Erzieher missbrauchte 13 Jahre altes Mädchen im Heim

Bonner Landgericht schickt 50-Jährigen für vier Jahre hinter Gitter - Ehefrau zeigte ihn an - Opfer unter Druck gesetzt

Lohmar. Seit der Scheidung ihrer Eltern war Susanne (alle Namen geändert) ohne Vater aufgewachsen. Als sie Ende August 1999, mit zwölf Jahren, in die betreute Wohngruppe für Jugendliche kam, fand sie in Lorenz D. einen väterlichen Freund, dem sie völlig vertraute. Der Erzieher arbeitete mir ihr für die Schule, ihre Noten wurden viel besser, in der Wohngruppe war sie bald voll integriert.

Am Freitag verurteilte die Jugendschutzkammer des Bonner Landgerichts
Lorenz D. wegen sexuellen Missbrauchs einer Schutzbefohlenen zu einer Freiheitsstrafe von vier Jahren. Neun Mal hat er Susanne im November und Dezember 1999 missbraucht, zuletzt in der Silvesternacht zum Jahr 2000. "Ich war vernarrt in sie, ich habe sie geliebt", versuchte der heute 50-jährigeam Freitag sein Verhalten zu erklären. Wie eine Erwachsene behandelte er das Mädchen, erzählte ihr von seinen Eheproblemen und kam ihr dabei immer näher.

"Ich war wie gelähmt", hatte Susanne in ihrer polizeilichen Aussage gesagt. "Sie hat sich nicht gewehrt, ich hatte das Gefühl, dass sie auch dabei ist," wertete der Angeklagte ihr Verhalten damals. Trotz seines umfangreichen Geständnisses entstand vor Gericht der Eindruck, dass er sich seinen Taten nicht wirklich gestellt hat. So schilderte er zwar ausführlich, wie er Susanne nach einem Streit am 30. September 1999 zum ersten Mal inniger umarmte, die Schilderungen des Mädchens aber, die ihm der Richter vorhielt, wollte er immer wieder in einzelnen Punkten korrigieren.

Der Missbrauch endete, als Lorenz D.''s Frau Anfang Januar einen Brief von Susanne an ihren Mann fand und ihn sofort anzeigte. Doch das Leid des Mädchens nahm kein Ende. Lorenz D. setzte sie in Briefen seelisch unter Druck, kündigte seinen Selbstmord an und machte ihr Liebeserklärungen. Kammervorsitzender Klaus Haller im Urteil: "Er hat sie weiter in Konflikte getrieben, indem er ihr für den Fall seines Selbstmordes die Verantwortung aufdrückte." Die Kammer konnte "beim besten Willen keinen minder schweren Fall erkennen". Zugunsten des Angeklagten sprach, dass er selbst "emotional verstrickt" war und Susanne durch sein Geständnis die Aussage vor Gericht erspart hat. Die Eheprobleme, auf die der Erzieher sich berief, seien allerdings "eher profaner Natur" gewesen und könnten ihn nicht entlasten.

Zu Lasten des Angeklagten sah das Gericht seine besondere Vertrauensstellung als Heimerzieher: "Susanne war auf der Suche nach einer Vaterfigur, ihre Zuneigung missbrauchte er schwer." Das Urteil entsprach den Anträgen von Staatsanwältin und Nebenklagevertreterin. "Ich stehe hier, weil ich Susanne vertrete", sagte die zu dem Angeklagten, "und sie würde nicht verstehen, wenn Sie nicht in Haft blieben." Der Verteidiger hatte in seinem Antrag um eine "mildere" Strafe gebeten. "Er hat mit ihr eine Beziehung wie in einer Ehe aufgebaut. Es war wahnwitzig, er war verblendet", sagte er im Plädoyer.

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