Die Strafen wurden immer heftiger

Bonner Gericht verurteilt Pflegeeltern wegen Misshandlung von Schutzbefohlenen und gefährlicher Körperverletzung

Bonn. Den beiden Jungen blieb die Aussage vor Gericht doch noch erspart. Ihre ehemaligen Pflegeeltern, die in der vergangenen Woche alle Vorwürfe bestritten hatten, gaben zu, die Kinder mehrfach geschlagen zu haben ( der GA berichtete). Die Jugendschutzkammer verurteilte die 35-jährige Pflegemutter wegen Misshandlung von Schutzbefohlenen in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung in zehn Fällen zu einer Haftstrafe von einem Jahr und sechs Monaten.

Die Frau muss zudem 120 Sozialstunden leisten. Sechs Monate Haft und 60 Sozialstunden hielt das Gericht beim 51-jährigen Pflegevater für angemessen, der die Jungen mit Stahlkappenschuhen getreten hatte. Die Strafen wurden zur Bewährung ausgesetzt.

Wie die Richterin ausführte, seien die Angeklagten wohlmeinende Leute gewesen, die ein Kind adoptieren wollten. Auf Bitten des ersten Jungen nahmen sie nach einer Weile auch dessen älteren Bruder auf, was sie jedoch überforderte. Es habe eine Maßgabe vom Jugendamt gegeben, mit den Kindern müsse man energisch umgehen und ihnen ab und zu einen Klaps geben, so die Richterin.

Die Eheleute hätten jedoch jedes Maß verloren, Gehorsam in nichtigen Angelegenheit verlangt, bis die Situation schließlich eskalierte. Am 21. Dezember 1999 stiegen die neun und zehn Jahre alten Jungen voller Angst aus dem Fenster, weil die Pflegemutter angedroht hatte, sie jede Stunde wieder zu verhauen. Zwei Beamte des Bundesgrenzschutzes wurden auf die nur mit Schlafanzügen bekleideten Kinder aufmerksam und brachten sie zur Polizeiwache.

"Man konnte die Verletzungen deutlich sehen", sagte die Richterin. Es gab verschiedene Anlässe für die Schläge: Die Kinder hatten zum Beispiel Brötchen in einer Schublade versteckt, ein Bett zerbrochen und den Hunden der Familie ein Handy zum Spielen gegeben. Das Gericht wertete zugunsten der Angeklagten, dass sie unverschuldet und in bester Absicht in die Situation geraten seien. Es sei schwierig für die Angeklagten gewesen, den Misserfolg einzugestehen und beim Jugendamt Hilfe zu suchen. Sie hätten auch nicht aus Gewinnsucht gehandelt, da sie nie Pflegegeld für die Jungen erhielten.

Zu Lasten des Ehepaares ging jedoch, dass es eine große Zahl von Vorfällen gab. Das, was in der Verhandlung herauskam, sei möglicherweise nur "Spitze eines Eisbergs" gewesen. "Die Strafen wurden immer heftiger", verdeutlichte die Richterin. Die Opfer seien hilflos und ohnehin schon geschädigt gewesen.

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