Prozessauftakt vor dem Landgericht DNA-Spur führt nach vier Jahren zum mutmaßlichen Täter

Bonn/Sankt Augustin · Verurteilter „falscher Polizist“ soll Drogendealer in Sankt Augustin überfallen und beraubt haben. Wer die Täter waren, konnte viele Jahre nicht aufgeklärt werden – bis eine DNA-Spur am Wasserglas überraschend zu einem jungen Mann aus Siegburg geführt hat.

 Ein Justizbeamter führt den Angeklagten in den Gerichtssaal

Ein Justizbeamter führt den Angeklagten in den Gerichtssaal

Foto: Ulrike Schödel

Vier Jahre sind es bereits her, als ein Drogendealer aus Sankt Augustin unangenehmen Besuch bekam. Als es am Abend des 21. Juli 2014 bei ihm klopfte, standen vier Männer vor seiner Tür. Der Wortführer bat sogleich um ein Glas Wasser. Der vertrauensselige 44-Jährige holte ein Glas, der junge Mann trank vor seinen Augen. Dann schlug der Wortführer – laut Anklage – unvermittelt und mit einem eisernen Gegenstand gegen den Kopf des Dealers, der sofort zu Boden ging. Anschließend soll ihm mit einem Schraubenzieher an der Kehle gedroht worden sein, ihn umzubringen, falls er nicht „die Schnauze“ halte. Das Quartett zog mit kläglichen 130 Euro in bar, einer goldenen Armbanduhr und einer braunen Stofftasche ab, nicht ohne dem Dealer noch einen Tritt in den Rücken zu verpassen. Wer die Täter waren, konnte viele Jahre nicht aufgeklärt werden – bis eine DNA-Spur am Wasserglas überraschend zu einem jungen Mann aus Siegburg geführt hat.

Besonders schwerer Raub und gefährliche Körperverletzung

Wegen des Raubüberfalls auf seinen damaligen Dealer muss sich der 26-Jährige nun seit gestern vor einer Jugendkammer des Bonner Landgerichts verantworten. Die Anklage wirft ihm besonders schweren Raub und gefährliche Körperverletzung vor. Immerhin war der 44-Jährige übel zugerichtet worden: Durch den Schlag hatte er unter anderem eine Fraktur des linken Augenbodens erlitten.

„Ich habe mit dem Überfall nichts zu tun“, intervenierte der 26-Jährige gestern vehement und beteuerte seine Unschuld. „Ich kenne den Mann, ich habe damals regelmäßig bei ihm Kokain gekauft“, räumte er ein und argumentierte verzweifelt: „Herr Vorsitzender, das gibt doch keinen Sinn. Warum sollte ich jemanden für 100 Euro und eine billige Golduhr überfallen, wenn ich bei ihm monatlich für fast 500 Euro einkaufe?“ Das sei kein Argument, konterte Kammervorsitzender Wolfgang Schmitz-Justen. „Vielleicht haben Sie ja mehr erwartet.“ Aber der Angeklagte hatte null Verständnis:„Alles, was ich verspüre, ist Fassungslosigkeit darüber, dass mir das angehängt wird.“

Aber da ist noch die DNA am Wasserglas, die niemandem zugeordnet werden konnte, bis der 26-Jährige im November 2017 in Augsburg als Mitglied einer Bande von sogenannten „Falschen Polizisten“ bei einer observierten Geldübergabe verhaftet wurde. Nach einem ausgeklügelten Muster wird älteren Menschen vorgetäuscht, dass ihre Wertsachen Zuhause, aber auch auf der Bank nicht mehr sicher seien, weil angeblich Einbrecherbanden in der Nähe unterwegs seien. 45 000 Euro sollte der Angeklagte damals von einem Rentner entgegennehmen und dafür einen Lohn von 1500 Euro bekommen. Das Amtsgericht Augsburg hat ihn im Frühjahr wegen eines versuchten gewerbsmäßigen Betruges zu zweieinhalb Jahren Haft verurteilt; dabei musste er seine DNA speichern lassen. Eine Routine-Überprüfung in der Kartei des Landeskriminalamtes ergab schließlich den späten Treffer.

„Eine Tat“, so der Angeklagte gestern, „die ich jeden Tag bereue. Sie hatten mir das große Geld versprochen, wenn ich mitmache. Und ich habe es gemacht.“

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