Gemeindezentrum Dollendorf Kerstin Maria Pöhler stellte Roman "Einen Sommer lang" vor

NIEDERDOLLENDORF · "Der Augenblick, den ich in den letzten Jahren herbeigesehnt hatte, war da. Alles Schwere fiel von mir ab. Ich genoss das Gefühl der Leichtigkeit. Endlich frei!" Mit diesem Einstieg in ihr Erstlingswerk "Einen Sommer lang" begann Kerstin Maria Pöhler die erste Autorenlesung im Gemeindezentrum der Evangelischen Kirche Dollendorf.

 Kerstin Maria Pöhler liest aus dem Roman "Einen Sommer lang" im Gemeindezentum Dollendorf.

Kerstin Maria Pöhler liest aus dem Roman "Einen Sommer lang" im Gemeindezentum Dollendorf.

Foto: Axel Vogel

Eine rundum gelungene Premiere für die Organisatoren - das Büchereiteam um Rosemarie Gesche und Anne Alfen von der Dollendorfer Bücherstube.

"Über den Sinn seines Lebens hat der Bonner Leonard Zepp selten nachgedacht. Die Aufmerksamkeit des 69-Jährigen hatte stets seiner Baufirma gegolten, die er mit seiner neun Jahre jüngeren Frau Ingrid zu einem erfolgreichen Unternehmen aufgebaut hatte", stellte Pöhler ihren Protagonisten vor. Eine Stunde lang führte sie eine große Zuhörerschar durch ihr Buch, natürlich ohne das Ende vorwegzunehmen.

"Kerstin Maria Pöhler ist ein echt Kölsches Mädchen, auch wenn man ihr das nicht anhört" stellte Gesche die Autorin vor. In Musikerkreisen ist sie längst keine Unbekannte mehr. Nach dem Studium der Musik und der Germanistik hat sie als Musiktheater-Regisseurin an Häusern wie der bayerischen Staatsoper, der Oper Graz und dem Staatstheater Braunschweig gearbeitet. Auch als Autorin von Opernlibretti etwa für "Die Stadt der Blinden" von Anno Schreier nach dem Roman von José Saramago hat sich Pöhler längst einen Namen gemacht.

"Bei mir stehen immer Menschen im Mittelpunkt, die sich in einer Umbruchsituation befinden, die am Abgrund stehen und nach einem Neuanfang in ihrem Leben suchen", so die Autorin. Nach drei Theaterprojekten mit älteren Menschen hatten sie die Aufzeichnungen eines entfernten Bekannten auf die Idee gebracht, einen Roman zu schreiben. Über einen Menschen, der sich auf die Suche nach dem Sinn des Lebens begibt.

Dass sich die Sehnsucht von Zepp nach einem glücklichen Lebensabend nicht erfüllt, wird schon zu Beginn des Buches durch ein Bild deutlich. Beim Verlassen seiner Firma strauchelt er auf der Treppe, wenn auch ohne zu fallen. Den Halt droht er auch im Privatleben zu verlieren, da in den Jahren der Pflichterfüllung Familie und persönliche Wünsche auf der Strecke geblieben sind.

Anfang vom Ende

Eine Venedigreise ist der Anfang vom Ende seiner Ehe, die in Sprachlosigkeit versinkt. Der angesehene ehemalige CDU-Stadtrat, dessen Laudatio dem 'General-Anzeiger' eine ganze Seite wert ist, scheint trotz aller großbürgerlicher Erfolge in einer Scheinwelt gelebt zu haben und befindet sich nun im freien Fall.

Eine Antwort hofft er bei den alten Griechen zu finden. Mit Hilfe von Philosophieprofessor Karl Amadeus Eggebrecht "befragt" er Epikur und Stoiker wie Zenon und Diogenes. Doch auch die Beschäftigung mit den klassischen Denkern mündet in einer emotionalen Sackgasse, aus der Zepp erst von Isabel befreit wird. Mit dieser sinnlich wie intellektuell ungewöhnlichen Frau erlebt er ein unerhofftes Glück, "einen Sommer lang".

"Einen Sommer lang", Kerstin Maria Pöhler, Verlag: Quell Edition, 24,90 Euro.

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