Forumtheater "inszene" beleuchtet Facetten der Kinderarmut

Beim Gastspiel in St. Augustin geht das Forumtheater mit "Geld oder Liebe" dahin, wo es vielen Familien weh tut. Weitere Aufführungen im Kreis hängen von Spenden ab.

Forumtheater "inszene" beleuchtet Facetten der Kinderarmut
Foto: Ingo Eisner

Sankt Augustin. "Guck mal", sagt Jaqueline mit strahlenden Augen und zeigt der Erzieherin ihren neuen iPod. Das trendige Elektronikteil hat sie zum Geburtstag geschenkt bekommen, dafür trägt sie beim Ausflug in den Wald die Schuhe ihrer älteren Schwester, die zwei Nummern zu groß sind.

Henry hingegen fällt während des Waldausflugs ständig hin, weil er es nicht gewohnt ist, auf unebenem Grund zu gehen. Die Mutter nimmt ihn zwar ab und zu mit zum Einkauf, "parkt" ihn aber immer häufiger vor dem Fernseher.

Und Sebastian hat kaum Zeit zum Spielen, weil seine ehrgeizige Mutter fördern mit überfordern verwechselt und ihren Sohn von Termin zu Termin hetzt: Klavierstunde, Fußball, Tennis - all das kann Sebastian machen, während Leonies musikalisches Talent aufgrund der knappen Haushaltskasse nicht gefördert werden kann.

Ob emotional oder finanziell - Kinderarmut kann in Deutschland viele Facetten haben. Das Forumtheater "inszene" gastierte am Donnerstag mit dem Stück "Geld oder Liebe" im Augustiner Familienzentrum am Wacholderweg und ging mit den Darstellungen genau dort hin, wo es vielen Familien weht tut.

Einigen im Zuschauerraum dürfte das Lachen im Halse stecken geblieben sein, obwohl das Theaterensemble auf humorvolle Weise die Alltagsprobleme vieler Familien auf den Punkt brachte. Unter der Regie von Friderike Wilckens-von Hein brillierten Melanie Kleinsorg, Monika Noltensmeier und Laura Schümann in verschiedenen Rollen.

Ob als Töchter, Söhne, Mütter oder Erzieherinnen - die drei Schauspielerinnen schlüpften in mehrere Rollen. Ohne Pause wurde mit ein paar kleinen Hilfsmitteln plötzlich aus der eben noch verzweifelten Mutter, die nicht weiß, wie sie ihre Rechnungen bezahlen soll, ein lustloser Sohn, der vor dem Fernseher abhängt.

Dabei transportierten die drei Schauspielerinnen mit beeindruckender Mimik und Gestik ein gesellschaftspolitisch hochbrisantes Thema und hielten den erwachsenen Zuschauern einen Spiegel vor: Der alleinerziehenden Mutter fehlt definitiv das Geld, um ihren Töchtern all das zu ermöglichen, was für andere Kinder selbstverständlich scheint. Und ein Junge, der von seiner wohlhabenden Mutter sogar eine Geburtstagsparty im Tennisclub spendiert bekommt, ist auch nicht glücklich.

Was brauchen unsere Kinder denn nun wirklich, Geld oder Liebe? Diese Frage wirft das Theaterensemble "inszene" mit der Inszenierung auf. Die Diakonie als Träger des Theaters möchte unterschiedliche Arten von Kinderarmut spürbar werden lassen. Am Ende war dem Publikum natürlich klar, was all diesen Kindern fehlt: Zeit, Aufmerksamkeit, Verständnis, Bewegung, Kreativität, nur manchmal Geld.

Regisseurin Wilkens-von Hein bezog das Publikum mit ein, forderte die Zuschauer sogar am Ende des Stückes auf, Lösungsvorschläge für die gezeigten Probleme zu entwickeln. Einigkeit herrschte darüber, dass alle etwas für Kinder tun können, so lange man genau hinschaut und aktiv wird.

Bereits seit zwei Jahren tritt das Ensemble mit "Geld oder Liebe", einem Stück von Erwachsenen für Erwachsene, im rechtsrheinischen Kreisgebiet auf. "Die Themen passen einfach, deshalb haben wir uns entschlossen, dass es erstmalig hier zu einer Theateraufführung kommt", sagte Kurt Heimbach, Leiter des Augustiner Familienzentrums am Wacholderweg.

Ob es demnächst noch einmal heißt: "Geld oder Liebe", steht allerdings in den Sternen. Und das liegt dann tatsächlich am fehlenden Geld. "Unsere Bezuschussung durch die Hit-Stiftung läuft aus. Wir suchen dringend nach einem neuen Sponsor, denn wir hatten bereits 15 Anfragen für Aufführungen des Stückes, die wir allesamt absagen mussten", sagte Wilkens-von Hein.

KontaktWer die Arbeit des Theaters unterstützen möchte, kann mit Wilkens-von Hein unter Tel. 0 22 47/90 04 00 oder unter info@forumtheaterinszene.de in Kontakt treten.

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