"Er lebte in einer schizophrenen Parallelwelt"

Urteil vor dem Bonner Schwurgericht um den Brandanschlag von Siegburg: Der Angeklagte muss in einer psychiatrischen Klinik bleiben.

Siegburg. Der 37-Jährige, der im November des vergangenen Jahres in Siegburg einen Brandanschlag auf einen Linienbus verübte, muss bis auf Weiteres in einer psychiatrischen Klinik bleiben.

Mit diesem Urteil folgte das Bonner Schwurgericht am Dienstag dem Antrag der Staatsanwaltschaft, nach Auswertung medizinischer Gutachten und sorgfältiger Abwägung, so Vorsitzender Richter Josef Janßen. Grund: Der dreifache Familienvater habe zur Tatzeit unter einer akuten Psychose gelitten und in einer "schizophrenen Parallelwelt" gelebt.

Die Vorgeschichte der Tat am 15. November rekonstruierte die Kammer so: Der Angeklagte war mit seiner Familie in eine größere Wohnung gezogen, etwa zeitgleich wurde er von seinem Arbeitgeber degradiert. Dann fuhr seine Frau mit den drei Kindern in Urlaub. Der 37-Jährige habe immer häufiger Stimmen gehört, schließlich den ganzen Tag lang. Außerdem glaubte er, die Menschen um ihn herum könnten seine Gedanken lesen. So habe er beschlossen, ein Zeichen zu setzen.

Er bastelt am Nachmittag des 15. November zwei Molotowcocktails, steckt sie in eine Tasche und fährt mit dem Zug nach Siegburg - mit seinen explosiven Gepäckstücken. Er betritt einen Bus der Linie 501, bedroht die Passagiere, fragt den völlig verängstigten Fahrer: "Wer macht das mit dem Terror?" Der Richter nennt es "eine Tragödie". Weil der Busfahrer sich bei der Flucht durchs Seitenfenster verletzte und erheblich traumatisiert worden sei. Aber auch, weil der 37-jährige Täter zwar kein einfaches Leben gehabt habe, sich aber bis dato keinerlei Vergehen schuldig gemacht hatte.

Mittlerweile nimmt der in der Landesklinik Essen untergebrachte Angeklagte Medikamente. Die Behandlung hat laut Gericht so gut angeschlagen, dass er nach Bonn verlegt werden kann. Sollte das keinen Rückfall zur Folge haben, seien Urlaube, vielleicht eine ambulante Behandlung möglich.

Neben der temporären Schuldunfähigkeit des Angeklagten führte der Richter in seiner Urteilsbegründung auch an, die Kammer sei überzeugt, dass der Angeklagte niemanden habe töten wollen - auch wenn die Gefahr erheblich gewesen sei.

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