Im Forstamt Linz gehen bald die Lichter aus

Nach 150 Jahren ist die Behörde Geschichte - Ab 1. Januar wird der gesamte Landkreis Neuwied von Dierdorf aus betreut - Die Waldpädagogik war nicht nur bei Schulen und Kindergärten beliebt

  Aufbruch:  Seit Wochen packen die Mitarbeiter - wie (v. rechts) Ingrid Wissen, Thomas Hahlbrock und Gregor Nassen - Umzugskartons mit Unterlagen oder ausgestopften Tieren.

Aufbruch: Seit Wochen packen die Mitarbeiter - wie (v. rechts) Ingrid Wissen, Thomas Hahlbrock und Gregor Nassen - Umzugskartons mit Unterlagen oder ausgestopften Tieren.

Foto: Homann

Linz. "Die haben damals einfach das Fenster geöffnet, dann wurden alle Akten raus auf den Scheiterhaufen geworfen und verbrannt", erinnert sich Karl-Erich Buss. Vor etwa 40 Jahren wurde im Forstamt Linz auf Anordnung des Leiters mal so richtig "klar Schiff" gemacht, weil sich die Akten überall stapelten.

Noch heute schüttelt Buss den Kopf, wenn er daran denkt, wie damals die ganzen kunstvoll gezeichneten Karten und Papiere einfach ein Raub der Flammen wurden. Das Forstamt Linz war aber kein Einzelfall, viele Archive wurden in den 60er Jahren von eifrigen Angestellten entsorgt.

Nun findet gerade wieder ein Großreinemachen in dem altehrwürdigen Haus an der Kaiserbergstraße 1 in Linz statt. Überall stehen leere Aktenordner herum, ausgestopfte Tiere wie Reh, Dachs, Hase, Marder und viele andere stehen im Flur des Büros. Die Regalreihen sind schon gelichtet, persönliche Habseligkeiten sind kaum noch zu finden. Der Grund: Am 31. Dezember sind die Tage des Forstamtes Linz nach 150 Jahren gezählt. Von Dierdorf aus wird das dortige Forstamt den gesamten Landkreis Neuwied mit etwa 25 000 Hektar Wald fortan betreuen. In Rheinland-Pfalz werden aus 88 Forstämtern kurzerhand 45 gemacht. Eine politische Entscheidung, die in Mainz getroffen wurde. Für die bisherigen Angestellten wird sich einiges ändern.

Buss und seine Kollegin Dagmar Wiezorke werden in den Ruhestand gehen, Büroleiter Gregor Nassen und seine Kollegin Ingrid Wissen arbeiten fortan in Dierdorf. Nassen wird sich künftig ausschließlich mit der Umweltpädagogik beschäftigen, ein Bereich in dem sich das Linzer Forstamt Lorbeeren verdient hatte. Wissen, die bisher Geschäftsführerin des Kreiswaldbauvereins war, erwartet von dem neuen Job keine großen Unterschiede, die genauen Zuständigkeiten seien aber noch nicht vergeben.

Forstamtsleiter Thomas Hahlbrock wechselt den Aufgabenbereich und wird künfig Referent für das Weltkulturerbe Mittelrheintal mit Dienstsitz in Lahnstein. Auf die neue Tätigkeit freut er sich ausgesprochen. "Vierzig Burgen gibt es in dem Gebiet", erzählt er begeistert und hat schon Pläne, das Mittelrheintal mit Themenwanderwegen für den Tourismus noch attraktiver zu gestalten.

Aber nicht nur der künftigen Arbeit sehen alle aufgeschlossen entgegen, auch auf ihr altes Forstamt sind sie stolz. Der Veranstaltungskalender wies immer eine Vielzahl an Angeboten auf wie den Wildkochkurs, den Motorsägenkurs, Obstbaumschnittkurs, auch heimische Wildkräuter und Früchte richtig für die Küche zu verwenden konnte man lernen, ebenso mit dem Heißluftballon über das Waldgebiet fliegen oder an Waldlernrallyes teilnehmen. Eine breite Palette mit speziellen Angeboten für Kinder, Jugendliche und Erwachsene.

"Wie gut unser Angebot war, hat sich immer mehr herumgesprochen und demenstprechend hoch war der Andrang", berichtet Hahlbrock. Von den 180 000 Menschen im Kreis haben 140 000 im Bereich des Forstamtes Linz gewohnt. Das Gros hat aber die Umweltbildung ausgemacht. "Allein rund 2 000 Schul- und Kindergartenkinder haben jährlich an Veranstaltungen teilgenommen", berichtet Nassen. Auf die sehr anspruchsvolle Waldpädagogik waren alle Forstamtsmitarbeiter stolz.

Aber auch in anderen Bereichen wurde viel geleistet: Mit Metalldetektoren wurden die Bäume aufgespürt, die noch Splitter in sich tragen. Durch die Nähe der berühmten Brücke von Remagen war der Holzbestand von den Gefechten arg in Mitleidenschaft gezogen. Desweiteren führt die ICE-Neubaustrecke durch viele ehemalige Waldbestände, dort musste für Ausgleich gesorgt werden. Auch die Windwurf-Schäden vom großen Sturm von 1990 galt es in jahrelanger Arbeit nach und nach zu begleichen.

Bei aller Wehmut gibt es aber auch eine gute Nachricht: "Die Reviere bleiben alle erhalten", betont Hahlbrock. Für den Normalverbraucher ändert sich also erst einmal nicht viel, die zentralen Ansprechpartner bleiben erhalten. Auch das Privatwaldbetreuungsrevier soll seinen Sitz in Linz bahalten. Förster Hartmut Hennig kann auch in Zukunft in der oberen Etage des alten Forsthauses wohnen. Für ihn wird die Umstellung vermutlich am größten, hat er künftig doch keinen direkten Kontakt mehr zu den Kollegen.

Bislang konnte er die Computer, Kopierer und anderen Geräte des Forstamtes benutzen, wie das künftig wird, weiß der 60-Jährige noch nicht. Dabei wird sein Aufgabenbereich erweitert: Hennig muss künftig einen Teil der forstfachlichen Leitungsaufgaben als Revierförster übernehmen. Deshalb wird Hennig wie viele andere Förster auch kaum noch die Zeit haben, sich um kleine Dinge zu kümmern. "Dann kann zum Beispiel nicht mehr künftig jeder, der gerade Holz haben will, kommen, wann es ihm passt", so Hahlbrock.

Das Forstamt Dierdorf ist unter (0 26 89) 97 92 45 zu erreichen.

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