In Adendorf kommt der Briefträger auf Anruf

Die Post setzt auf betriebswirtschaftliche Lösungen - Partnerfilialen lösen den posteigenen Betrieb ab - Service-Filiale ist eine Stunde geöffnet

  Post-Service  bietet Agnes Friedrich jetzt in ihrem Geschäft in Merl an.

Post-Service bietet Agnes Friedrich jetzt in ihrem Geschäft in Merl an.

Foto: Henry

Rhein-Sieg-Kreis. Postagentur, Partnerfiliale, Post-Service-Filiale oder MoPS - diese neuen Begriffe sind für viele Bürger im Rhein-Sieg-Kreis Synonyme für eine Verschlechterung des postalischen Dienstes. Bürger laufen Sturm gegen die Einstellung der Grundversorgung im ländlichen Raum, Kommunalpolitiker verabschieden Resolutionen gegen die Schließung der altbewährten Poststandorte.

Die Deutsche Post AG sieht das anders. Postsprecher Dieter Pietruck aus Düsseldorf sagt, es habe in Bonn und im Rhein-Sieg-Kreis zum Teil erhebliche Verbesserungen in der postalischen Grundversorgung gegeben. Natürlich, so Pietruck, sei die Post als Aktiengesellschaft erst einmal ihren Aktionären verpflichtet und müsse somit betriebswirtschaftlich denken.

Dennoch habe es eine Selbstverpflichtungserklärung zur Aufrechterhaltung und Verbesserung der Versorgungsqualität durch das Unternehmen gegeben. Danach bleiben in Orten mit mehr als 4 000 Einwohnern ortsfeste Filialen erhalten.

Dieses könnten sehr wohl Partnerfilialen sein. Die Partnerfilialen sieht der Pressesprecher durch bessere Öffnungszeiten als Bereicherung für die Bevölkerung. Und es sei nicht so, sagt Pietruck, dass in den ausgesuchten Einzelhandelsgeschäften Briefmarken mit der Wurst über die Theke gereicht würden.

"Die postalischen Bereiche sind in den Filialen streng von den Verkaufsbereichen getrennt. Und die Betreiber, wenn es denn kein eigenes Personal ist, bekommen eine sehr gute Ausbildung und werden ständig überprüft." Ausgesucht würden sie durch Filialbetreuerinnen, die Ortskenntnisse haben müssten.

In der ersten Woche steht den Postfilialbetreibern der "Postcoach" zur Seite, später gibt es die Hotline und die Filialbetreuerin. "So ist ein guter Service in den Partnerfilialen gewährleistet", so Pietruck. Die ersten Partnerfilialen wurden von der Post 1993 in Dortmund und Kleve eingerichtet. Die Nachfrage von Einzelhändlern beweise, dass damit auch gutes Geld zu verdienen sei. So spare die Post Geld, der Einzelhändler habe ein besseres Einkommen, und der Kunde spare Zeit, schwört der Postsprecher auf die Partnerfiliale.

Zur Unterhaltung von 12 000 Filialen in der Bundesrepublik ist das Unternehmen durch die Postuniversal-Dienstleistungs-Verordnung verpflichtet. 600 Eigenbetriebe sollen in diesem Jahr noch umgewandelt werden, entweder mit eigenem oder mit Fremdpersonal. Lediglich noch 5 000 Filialen werden noch durch Postleute betrieben.

Doch ernsthaft Sorgen um die Zukunft müssen sich die Postler nicht wirklich machen. Dank einer Betriebsvereinbarung zwischen Arbeitgeber, Betriebsrat und der Gewerkschaft ver.di sind bis 2008 betriebsbedingte Kündigungen bei der Post ausgeschlossen. Die Bediensteten dürfen zudem nur in einem Umkreis von zwei Kilometern versetzt werden.

Lediglich sechs Prozent des Postgeschäftes werde von Privaten erledigt, verweist Pietruck auf die betriebswirtschaftliche Sicht der Post AG-Entscheidung. Über 80 Prozent des Brief- und Paketdienstes spiele sich im Geschäftsbereich ab. Auch die Bankgeschäfte hätten sich durch das Internet extrem verändert. Dieser Lage sei Rechnung zu tragen.

"Und schließlich sind in der Partnerfiliale Geldgeschäfte bis 1 500 Euro überall möglich." Dieses ist in der Post-Service-Filiale nicht der Fall. Die PSF soll die Grundversorgung in kleinen Orten sichern. Briefmarken, Briefe und Pakete gehen da über die Theke - eine Stunde pro Tag. Mehr bekommt der Betreiber von der Post nicht bezahlt, nimmt aber häufig auch außerhalb der festgelegten Zeit die Pakete von der Nachbarin an. Schwierig wird es für die Macher des Unternehmens in Orten, in denen sich kein PSF-Betreiber findet. Dank der Versorgungs-Verordnung ist eine Filialschließung dort noch nicht möglich.

In ländlichen Gebieten, wo nichts mehr geht, kommt MoPS, der mobile Postservice, den es 20 000 Mal in Deutschland gibt. Der Briefträger wird angeklingelt, der dann das Paket abholt. Im Rhein-Sieg-Kreis wird nur einmal "gemopst". Ab dem 3. Januar 2005 wird nach der Planung der Post in Adendorf der Postservice durch MoPS erledigt. Neun Partnerfilialen sind seit August entstanden oder in Planung sowie acht Post-Service-Filialen (PSF).

Im linksrheinischen Rhein-Sieg-Kreis sieht das so aus: In Merten öffnet am 3. Januar 2005 eine Partnerfiliale. In Ersdorf gibt es seit August eine PSF. In Heimerzheim öffnet am 18. Oktober eine Partnerfiliale in der neuen Buchhandlung Beckedorff, in Buschhoven öffnet heute am Toniusplatz eine Service-Filiale.

Agnes Friedrich hat in ihrem Geschäft am Dorfplatz in Merl eine Postservicestelle eingerichtet. Seit zwei Jahren betreibt sie den Laden im Hause einer Bankfiliale. Neben Zeitungen und Schreibhefte gehen jetzt Briefe, Päckchen und Pakete über den Tresen. "Wir können alles, was die Post bietet, bis auf die Geldgeschäfte." Zur Eröffnung verschenkte Friedrich 100 postgelbe Rosen an ihre Kundinnen.

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