Landtagswahl in Rheinland-Pfalz Eveline Lemke hat das Ministeramt fest im Blick

Die Spitzenkandidatin der rheinland-pfälzischen Grünen, setzt auf die SPD, will sich aber nicht anbiedern.

Landtagswahl in Rheinland-Pfalz: Eveline Lemke hat das Ministeramt fest im Blick
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Wittlich/Ahrweiler. Im Bundestag gedenken die Abgeordneten der Toten in Japan und debattieren sie über Libyen. Nicht dabei ist Grünen-Fraktionschef Jürgen Trittin. Statt über eine Flugverbotszone spricht er an diesem Morgen darüber, dass die Bauern mit ihrer Viehhaltung die Mittelgebirgslandschaft erhalten. "Das hören manche Grüne nicht gern, aber nur auf Pflanzwirtschaft zu setzen, wäre absurd."

Trittin steht in einem Stall des biologisch-dynamischen Hofs von Paul Brandsma in Wittlich. Immer mal wieder kommt eine Kuh ans Gatter, leckt dem Bullen, der in einem abgetrennten Nachbarbereich steht, die Zunge ab und schubbert sich an einer Bürste. "Die Kühe sehen doch glücklich aus", sagt Trittin. Landtags-Wahlkampf auf dem Bauernhof.

Info Welcher Partei stehen Sie am nächsten? Der GA-Wahlomat gibt Auskunft."Ein ganz wichtiges Zeichen" sei es, dass sich der frühere Bundesumweltminister Zeit für einen solchen Termin nehme, sagt Eveline Lemke. Die 46-Jährige aus Bad Bodendorf an der Ahr bildet mit dem Mainzer Daniel Köbler die grüne Doppelspitze.

Die Chancen stehen gut, dass die Partei aus der außerparlamentarischen Opposition in die rheinland-pfälzische Landesregierung durchstartet. Mit ihr als Ministerin? "Ich will gern Verantwortung übernehmen", sagt sie. Und lässt beim Besuch auf dem Hof durchblicken, dass sie gern das Umweltressort mit der zusätzlichen Aufgabe Landwirtschaft übernehmen würde. Bisher gehört dieser Bereich zum Wirtschaftsministerium.

Am Abend zuvor hatte Lemke bei der General-Anzeiger-Diskussion in Remagen bereits eine Koalitionsaussage zugunsten der SPD gemacht. Das bedeute aber nicht, dass sie alles akzeptieren werde, was Kurt Beck wolle, sagt Lemke dem GA. Wie hatte Trittin auf dem Bauernhof noch gesagt? "Wir wollen diesen Ministerpräsidenten an die grüne Kette legen."

Etwa in der Verkehrspolitik, meint Lemke, als sie im "Eveliner", wie die Bodendorfer Nachbarn das Wahlkampf-Wohnmobil getauft haben, zum nächsten Termin nach Ahrweiler fährt. Mit ihr werde zum Beispiel die Mittelrheinbrücke bei St. Goar nicht gebaut. Ein Verkehrsprojekt, wie es in den 60er Jahren geplant worden sei.

"Wir brauchen moderne Mobilitätsformen." Am Mittelrhein sei das ein 24-Stunden-Fährbetrieb. Die Grünen hätten die SPD davon überzeugt, den Atommeiler Mülheim-Kärlich abzuschalten und das Mainzer Kohlekraftwerk nicht zu bauen. Sie sei zuversichtlich, dass sie auch bei der Brücke die SPD überzeuge. Und der zunehmende Güterverkehr am Rhein? Eine Neubaustrecke durch den Hunsrück sei keine Lösung, meint Lemke. "Wir können die Güter doch nachts über die ICE-Strecke Köln-Frankfurt schicken." Ihr habe noch niemand erklären können, warum das nicht möglich sein solle.

Frank Kronenberger hat offene Ohren für die Ideen der Grünen. Der 43-Jährige aus der Grafschaft wünscht sich jedenfalls mehr Einfluss der Partei im neuen Landtag. "Es ist nicht gut, wenn eine Partei wie jetzt die SPD allein regiert", sagt er. Gemeinsam mit weiteren Mitstreitern steht Kronenberger vor dem ehemaligen Regierungsbunker in Ahrweiler. Sie schildern Trittin und Lemke den Fall einer alten Tongrube in ihrer Nachbarschaft, in der Industriemüll gelagert sein soll.

Sie fordern, dass die Grube abgedichtet wird. "Wir brauchen ein Kataster im Land für die alten Müllkippen", sagt Lemke nachher. Auch fünf Jahre nach dem Verlust des Wirtschaftsministeriums habe die FDP dort noch immer eine große Lobby und verhindere so etwas.

Lemke wurde 2006 Landesvorsitzende der Grünen und hat seitdem das Land beackert, wie sie sagt. Räumlich und thematisch. Vor sechs Jahren erst zog sie aus Hessen zu, ist mit ihrer Patchwork-Familie (Mann und vier Kinder zwischen 14 und 18 Jahre) inzwischen an der Ahr zu Hause und hat sich in die Landesthemen eingearbeitet - auch dank SPD, FDP und CDU. "Ich rechne ihnen hoch an, dass wir unseren Briefkasten im Landtag behalten durften." Dadurch wussten die Grünen über die wichtigen Themen Bescheid.

Noch ist es eine gute Woche bis zur Wahl am 27. März. Derzeit liegen die Grünen bei zehn Prozent. Die Katastrophe von Japan könnte ihnen zusätzlichen Schub geben. Wie viel Prozent? "Darüber will ich nicht spekulieren", sagt Lemke, "ich fühle mich betroffen, nicht bestätigt." Jetzt gehe es darum, so schnell wie möglich aus der Atomkraft auszusteigen. Die SPD will sie davon überzeugen, dass es geht, schon bald die Energieversorgung in Rheinland-Pfalz voll auf erneuerbare Quellen umzustellen. Die Koalitionsverhandlungen hat Eveline Lemke schon im Blick.

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