Siegburgs Bürgermeister im Interview Franz Huhn: "Menschen haben Anrecht auf Nachtruhe"

Siegburg · Siegburgs Bürgermeister Franz Huhn spricht über Fluglärm, die ECE-Diskussion, die Zukunft der Abtei und den Wandel der Stadt.

 Siegburg liegt Bürgermeister Franz Huhn am Herzen, bei anstehenden Entscheidungen will er daher die Bürger einbeziehen.

Siegburg liegt Bürgermeister Franz Huhn am Herzen, bei anstehenden Entscheidungen will er daher die Bürger einbeziehen.

Foto: Arndt

Siegburg ist im Wandel: Die Benediktiner haben die Abtei auf dem Michaelsberg verlassen, das Katholisch-Soziale Institut (KSI) will einziehen, das Wachbataillon kehrt dem Brückberg den Rücken und in der Innenstadt nimmt das von den Bürgern präferierte dezentrale Konzept langsam Formen an. Über die Entwicklungen in seiner Stadt sprach Siegburgs Bürgermeister Franz Huhn.

Herr Huhn, mit dem Weggang der Benediktiner endet kurz vor dem Stadtjubiläum in Siegburg eine fast 950 Jahre währende Geschichte. Was bedeutet das für Sie als Bürgermeister?
Franz Huhn: Es ist für uns Siegburger weiterhin unvorstellbar, dass es unsere Benediktiner nicht mehr geben wird. Aber durch die Entscheidung für das Katholisch-Soziale Institut sind wir auch reich beschenkt worden. Das ist eine gute und zielführende Lösung für unsere Stadt.

Ein Lösung, die aber auch Veränderungen rund um den Michaelsberg mit sich bringt...
Huhn: Der Architektenwettbewerb für Umbau und Erweiterung der Abtei läuft. Wir als Stadt behalten das Planrecht, darüber können wir etwa die Ausmaße des geplanten Anbaus steuern. Der darf in erster Linie die Silhouette der Abtei nicht angreifen.

Neues Leben auf dem Michaelsberg bedeutet auch mehr Verkehr auf der Bergstraße, wie sehen die Planungen aus?
Huhn: Die Verkehrssituation muss genau überprüft werden. Es wird dazu ein Gutachten geben. Die KSI-Öffnungszeiten passen zu einer Erschließung über die Mühlenstraße. Wir denken aber auch über eine weitere, neue Zufahrt über den Kleiberg nach.

Weil sich wiederholt Gesteinsbrocken lösen, hat ein Geologe den Michaelsberg untersucht. Liegt sein Gutachten vor?
Huhn: Ja, auf dessen Grundlage werden wir im Herbst entscheiden, wie es weitergeht. Der Michaelsberg soll in jedem Fall als grüner Berg erhalten bleiben. In die konkrete, gestalterische Planung werden wir die Siegburger einbeziehen.

Die Siegburger bestimmen auch die Gestaltung der Schullandschaft mit...
Huhn: Wir wollen das umsetzen, was die Eltern wollen. Daher hat es Informationsveranstaltungen gegeben, im Herbst folgt in Abstimmung mit allen Fraktionen eine Elternbefragung. Die wertet ein externes Institut aus. Ich habe nichts gegen eine Gesamt- oder Sekundarschule, aber auch nichts dagegen, wenn alles so bleibt wie es ist.

Im September verjährt das Bürgerbegehren zum Erhalt des Rathauses und damit gegen das geplante ECE-Einkaufscenter. Gibt es denn ein Zurück für ECE?
Huhn: Ein Großprojekt mit Rathaus werde ich nicht mehr anpacken, das habe ich gelernt. Wir arbeiten vielmehr an dezentralen Lösungen, wie es Bürgerwille war.

Gibt es konkrete Fortschritte?
Huhn: Die Diskussion hat Bewegung in die Entwicklung gebracht. Die Unternehmen sind auf Siegburg aufmerksam geworden. An zwei Standorten gibt es konkrete Verhandlungen. Ich wünsche mir junge Mode für die ehemalige Wehmeyer-Filiale und einen Textiler für Herren- und junge Mode auf dem früheren Goldbergareal.

Wie steht es mit dem Allianzparkplatz, für dessen Umwandlung in ein Marktquartier sich einige Siegburger stark machen?
Huhn: Das ist das schwierigste Projekt, da die Fläche teuer ist und eine Zuwegung sich schwierig gestaltet. Aber wir als Stadt werden jeden Investor unterstützen.

Glauben Sie, dass Ihre Klagedrohung das Huma-Projekt in Augustin ins Stocken gebracht hat?
Huhn: Das wage ich zu bezweifeln. Ich halte es für viel wahrscheinlicher, dass es da Probleme mit der Finanzierung gibt. Grundsätzlich hat Sankt Augustin ein vernünftiges Zentrum verdient.

Wie geht es weiter mit ihrer Klage gegen den Nachtflug am Köln-Bonner-Flughafen?
Huhn: Über Leipzig wollen wir den Weg zum Bundesverfassungsgericht schaffen, dort können wir inhaltliche Gründe anbringen, wie Gesundheitsbelastungen. Die Menschen haben ein Anrecht auf Nachtruhe.

Viele Siegburger klagen über die Verkehrssituation in der Kreisstadt. Gibt es eine Aussicht auf Besserung?
Huhn: Im Haushalt für 2013/2014 sehen wir Mittel für eine Erweiterung der Konrad-Adenauer-Allee bis zur EL332 vor, das bringt eine Verkehrsentzerrung. Wenn nötig, müssen wir den Kreisverkehr an der Bonner Straße erweitern.

Im Frühjahr 2014 zieht das Wachbataillon nach Berlin. Wie geht es auf dem Gelände der Brückbergkaserne weiter?
Huhn: Das Gelände bietet gute Entwicklungsmöglichkeiten für eine Wohnbebauung. Allerdings ist der Boden kontaminiert. Wir fordern daher vom Bund, dass er uns die Fläche als Ausgleich für den Wegzug entkontaminiert.

Die finanzielle Situation der Stadt ist nicht rosig. Ist Besserung in Sicht?
Huhn: Die diesjährige Situation auf der Einnahmenseite macht Mut für die Zukunft. Die Gewerbesteuereinnahmen entwickeln sich prächtig. Wenn wir auf der Ausgabenseite weiterhin den Gürtel enger schnallen, bin ich zuversichtlich, dass wir in zwei bis drei Jahren wieder einen tatsächlich ausgeglichenen Haushalt haben.

Das Rathaus ist marode. Wie ist es um die dringend erforderliche Sanierung bestellt?
Huhn: Uns liegt ein Gutachten vor, und wir entscheiden nun darüber, in welchen Schritten, vor allem unter finanziellen Gesichtspunkten, saniert werden kann.

Siegburg liegt Ihnen offensichtlich am Herzen. Treten Sie bei der nächsten Bürgermeisterwahl noch einmal an?
Huhn: Bei all' den Problemen in Siegburg habe ich mich damit noch nicht ernsthaft auseinandergesetzt. Ich bin ein spontaner Mensch. Die Entscheidung wird bei mir zu Hause am Tisch fallen, zusammen mit meiner Familie.

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