"eCall" ruft automatisch um Hilfe

RHEIN-SIEG-KREIS · Elektronischer Notruf soll in jedes Auto eingebaut werden. Die Leitstelle des Rhein-Sieg-Kreises ist vorbereitet.

 Der elektronische Notruf "eCall" soll dazu beitragen, dass Retter schneller am Unfallort sind.

Der elektronische Notruf "eCall" soll dazu beitragen, dass Retter schneller am Unfallort sind.

Foto: Ingo Eisner

Eine alltägliche Situation: Es knallt, zwei Autos sind völlig demoliert, hilflose Verletzte im Innern, Zeugen alarmieren Polizei und Rettungsdienst. Jetzt wird es häufig kompliziert. Die Melder sind häufig aufgeregt oder sogar geschockt und Ortsfremde wissen häufig nicht, wo sich der Unfall genau zugetragen hat.

Durch falsche oder ungenaue Angaben vergeht oft wertvolle Zeit, ehe die Retter an der Unfallstelle sind. Unnötige Verzögerungen könnten bald der Vergangenheit angehören. "eCall" heißt das Zauberwort. Dahinter verbirgt sich ein automatischer Notruf, der sich aktiviert, wenn ein Auto einen Unfall hat. "Der elektronische Notruf könnte die Rettungszeiten deutlich verkürzen, vor allem in den ländlichen Regionen des Kreises", ist Dietmar Klein, Chef der Rettungsleitstelle in Siegburg, überzeugt.

Aus Sicht der Unfallexperten ist die Entscheidung längst überfällig: Bis zu 2.500 Menschenleben, so haben es Studien der EU-Kommission ergeben, könnten jährlich gerettet werden, wenn Autos einen automatischen Notruf absetzen würden, sobald es zu einem Unfall kommt.

Die Zeit bis zum Eintreffen des Rettungsdienstes kann so drastisch reduziert werden, wie Pilotversuche gezeigt haben. In ländlichen Gegenden müsse nur noch halb so lang auf ärztliche Versorgung gewartet werden, so die EU-Experten, im Stadtgebiet verkürze sich die Wartezeit um 40 Prozent. Die Europäische Union will das Notrufsystem "eCall" bis 2015 einführen. Dann sollen alle Neuwagen mit dem System ausgestattet werden.

"eCall" wird automatisch aktiviert, wenn Sensoren im Fahrzeug einen schweren Aufprall registrieren. Sobald das System im Wagen aktiviert ist, wählt es die Notrufnummer 112 und stellt eine Verbindung zur nächsten Notrufzentrale. Auf elektronischem Weg werden dann die genauen Daten übermittelt: Uhrzeit, genauer Standort und Fahrtrichtung. Der Standort wird mit Hilfe von GPS-Daten auf wenige Meter genau übermittelt. Im Idealfall vergehen nur Sekunden, bis die Unfallmeldung mit allen nötigen Angaben beispielsweise auf einem Computerbildschirm in der Leitstelle der Feuerwehr im Siegburger Kreishaus erscheint.

Die Kosten für den Einbau des "eCall"-Systems ins Auto werden von der EU auf weniger als 100 Euro. Aus datenschutzrechtlichen Gründen ermöglicht "eCall" keine Ortung des Fahrzeuges solange es "schläft". "eCall" sendet keine Signale, ehe es durch einen Aufprall aktiviert wird, so versprechen es die EU-Experten. Schon haben erste Autoversicherer reagiert und bieten in ihren Tarifen Rabatte für Autos mit "eCall" an, auch für den nachträglichen Einbau.

Die Deutsche Telekom ist nach eigenen Angaben auf die Einführung von "eCall" vorbereitet. "Der automatische Rettungsruf aus dem Fahrzeug wird dem Trend, Autos mit dem Internet zu vernetzen, weiteren Schub verleihen. Denn neben dem "eCall" haben Autohersteller die Chance, weitere Onlinedienste anzubieten", so Reinhard Clemens, Telekom-Vorstand

"Wenn die technischen Voraussetzungen erfüllt sind, und das sind sie bei uns, dann ist 'eCall' eine tolle Sache", sagt Feuerwehrmann Klein. "Je schneller ein Verletzter von den Helfern erreicht wird, umso weniger gravierend sind für ihn die Unfallfolgen."

Die Leitstelle in Siegburg ist schon jetzt so ausgerüstet, dass "eCalls" angenommen werden können. Allerdings sind bis jetzt nur weniger als ein Prozent aller Autos mit dem System ausgestattet. "Wenn der Alarm eingeht, wird in der Leitstelle eine Einsatzmaske geöffnet, die Daten werden automatisch übernommen und das nächstgelegene freie Einsatzfahrzeug wird ebenso automatisch alarmiert", erklärt Klein. "In dem Augenblick, in dem der Unfall passiert, erfahren wir davon."

Das Rettungssystem im Kreis ist so angelegt, dass bei einem Not- oder Unfall die Retter in städtischen Gebieten in acht Minuten am Einsatzort sind. Auf dem Land beträgt diese Zeit zwölf Minuten.

Hilfe in Zahlen: Bis 350.000 Anrufe gehen pro Jahr in der Rettungsleitstelle in Siegburg ein. 36.000 mal rücken Rettungswagen im Kreis aus, 16.000 mal sind Notärzte unterwegs und 400 mal starten Rettungshubschrauber zu Einsätzen. Hinzu kommen im Jahr rund 34.000 Transporte mit Krankenwagen. Pro Jahr haben die Feuerwehren im Kreis rund 1.000 Brandeinsätze und 3.000 mal werden die Wehrleute zu technischen Hilfeleistungen alarmiert. Überwiegend ehrenamtliche Garanten dafür, dass das System funktioniert sind etwa 3.500 Feuerwehrleute und rund 1500 Angehörige von DRK, Johannitern und Maltesern.

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