Eine Spur im Fall Levke führt nach Siegburg

Die Polizei konzentriert ihre Ermittlungen auf Nordrhein-Westfalen - Ergebnis der DNA-Analyse steht noch aus - Kritik an bürokratischen Hürden für Abnahme des genetischen Fingerabdrucks

  Ein Schaukasten  mit Fotos und Briefen der achtjährigen Levke aus Cuxhaven-Altenwalde, hier der Brief ihrer Geschwister, steht am Donnerstag auf einem Parkplatz in einem Waldstück bei Flögeln (Kreis Cuxhaven). Hier wurden die letzten Spuren von Levke gefunden.

Ein Schaukasten mit Fotos und Briefen der achtjährigen Levke aus Cuxhaven-Altenwalde, hier der Brief ihrer Geschwister, steht am Donnerstag auf einem Parkplatz in einem Waldstück bei Flögeln (Kreis Cuxhaven). Hier wurden die letzten Spuren von Levke gefunden.

Foto: dpa

Olpe/Düsseldorf. Im Fall der wahrscheinlich getöteten Levke aus Cuxhaven konzentriert die Polizei ihre Ermittlungen jetzt auf Nordrhein-Westfalen. Sie will unter anderem eine Spur im Raum Siegburg wieder aufnehmen. Details zu dem Hinweis, der schon kurz nach dem Verschwinden von Levke bei der Polizei eingegangen war, wollte ein Sprecher der Cuxhavener Sonderkommission (Soko) Levke nicht nennen.

Seit Donnerstag verstärken 25 Beamte der Soko Levke die Mordkommission aus Hagen. Diese führt die Ermittlungen zu der am Montag bei Attendorn gefundenen Mädchenleiche. Dabei handelt es sich höchstwahrscheinlich um die Achtjährige. Das Ergebnis der DNA-Analyse, die hundertprozentige Klarheit bringen soll, wird zwar möglicherweise erst in einigen Tagen vorliegen. Dennoch spreche alles dafür, dass es sich um das Mädchen handele: "Nach unserem Kenntnisstand ist Levke tot", sagte der Leiter der Cuxhavener Soko, Karsten Bettels.

Dies ist nach Angaben von Ralf Eickler, dem Leiter der Mordkommission Hagen, aus dem Fund eines Slips und einer beige-violetten Kordhose abzuleiten, die der Bekleidung der Achtjährigen am Tag ihres Verschwinden entsprochen hätten. Über die Hosen hinaus seien zudem blonde Haare gefunden worden.

Die Ermittler aus Cuxhaven wollen sich am Fundort der Leiche in dem nahezu unzugänglichen Waldgebiet einen Überblick über die vorgefundenen Spuren verschaffen. Die Durchsuchung des mehrere tausend Quadratmeter großen Gebiets wird einige Tage dauern. Zahlreiche Einsatzkräfte durchsuchten das Gebiet mit Leichenspürhunden nach weiteren Knochen und Kleidungsstücken.

Unklar ist, wann und wie die Mädchenleiche in dem etwa 260 Meter langen, undurchdringlichen Dickicht abgelegt wurde. Dort hatte ein Pilzsammler die Leiche entdeckt. Der Täter muss nach Aussagen Eicklers gute Ortskenntnisse gehabt haben. Die Polizei schließt aus, dass der Fundort und der Tatort übereinstimmen.

Die DNA-Analyse ist nach Polizeiangaben schwierig, weil es an dem gefundenen Skelett kaum DNA-Material gibt. "Es kann noch Tage dauern, bis ein Ergebnis vorliegt", sagte ein Beamter. Auch die Ermittlung der Todesursache sei nicht leicht. Ein Biologe soll ermitteln, wann die Leiche dort abgelegt wurde. Zurzeit geht die Soko Levke davon aus, dass das Mädchen kurz nach seinem Verschwinden aus Cuxhaven getötet wurde. Levke war am 6. Mai nach der Rückkehr aus der Schule vom elterlichen Grundstück verschwunden.

Unterdessen kritisierten Polizeiexperten, dass bürokratische Hürden einen noch größeren Erfolg des "genetischen Fingerabdrucks" verhinderten. Auch im aktuellen Fall der kleinen Levke erhoffen sich die Ermittler entscheidende Fortschritte durch die Gen-Analyse.

Sperma, Speichel, Hautzellen, Haare, Blut - unsichtbar winzige Partikel reichen, um einen Mörder zur Strecke zu bringen. "Das ist Bürokratie ohne Ende - ich kann das nicht mehr nachvollziehen", stöhnt Walter Meyer. Meyer leitet im nordrhein-westfälischen Landeskriminalamt die stärkste DNA-Analysegruppe der Bundesländer. 14 Wissenschaftler und 22 Assistenten haben in den Laboren in Düsseldorf allein im ersten Halbjahr dieses Jahres 46 000 DNA-Analysen bewältigt - mit enormem Erfolg.

Je mehr Datensätze eingespeichert sind, desto mehr Treffer erzielen die Computer-Anfragen - 1 053 allein im ersten Halbjahr in Nordrhein-Westfalen. Dennoch trommelt Regierungsdirektor Meyer mit seinen Fingerspitzen unzufrieden auf einen großen Umschlag, der auf seinem Schreibtisch liegt: "Schwere Erpressung - hier drin sind vermutlich Spuren des Erpressers. Aber wir dürfen da nicht ran, weil kein richterlicher Beschluss vorliegt." Jede Analyse muss auf Antrag der Ermittler per Gerichtsbeschluss angeordnet werden.

Liegt der Beschluss endlich vor, aber das Analyseinstitut ist inzwischen überlastet, geht alles wieder von vorne los. Denn für ein anderes Labor wird ein neuer Beschluss fällig. Dabei habe sich die DNA-Analyse in der Polizeiarbeit zur normalen Ermittlungsmethode entwickelt - "harmlos und effizient", sagt Meyer.

Mehr und schnellere Aufklärung von Verbrechen versprechen sich auch LKA-Chef Wolfgang Gatzke, der Bund Deutscher Kriminalbeamter und NRW-Innenminister Fritz Behrens (SPD): "Der Richter-Vorbehalt gehört abgeschafft." Ein "genetischer Fingerabdruck" sollte als erkennungsdienstliche Maßnahme genauso leicht möglich sein wie der herkömmliche Fingerabdruck.

Die Justizminister der Bundesländer lassen derzeit prüfen, ob den Ermittlern ihre Arbeit erleichtert werden kann. NRW-Justizminister Wolfgang Gerhards (SPD) zeigt sich "zuversichtlich, dass das gelingen wird."

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