Drachenfels-Baustelle zieht Besucher magisch an

"Der Drache schläft für die Zeit der Bauarbeiten", steht auf einem Stück weißen Pappkarton geschrieben, das in der kleinen Drachenhöhle direkt am Aufgang zur Drachenfelsruine liegt.

Drachenfels-Baustelle zieht Besucher magisch an
Foto: Frank Homann

Königswinter. "Der Drache schläft für die Zeit der Bauarbeiten", steht auf einem Stück weißen Pappkarton geschrieben, das in der kleinen Drachenhöhle direkt am Aufgang zur Drachenfelsruine liegt.

Tatsächlich ist der grüne Lindwurm, der sonst hinter der Plexiglasscheibe schläft und die Besucher nach Einwurf einer Münze gefährlich anfaucht, momentan nicht zu Hause.

Dabei hätte er sicherlich allerhand zu tun gehabt, denn trotz oder vielleicht auch gerade wegen der Baustelle steppt derzeit der Bär auf dem berühmtesten der sieben Berge. "Viele kommen, weil sie einfach neugierig sind", berichtet Döndürmez Ömer, der die Touristen tagtäglich mit der Zahnradbahn zum Plateau hinauf chauffiert.

Er zeigt die Treppe hinauf, die von der Haltestelle hoch zum erhalten gebliebenen Altbau führt. Von dort hat man nicht nur einen schönen Blick rheinaufwärts, sondern auch über die Baustelle. "Dort stehen sie und machen Fotos."

Manche fahren danach allerdings gleich wieder hinunter und steigen erst gar nicht zur Burgruine hinauf. "Die rangiert momentan nur noch an zweiter Stelle." Gekommen sind dieses Jahr schon viele - viel mehr als gewöhnlich für die Jahreszeit. "An zwei Wochenenden im Januar und Februar war das Besucheraufkommen sehr groß, gegenüber dem Vorjahr konnten die Zahlen verdoppelt werden", freut sich Jürgen Limper, Vorstand der Bergbahnen im Siebengebirge AG.

Die Entwicklung habe sich im Monat März fortgesetzt, wozu allerdings sicherlich auch das schöne Wetter beigetragen hat. "Den stärksten Tag hatten wir bislang am 20. März mit 1 500 Fahrgästen", so Limper. Auch viele Königswinterer, "die wir normalerweise nicht in der Bahn sehen", zählen mittlerweile zu den Fahrgästen - und viele kommen nicht nur einmal, sondern immer wieder.

Auch an diesem Wochenende herrschte auf dem Drachenfels Hochbetrieb, wenn auch der erwartete Massenandrang ausblieb. Günter Reder und seine Frau Christine sind den Weg hinauf ganz sportlich gewalkt. Das Ehepaar aus Sankt Augustin hat seit Beginn der Abrissarbeiten schon des öfteren den Weg zum Plateau eingeschlagen

. "Früher waren wir eigentlich nie so oft hier", erzählen sie. Vielleicht hat es daran gelegen, dass sie den Betonklotz und das Drumherum "einfach fürchterlich hässlich und wenig einladend" gefunden haben. Nun verfolgen sie gespannt, wie sich die Baustelle weiterentwickelt. "Jetzt sieht man immerhin mal was von dem schönen alten Hotel".

Auch Friedrich Behrendt gibt freimütig zu, ein richtiger Baustellentourist zu sein. "Ich wohne auf der anderen Rheinseite in Mehlem, von dort habe ich den Drachenfels immer im Auge." Gemeinsam mit den Enkelkindern wollte er sich am Sonntag das Ganze einmal von oben ansehen. "Man erlebt hier ein Stück Zeitgeschichte mit", sagt er und drückt auf den Auslöser seines Fotoapparates. "Dann können meine Enkel später ihren Kindern zeigen, wie es hier mal ausgesehen hat."

Es gibt jedoch auch Besucher, die verärgert auf die Baustelle reagieren. Sebastian Schön und Tobias Haarmann, die in der Imbissbude hungrige Touristen mit Würstchen und Pommes versorgen, haben auch mit Besuchern zu tun, die trotz aller Berichte eben nicht von den Abrissabreiten wussten oder einfach überrascht vom Ausmaß sind.

"Etwa 50 Prozent kommen hier hoch und haben keine richtige Ahnung", schätzen die Beiden. Viele seien irritiert, vor allem weil es das bekannte Restaurant nicht mehr gibt, wo man sich gemütlich hinsetzen und etwas essen konnte.

Schön und Haarmann drücken den Ahnungslosen dann die Broschüre über die Neugestaltung des Drachenfelsplateaus in die Hand. Für die beiden Angestellten der Villa Leonhart ist der Job hoch auf dem Berg so oder so ein besonderes Erlebnis: "Vom Sterne-Restaurant zur Pommesbude", lachen sie. Alles in allem aber eine Arbeit, die Spaß macht und auch ganz amüsant sei. "Ich finde es schön, eben nicht nur die Klientel in der Villa zu erleben, sondern auch mal Touristen", meint Schön.

Zu denen, die in der Tat keine Ahnung von den Bauarbeiten auf "Hollands höchstem Berg" hatten, zählt die Familie van de Jüssem aus Helmond nahe Eindhoven. Die Niederländer sind regelmäßig in Königswinter zu Gast und waren auch schon etliche Male auf dem Drachenfels. "Schön war das Gebäude ja wirklich nicht", meinen sie, bedauern es aber dennoch, nach dem anstrengenden Aufmarsch nicht ein wenig auf der Aussichtsterrasse sitzen zu können.

Stattdessen haben sie es sich auf einem großen Felsbrocken an der Ruine gemütlich gemacht, "der Blick ist von hier ja auch eigentlich noch schöner". Gespannt sind sie, wie es dann im kommenden Jahr wohl hier oben aussieht. "Das ist doch ein guter Grund, wieder hierhin an den Rhein zu fahren."

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