Für 24 Stunden ist die "Grüne Hölle" ein Paradies

Renngeschehen pur für rund 200 000 Freunde der PS-Boliden - Regen und Hagel verwandeln den Nürburgring in eine Schlammwüste - Küche im Partyzelt

  Echte Fans  des Nürburgrings lassen sich auch vom schlechten Wetter nicht um ihr Motorsportvergnügen bringen.

Echte Fans des Nürburgrings lassen sich auch vom schlechten Wetter nicht um ihr Motorsportvergnügen bringen.

Foto: Vollrath

Nürburgring. Die "Hölle" kennt keine Gnade. Vor allem nicht, wenn die tollkühnen Männer (und auch Frauen) in ihren fliegenden Kisten die schnellen Runden über die historische Rennstrecke in der Eifel drehen. 24 Stunden lang, 1 440 Minuten oder 86 400 Sekunden. Und jede einzelne zählt. Nicht nur für die Fahrerteams. Auch für die Fans, die zum Teil schon eine Woche an der legendären Nordschleife campieren.

Arg gebeutelt werden sie alle an diesem nass-kalten Maiwochenende. Fahrer, Mechaniker, Streckenposten, Ordner und natürlich auch die Fans. Eisige Temperaturen, pfeifender Wind und dazu auch noch ein Mix aus Regen, Hagel, Graupel und stundenlangem Nieselregen, der von oben, von links oder rechts und manchmal auch, so glaubt man zumindest, auch von unten kommt: Die Eifel zeigt sich einmal mehr von ihrer besten Seite.

Aber gerade "das" lieben die Fans des 24-Stunden-Rennens. In der 33. Auflage zeichnete der ADAC an diesem Wochenende für ein gelungenes Rennprogramm verantwortlich, das wieder gut 200 000 Rennsportbegeisterte an die Wirkungsstätte von Größen wie Hans Hermann, Niki Lauda, Sterling Moss oder Rudolf Carraciola zieht.

Brünnchen, Wippermann, Schwalbenschwanz, Wehrseifen, Sprunghügel oder Pflanzgarten: die bekannten Streckenabschnitte sind schon früh "ausverkauft". Die "Claims" werden zum Teil schon eine Woche vor Rennbeginn von den härtesten Fans belegt. Gilt es doch, den Platz für den Rest der Mannschaft zu sichern. Ganze Zeltstädte werden aufgebaut, das Partyzelt zur Küche umfunktioniert und mit dem Baugerüst die eigene Tribüne gebaut.

"Wir nehmen uns jedes Jahr eine Woche Urlaub, um die Zeit hier oben voll auszukosten. Die ersten Rennen starten ja schon am Donnerstag, und bis Sonntagnachmittag liegt in der Luft der Geruch von Benzin und verbranntem Gummi", beschreiben Markus Hold und Johannes Seifert aus Bad Breisig ihr ganz persönliches "Paradies".

Ein Blick in das "Versorgungszelt" der Gruppe, die jedes Jahr am Brünnchen ihre Heimat hat, lässt alle Sorgen und Bedenken vergessen. Bei der Auswahl an "Flüssigem" kann es die Gruppe getrost mit jedem Getränkelieferanten aufnehmen. Aber auch bei den Speisen legen die Motorsportfans Wert auf Qualität, Frische und Abwechslung.

Zum Frühstück gibt es frische Brötchen vom Bäcker aus Adenau, Mittags wird auf dem Grill gebrutzelt, und am Abend werden Salate und Sandwiches gereicht. Nebenbei läuft nicht nur "Radio Nürburgring" auf der Frequenz 87,7, sondern auch der Fernseher.

Das Besondere bei den 24-Stunden am Nürburgring ist die direkte Nähe zum Renngeschehen. In der Einführungsrunde am Samstagnachmittag stehen unzählige Fans am Pistenrand, begrüßen "ihre" Fahrer mit einem Meer aus Fahnen, geben ein Hupkonzert und lassen vor Freunde Silvesterraketen in den Himmel fliegen. Den hautnahen Kontakt zu Fahrer und Rennboliden haben die Fans aber auch im Fahrerlager.

Bis auf wenige Meter kommen sie in die Boxen, können den Mechanikern über die Schulter schauen und Fahrer wie Hans-Joachim Stuck, Klaus Ludwig, Roland Asch oder Pedro Lamy beim Wechsel des Volants beobachten. Es sind aber nicht nur die großen Namen und Werksteams, die wahre Begeisterungsstürme entlang der Rennstrecke auslösen. "Wir drücken vor allem den kleinen Teams die Daumen. Die haben es viel schwieriger mit ihrem kleinen Budget", hört man immer wieder, wenn man sich unter die Zuschauer begibt.

Klar, dass spektakulär Dreher, Verbremser oder auch der eine oder andere Rempler lautstark bejubelt und kommentiert wird. Respekt zollen sie aber allen Fahrern. "Es ist immer wieder ein wahnsinniges Gefühl, besonders in den Nachtstunden, wenn du von der Grand-Prix-Strecke aus auf die Nordschleife einbiegst. Wer da sagt, dass er es nicht ein wenig mit der Angst zu tun bekommt, der lügt", gesteht sogar "Strietzel" Stuck. Und der muss als Vorjahressieger schließlich wissen wovon er redet.

Dass in diesen 24 Stunden niemand schlafen geht, versteht sich nahezu von selbst. Was für die Fahrer gilt, machen sich auch die Fans zur Regel: Durchhalten, bis die schwarz-weiß karierte Flagge geschwenkt wird. Dann heißt es leider wieder Abschied nehmen vom "Ring" und warten. 364 Tage, oder 8 736 Stunden; 524 160 Minuten oder 31 449 600 Sekunden. Jede einzelne zählt.

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