Mühenbach in Rheinbach Initiative "Neue Pfade" legten übermauerten Bachlauf frei

RHEINBACH · Der Abriss von Gebäuden ist oft eine gute Gelegenheit für Archäologen, sich auf die Spur von Relikten aus der Historie zu machen. Jüngstes Beispiel ist eine Baulücke an der Bachstraße.

 Am Fundort: Jürgen Wentscher zeigt die Übermauerung des früheren Mühlenbachs.

Am Fundort: Jürgen Wentscher zeigt die Übermauerung des früheren Mühlenbachs.

Foto: Wolfgang Henry

Unter der Federführung von Jürgen Wentscher, pensionierter archäologischer Grabungstechniker des Amtes für Bodendenkmalpflege des Landschaftsverbandes Rheinland, hat die Initiative "Neue Pfade" auf dem Grundstück den Kanal beziehungsweise den übermauerten Bachlauf des Mühlenbaches freigelegt.

Dass der Kanal genau dort entlang lief, war ihnen bekannt seit den Arbeiten zum Rheinbacher Kellerkataster, erklärten Wentscher und Werner Gerhards von den "Neuen Pfaden". Auf dem früheren Gelände der Rheinbacher Burg, wo heute die Grundschule Sankt Martin steht, befand sich einst eine Wassermühle.

Das Wasser dafür wurde über eine Abzweigung des Gräbbachs um die Burg herumgeführt und lief in einen Speichersee, erläuterten sie. Der Mühlenbach, der sowohl der heutigen Bachstraße als auch der Mühlengasse ihren Namen gab, habe zur Mühle hin ein Gefälle von 3,50 Meter gehabt, so Wentscher. "Das reicht für eine unterschlächtige Mühle." Bei unterschlächtigen Mühlen fließt das Wasser unter dem Rad durch in einer Führung, dem so genannten Kropf, der verhindert, dass Wasser abfließt ohne das Rad anzutreiben.

Ursprünglich sei der Mühlenbach wahrscheinlich offen gelaufen, vermutet Wentscher. Als in Rheinbach jedoch im 19. Jahrhundert die Ziegelbrennereien aufkamen, sei der Bach überbaut worden. Und genau diese Konstruktion, die aus Feldbrandziegelsteinen gemauert wurde, haben der pensionierte Grabungstechniker und die "Neuen Pfade" freigelegt und dokumentiert.

Spannnende Hinterlassenschaften

"Die Einstiegsschächte hat man freigelassen, damit die Leute Wasser schöpfen konnten. Zwei dieser Schächte sind sichtbar", so Wentscher. Hinter dem jetzigen Fundort machte der Mühlenbach einen Knick und verlief unter der Straße zum Kallenturm.

In der untersten Sedimentschicht am Grabungsort haben Wentscher und die Helfer der "Neuen Pfade" spannende Hinterlassenschaften gefunden: Medizinfläschchen, Tintenfässer aus Glas, Bruchstücke von Porzellan und Bauernkeramik sowie einen Milchtopf. Und Bierflaschen sowie Kronkorken aus Keramik, die auf Bonner, Euskirchener und Meckenheimer Brauereien verweisen.

"Die Rheinbacher haben Meckenheimer Bier getrunken oder aber die Meckenheimer haben hier gearbeitet", vermutet Gerhards. Diese Flaschen sind etwa 100 Jahre alt. Einer der Keramikverschlüsse zeigt die Aufschrift der Meckenheimer Brauerei Jean Welsch. Das Brauereigebäude habe als Backsteinbau an der Bahnhofstraße links neben dem heutigen Rathaus gestanden, so der Meckenheimer Heimatforscher und Sammler Josef Dunkelberg.

Wie Meckenheims Stadtarchivarin Ingrid Sönnert erläutert, brauten die Wirte im 19. Jahrhundert und vorher ihr Bier selbst. "Es gab aber nur zwei Betriebe, die man als Brauerei verstehen kann, die eine von Josef Kreisel, die andere eben von Jean Welsch", so die Stadtarchivarin. Diese Brauerei bestand um 1907.

Das Grundstück zwischen Bachstraße und Bungert gehört der Rhein-Sieg-Baugesellschaft, die sogar die Kosten für den Bagger übernahm, den die "Neuen Pfade" für ihre Grabungsarbeiten einsetzten. "So etwas ist nicht selbstverständlich. Auch nicht, dass man uns die Gelegenheit gab, unsere Funde zu dokumentieren", freuten sich Gerhards und Wentscher.

Wenn die Bauarbeiten für die neuen Häuser am Montag, 23. April, beginnen, werden die Gebäude zur Bachstraße hin ohne Keller errichtet, so dass der historische Kanal des Mühlenbaches zwar nicht mehr sichtbar ist, aber unterirdisch erhalten bleibt.

Ausstellung

Die Fundstücke sollen mit anderen Funden, die Jürgen Wentscher und die "Neuen Pfade" über die Jahre bei verschiedenen Grabungen gemacht haben, in einer Ausstellung im Rheinbacher Rathaus gezeigt werden. Eröffnung ist am Dienstag, 15. Mai, um 17 Uhr.

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