Die Schüler verteilen auf eigene Faust Kondome

Der Einladung der Aids-Initiative zu einer Kino-Veranstaltung folgt keine Schule - Jugendliche fühlen sich nur "oberflächlich aufgeklärt" - Stadt Bonn hält Zuschüsse an Aids-Hilfe-Einrichtungen konstant

  Solidarisch  mit HIV-Infizierten und Aids-Kranken zeigten sich am Mittwoch Vertreter von Kirche, Politik und Verwaltung, darunter auch Bürgermeister Peter Finger (l.) und Dezernent Volker Kregel (r.).

Solidarisch mit HIV-Infizierten und Aids-Kranken zeigten sich am Mittwoch Vertreter von Kirche, Politik und Verwaltung, darunter auch Bürgermeister Peter Finger (l.) und Dezernent Volker Kregel (r.).

Foto: Frommann

Bonn. "Was wissen Sie über HIV und Aids?" hatte die Aids-Hilfe Bonn eine Woche vor dem Welt-Aids-Tag am Mittwoch Frauen und Mädchen gefragt. Die gute Nachricht: Viele sagten, der Partner müsse zum Schutz vor Ansteckung mit dem HIV-Virus ein Kondom benutzen. Die schlechte: Bei hier lebenden osteuropäischen Mädchen und zum Teil auch bei türkischen ist das Wissen über HIV und Aids mangelhaft.

Diese Erfahrung deckt sich auch mit der zweiten Bonner Aids-Hilfe-Einrichtung, der Aids-Initiative: "Bei osteuropäischen Jugendlichen muss man vorbeugend reagieren", sagte Christa Skomorowsky, die sich am Mittwochmittag mit Gesundheitsdezernent Volker Kregel und Bürgermeister Peter Finger über die Bonner Situation unterhielt.

Zahlen gibt es keine, seriöse Schätzungen sind schwer. Doch eine Zunahme an Neuinfektionen befürchtet die Aids-Initiative auch bei jungen Schwulen und generell bei Jugendlichen. "Denn deren Wissensstand über HIV und Aids ist mittlerweile wieder sehr gering", sagt Daniel Hoernemann, Geschäftsführer der Aids-Initiative.

Prävention bleibt demnach eine wichtige Aufgabe. Doch die öffentlichen Zuschüsse sinken. Zwar will die Stadt die Mittel von 163 000 Euro für die Aids-Initiative und die 63 000 Euro für die Aids-Hilfe konstant halten, so Kregel. Doch das Land kürzt die Mittel gerade für die Jugendprävention, gab Superintendent Eckart Wüster zu bedenken, der ebenfalls den Stand der Aids-Initiative besucht hatte.

Für den Tag mit dem Motto "Frauen, Mädchen, HIV und Aids" hatte diese alle Bonner Schulen zu dem Film "Dreizehn" ins Kino eingeladen, um in dem Zusammenhang über HIV und Aids zu informieren. Doch die Resonanz war enttäuschend: "Sechs Klassen hatten zugesagt, dann aber letztlich doch wieder abgesagt", so Hoernemann. Immer mal wieder hieß es, die Einladung sei einen Monat vor dem Welt-Aids-Tag zu spät gekommen. Hoernemann hat aber auch die Erfahrung gemacht, dass Elternvertretungen sich des Öfteren sträubten, "weil Aidsaufklärung mit Sex zu tun hat".

Schülerinnen der neunten Klasse des Friedrich-Ebert-Gymnasiums (FEG) erfuhren durch die Lehrer gar nichts von der 12-Uhr-Vorführung. "Nur von der um 15 Uhr", sagte die 14-jährige Stella, die sich mit einigen Klassenkameradinnen den Film ansah. "Da die Schule zum Welt-Aids-Tag gar nichts gemacht hat", sind Stella und andere Mitglieder der FEG-Schülervertretung selbst aktiv geworden: "Wir haben gegen Spenden rote Schleifen verteilt und kostenlos Kondome."

Der Direktor habe dem zugestimmt. Auf die Frage, wie gut sie sich über Aids aufgeklärt fühlten, antworteten die Schülerinnen der neunten Klasse: "Nur oberflächlich." Solveig: "Ich hab das eher mit Afrika und Asien verbunden." Das Thema Aids steht verbindlich im Lehrplan.

In der siebten Klasse werde das Thema erwähnt, in der neunten dann erstmals eingehender erörtert, sagte Heike Gronski von der Aids-Hilfe. Ihr Schwerpunkt liegt in der Aufklärung von Schülern der Oberstufe und der Berufsschulen. Den Welt-Aids-Tag hält Gronski für wichtig: "Dann sehen die Leute, dass es Aids noch gibt."

Rat und Hilfe

  • Aids-Hilfe Bonn, Rathausgasse 6, 10 bis 17 Uhr, Rufnummer 94 90 90; Beratungstelefon (HIV-positive Berater/innen) unter (07 00) 44 53 32 66, 14 bis 17 Uhr.
  • Aids-Initiative Bonn, Bertha-von-Suttner-Platz 1-7, 9 bis 13 Uhr, Rufnummer 42 28 20; Telefonberatung von 19 bis 21 Uhr unter Tel. 42 28 222.
  • Aids-Beratung mit Testangebot: Gesundheitsamt der Stadt, Engeltalstraße 6, Zimmer 402, Tel. 77 25 67, 8.30 bis 11 Uhr.
  • Bonn Lighthouse, Verein für ambulante und stationäre Hospizarbeit, Begleitung von HIV-Infizierten, Aids- und Krebs-Erkrankten, Bornheimer Straße 90, Rufnummer 63 13 04.

Dazu auch der Kommentar "Fahrlässige Haltung"

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