Wahrzeichen von Bad Honnef Diese Geschichte steckt hinter der Löwenburg

Siebengebirge · Die Grafen von Sayn bauten die Löwenburg im 12. Jahrhundert einst als Landmarke, im Dreißigjährigen Krieg wurde sie niedergebrannt. Alle Initiativen für den Wiederaufbau scheitern. Ein Blick auf die Geschichte der Burg.

 Die Löwenburg aus der Luft. Ein Großteil der alten Umrisse wurde in den 1980er Jahren wiederhergestellt.

Die Löwenburg aus der Luft. Ein Großteil der alten Umrisse wurde in den 1980er Jahren wiederhergestellt.

Foto: Frank Homann

Als ein kaltes, dunkles und feuchtes Gemäuer stellt sich Klaus Breuer die Löwenburg in den Jahrhunderten, als sie bewohnt wurde, vor. Nicht einmal Wasser habe es gegeben, bis auf das Regenwasser, das in einer Zisterne gesammelt wurde. Die Zisterne im Burghof ist bis heute erhalten, ebenso wie zwei Seitenmauern des Bergfrieds mit den Grundmaßen zehn mal zehn Meter.

Die Löwenburg gehört zu den Lieblingsbergen von Klaus Breuer. Der 80-jährige Geologe, der von 1988 bis 2003 Leiter des Oelberg-Gymnasiums in Oberpleis war, beschäftigte sich mit dem Siebengebirge schon lange, bevor er in den Vorstand des Verschönerungsvereins (VVS) gewählt wurde.

Baubeginn 1180

Dabei stellt er sich die Frage, was Heinrich II., den Grafen von Sayn, als Erbauer bewogen hat, die Höhenburg an dieser Stelle des Siebengebirges – weit entfernt vom Rhein – zu errichten. 1180 wurde mit dem Bau begonnen, 1247 wurde die Burg erstmals urkundlich erwähnt. „Der Graf von Sayn musste auf die Macht der Erzbischöfe reagieren“, vermutet Breuer. Die Kölner hatten die Wolkenburg, den Drachenfels, die Rosenau und die Godesburg erbaut.

Der Graf von Sayn, dessen Stammburg in Bendorf lag und der Güter im Westerwald, an der Sieg und am Niederrhein gehabt habe, habe sich wohl als Landesherr über Bad Honnef, Aegidienberg und Ittenbach gefordert gesehen. Mit der Löwenburg habe er quasi eine Landmarke gesetzt. Dafür sei er bereit gewesen, viele Nachteile durch die exponierte Lage in Kauf zu nehmen. Rund 20 Maurer und zehn Zimmerleute, unterstützt von 20 einfachen Arbeitern, hätten die Burg in einem Zeitraum von fünf bis sechs Jahren erbaut. Die Steine kamen aus den nahen Steinbrüchen.

Keine militärisch-strategische Bedeutung

Dabei sei die Löwenburg bei Weitem nicht so groß wie zum Beispiel die Wolkenburg gewesen. Der Bergfried war vermutlich zwischen 16 und 18 Metern hoch. Die Burg war zu eng, um zum Beispiel der Bevölkerung Schutz zu gewähren. Sie habe auch keine militärisch-strategische Bedeutung gehabt. Auch sei sie keine glanzvolle Ritterburg mit Turnieren oder Empfängen gewesen.

Stattdessen habe ein Ministerialer, der dort mit Knechten und Mägden lebte, die Burg verwaltet. „Sie mussten die Burg in Schuss halten und den Bauern vom Löwenburger Hof wahrscheinlich bei der Feldarbeit helfen“, sagt Breuer. Der Löwenburger Hof war der Wirtschaftshof für die oben auf dem Berg thronende Burg. „Die Burg war ein Machtzeichen mit geringem militärischen Nutzen“, lautet sein Fazit.

Bei den umfangreichen archäologischen Ausgrabungen der Jahre 2012/2013 wurden im alten Bergfried 20 größtenteils unversehrte Tonkrüge und -becher aus dem 13. bis 15. Jahrhundert gefunden, die dem VVS als Dauerleihgabe für das Forsthaus Lohrberg zur Verfügung gestellt wurden. Insgesamt wurden 5700 Fundstücke gesichert – darunter Scherben, Armbrustpfeilspitzen und Buchschnallen.

