieg-Kreises registrierten Altablagerungen darstellt, bei denen Informationen vorlägen, dass hier in der Vergangenheit Hausmüll abgelagert worden sei, erläutert Anja Roth von der Kreispressestelle. Es handle sich dabei aber nicht nur um ehemalige Mülldeponien, sondern auch um Flächen, auf denen Hausmüll in geringeren Mengenanteilen abgelagert worden sei.

Wer sich die Karte etwa für das Gebiet der Stadt Bornheim anschaut, entdeckt unter anderem einen rot markierten Bereich am Sechtemer Weg. Genau dort baut die Stadt Bornheim gerade Wohnhäuser – und muss sich eben auch mit den Altlasten im Boden auseinandersetzen. Laut Bornheims Umweltamtsleiter Wolfgang Paulus hat es in den Jahren 2002, 2003 und 2007 Gutachten zur Belastung gegeben, 2010/11 dann wiederum eine große Gefährdungsanalyse. Bei dieser wurden laut Paulus Boden, Bodenluft und Grundwasser untersucht. Nie habe es Anzeichen auf Gefahren gegeben. Paulus hatte dazu weiter erläutert, dass sich bei organischen Stoffen wie Holz- oder Grünabfällen, die unter Luftabschluss, also im Boden, verrotten, Methangas bilde. Käme dieses an die Luft, würde es verdünnt, sodass es ungefährlich sei. Die Sanierung des Bodens wäre aufwendig und teuer gewesen. Daher hat die Stadt auf eine Unterkellerung der einfach gehaltenen Häuser verzichtet.

Eine Fläche mit Altlasten in der Gemeinde Swisttal ist das umzäunte Gelände der ehemaligen Mülldeponie Miel, deren Betrieb in den 90er Jahren eingestellt wurde. Die ehemalige Mülldeponie liegt zwischen Miel und Hohn. Zur Überprüfung des Geländes werden monatlich Begehungen durchgeführt. Zudem werden jährlich Grundwasser und alle fünf Jahre Deponiegas durch Messungen kontrolliert. Die frühere Start- und Landebahn zwischen Straßfeld und Ollheim ist ebenfalls als eine größere Fläche im Altlastenkataster erfasst. Diese Fläche ist inzwischen ein Landschaftsschutzgebiet.

Heute undenkbar: Von 1970 bis 1974 wurde ein Maar im Kottenforst bei Heimerzheim als Müllkippe genutzt.

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