Führt der Weg zurück zum Festtagsbraten?

Experten aus der Ahr-Region diskutierten über Folgen des Rinderwahnsinns - Wachsamkeit trotz Entwarnung aus Mainz

Grafschaft-Lantershofen. "Jede Krise hat ihre Chance, wir können sie nutzen, wenn wir beispielsweise beim Einkaufen kritischer werden." So lautete die Bilanz von Moderatorin Esther Armbrust nach der Diskussion zum Thema BSE in der Aula des Studienhauses Sankt Lambert in Lantershofen.

Die Lantershofenerin, von Beruf Medizinisch-Technische Assistentin, hatte das Thema im Bekanntenkreis diskutiert und dann den Entschluss gefasst, eine öffentliche Diskussion zu veranstalten. Sie wertet es als Gefahr, dass das Thema aus der öffentlichen Diskussion verschwindet, obgleich die Bedrohung noch lange nicht vorbei ist.

Auf dem Podium diskutierten Experten aus der Region: die Tierärztin Friederike Frenzen, der Internist Norbert Rösinger, der Theologe Kai Sander vom Studienhaus, Manfred Sebastian, Prokurist des Fleisch- und Wurstwarenherstellers Rasting und der Diplom-Agraringenieur Michael Ullenbruch, der das Klostergut Maria Laach gepachtet und auf kontrolliert biologische Bewirtschaftung umgestellt hat. "Ist die BSE-Kuh womöglich schon vom Eis? Ist uns damit geholfen, wenn wir nicht mehr über das Thema reden?", fragte die Moderatorin zum Einstieg.

Detailliert stellte Rösinger den Ansteckungsweg der Erkrankung vom Schaf über das Rind bis hin zum Menschen dar, wo die neue Variante der Creutzfeldt-Jakob-Krankheit (CJK) mittlerweile in vielen Fällen nachgewiesen ist.

In England seien bislang 90 bis 100 Oper bekannt, berichtete Rösinger. Junge Menschen seien betroffen. Möglicherweise spiele die genetische Ausstattung des Einzelnen eine Rolle ob, beziehungsweise wann er erkranke. Zehn bis 50 Jahre nannte Rösner als Inkubationszeit. Ausgelöst werden BSE wie auch die menschliche Variante CJK durch krankhaft veränderte Eiweißkörper, Prionen, die über den Darm und die Nervenbahnen ins Rückenmark und von da ins Gehirn wandern, sich dort vermehren und das Gehirn verändern.

Diese Prionen seien sehr resistent, sagte der Arzt. Sie könnten weder von der Magensäure noch durch Sterilisationsverfahren etwa bei Operationsbestecken vernichtet werden.

Die Tierärztin berichtete, dass eine Diagnose am lebenden Tier noch immer nicht geführt werden könne. Die Zahl der insgesamt in Deutschland nachgewiesenen 55 BSE-Fälle wertete sie als "relativ wenig", rechnet aber mit einem Anstieg. "Wenn wir die heutigen niedrigen Fleischpreise erhalten wollen, brauchen wir uns nicht über BSE und Antibiotika im Fleisch zu wundern", warnte sie.

Der Vertreter von Rasting berichtete über Sicherheitsvorkehrungen in seiner Firma. Michael Ullenbruch stellte seinen Hof als geschlossenes System vor und berichtete von einer "enormen Nachfrage" im neuen Hofladen.

Der Forderung der Kirchen nach "mehr Achtung vor dem Mitgeschöpf" und dem Wunsch nach artgerechter Haltung und regionaler Vermarktung schloss sich der Theologe an. Die Keulungen ganzer Herden wertete er als "grausam und bestialisch". Wenn zur Stabilisierung des Preises gekeult werde, sei das Tier nur noch ein Wirtschaftsgut und bleibe nicht Geschöpf. "Es läuft etwas in großem Maßstab falsch", formulierte er seinen Eindruck. Es gehe nicht nur um die Sicherheit für das eigene Leben, sondern auch um die Verantwortung der Eltern für ihre Kinder. Der Auftrag aus der Bibel "Machet euch die Erde untertan", bedeute, dass der Mensch die Erde wie ein Hirte nutzen und sie hüten, nicht aber wie ein Ersatzteillager betrachten solle. Aus dem Kreis der Zuhörer wurden unter anderem die Praxis der Subventionierung und der "perverse Kreislauf von Überproduktion und Vernichtung" kritisiert.

Viele Produkte kämen viel zu billig auf den Markt. "Wenn wir weniger als 15 Prozent für Lebensmittel ausgeben, kann etwas nicht stimmen." "Vielleicht müssen wir zurück zum Festtagsbraten" resümierte die Moderatorin am Ende der Veranstaltung. "Man muss einfach umdenken und die Krise als Chance nutzen", forderte sie eindringlich.

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