Der Burg fehlte die Sage

Nach zahlreichen Eigentümerwechseln fiel die Burg 1484 in den Besitz des Herzogtums Jülich-Berg. Das Amt Löwenburg wurde von nun an von der Burg aus verwaltet. Auf dem Berg residierte ein Amtmann. Doch bereits 1550 soll die Burg in einem solch schlechten Zustand gewesen sein, dass die Amtmänner nach Bad Honnef umzogen. Im Truchsessischen Krieg zwischen 1583 und 1588 wurde die Burg vollends unbewohnbar. 1633 wurde sie dann im Dreißigjährigen Krieg niedergebrannt.

In der Rheinromantik wurde die Löwenburg dann wie die meisten anderen Burgen verklärt. „Obwohl die Realität weit dürftiger gewesen war“, so Breuer. Allerdings fehlte der Burg eine Sage wie dem Drachenfels oder dem Rolandsbogen. Deshalb habe der Berg in der späten Romantik auch eher kleinere private Gesellschaften angezogen. Bei den Ausgrabungen der Jahre 2012/2013 wurde eine große Zahl von Parfümfläschchen aus der Kölner Parfümfabrik Johann Maria Farina gefunden, die aus dieser Zeit stammen dürften.

Beobachtungspunkt für die Landvermessung

In der napoleonischen Zeit diente der Berg vorübergehend als trigonometrischer Punkt erster Ordnung und somit als Beobachtungspunkt für die Landvermessung. Damals standen noch große Teile des Bergfrieds, wodurch die 455 Meter hohe Löwenburg einen höheren Punkt in der Landschaft darstellte als der sechs Meter höhere Oelberg. Der Bergfried wurde – zusammen mit anderen Teilen der Burg – 1832 teilweise und 1881 ganz wegen Baufälligkeit abgetragen. 1861 wurde die Burg durch die Königlich Preußische Oberförsterei Siebengebirge, einem Vorläufer des heutigen Forstamtes Rhein-Sieg-Erft, übernommen. Der leitende Förster ist heute sozusagen der Burgherr.

1875 errichtete der VVS auf der Löwenburg eine Schutzhütte am sechs Meter hohen Stumpf des Bergfriedes. 1881 versuchte der Verein dann durch eine Lotterie, die Löwenburg und das Kloster Heisterbach wieder instandzusetzen. „Das war damals ein absoluter Fehlschlag, der dem VVS einen Verlust von 12.000 Mark bescherte. Die Löwenburg und Heisterbach waren für die Menschen zu dieser Zeit nicht attraktiv“, sagt Breuer.

Rekonstruktionswut ab 1908

Dennoch befeuerte die Burg die Fantasie vieler Generationen. Ab 1908 gab es eine regelrechte Rekonstruktionswut. So wollte der Kölner Dombaumeister Ludwig Arntz das Aussehen der Burg um 1400 darstellen. Seine Pläne wurden von Hedwig Below in ansprechende Bilder umgesetzt. Viele weitere Rekonstruktionsversuche, wie der von Jochen Cremer aus dem Jahre 1985, schlossen sich an.

Die Nationalsozialisten wollten sich die einmalige Lage des Löwenburger Hofes zunutze machen. Die Eigentümer sollten enteignet werden. Auf der Wiese war ein Thingplatz (Versammlungsplatz) für Massenaufläufe geplant, auf dem Joseph Goebbels reden sollte. „Das kam bei der Bevölkerung jedoch überhaupt nicht an, so dass die Pläne aufgegeben wurden“, so Breuer.

1977 musste das gesamte Areal wegen Baufälligkeit geschlossen werden. In den Jahren 1979 bis 1985 wurden die Reste der Löwenburg bautechnisch saniert. „Da es keine Belege gab, wurde nur das Grundrissbild wiederhergestellt und der Bergfried auf einer Höhe von sechs Metern aufgemauert“, erzählt Breuer.

Bronzetafeln zeigen ursprüngliches Aussehen

Auch gab es immer wieder Bemühungen, einen neuen Turm zu errichten. Den vorerst letzten Versuch startete 2010 die Stadt Bad Honnef. Paul-Georg Gutermuth, ein Freund der Heimat und Archäologie, träumte davon, auf der Löwenburg einen 25 Meter hohen Stahlturm mit den Abmessungen des alten Bergfrieds zu bauen – damit das Wahrzeichen Bad Honnefs wie einst wieder weithin sichtbar wäre. Doch die Bezirksregierung lehnte die Pläne ab.

Eine Wanderung auf die Löwenburg lohnt sich in jedem Fall. Mehrere Bronzetafeln der Königswinterer Bildhauerin Sigrid Wenzel zeigen dort das ursprüngliche Aussehen der Burg. Vor allem aber kann man nirgends im Siebengebirge so gut die Seele baumeln lassen und gleichzeitig fast ungestört den Blick in die Ferne genießen.

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