Der Schalttag hält jung

Als Heiratsdatum ist er nicht sonderlich beliebt, als Geburtsdatum ermöglicht er mehrfaches Feiern - 19 Bad Honnefer begehen am Sonntag ihr Wiegenfest

  Vorfreude:  Zum 17. Mal im Leben kann Margitha Kölblinger an ihrem wirklichen Geburtstag feiern.

Vorfreude: Zum 17. Mal im Leben kann Margitha Kölblinger an ihrem wirklichen Geburtstag feiern.

Foto: Frank Homann

Bad Honnef. Wenn jemand an nur einem Tag gleichzeitig seinen 100. und seinen 25. Geburtstag feiert, dann kann es sich nur um einen 29. Februar handeln. Exakt diesen Fall gibt es in Bad Honnef nicht, jedoch feiern am Sonntag immerhin 19 Einwohner ihr Wiegenfest endlich mal wieder just an dem Datum, an dem der Kalender auch ihren tatsächlichen Geburtstag ausweist. Gleich zweimal wird am Sonntag ein 68. und zugleich 17. Geburtstag gefeiert, ein Kind kann sich am Sonntag endlich seinen ersten Geburtstag freuen. Deutschlandweit begehen am Sonntag etwa 55 000 Geburtstagskinder ihr seltenes Wiegenfest.

Für Hedwig Leven aus Orscheid war ihr Geburtstag nie etwas besonderes. "Die wurden früher nicht gefeiert", erklärt sie. Wie in allen guten katholischen Familien habe sie immer ihren Namenstag begangen. "Das war schon immer so, so lange ich lebe." Kindergeburtstage habe man schon gar nicht gefeiert, wenn überhaupt, dann eher die Ehrentage der älteren Semester.

An ihre erste Geburtstagsfeier erinnert Hedwig Leven sich deshalb noch genau: Das war ihr 24. Geburtstag am 29. Februar 1960. "Damals war ich in der Hotelfachschule am Tegernsee", erinnert sie sich. Der Tag fiel auch noch auf einen Rosenmontag, da hätten die anderen Mädchen darauf bestanden, den Ehrentag endlich einmal zu feiern. Für den Sonntag hat die "17-Jährige" nicht extra eingeladen. "Es wissen alle, dass ich Geburtstag habe und kommen auch so vorbei", freut sie sich schon.

Ganz andere Erfahrungen mit ihrem besonderen Geburtsdatum hat Margitha Kölblinger aus Selhof gemacht. "Mein Vater hat es jedes Jahr erneut geschafft, mich zu verwirren", erinnert sie sich. "Er hat mich immer wieder überzeugt, dass der Geburtstag diese Jahr ausfallen würde.

Dann gab es aber doch am 28. immer eine große Feier." Wie lange sie auf das Necken ihres Vaters herein gefallen sei, weiß sie nicht mehr genau. "Aber es hat lange gebraucht, bis ich dann auch wirklich davon überzeugt war, dass mein Geburtstag auch tatsächlich gefeiert wird." Für sie sei es schon komisch gewesen, dass ihr Geburtsdatum an drei Jahren nicht existiert habe.

"Ich hatte immer das Gefühl, mich gibt es gar nicht wirklich." Mittlerweile ist die gebürtige Grazerin aber stolz auf ihr seltenes Geburtsdatum. Ihr Mann Hartwig und die beiden Kinder machen allerdings auch jedes Jahr etwas ganz Besonderes aus Margitha Kölblingers Ersatzgeburtstag: "Die ganze Familie schmeißt sich da immer richtig ins Zeug". Auf ihren 56./14. Geburtstag am Sonntag freut sie sich daher schon sehr. Ist der 29. Februar als Geburtsdatum ein Garant für ewige Jugend, ist er bei Heiratswilligen kein beliebtes Datum, da die Paare nur alle vier Jahre Hochzeitstag begehen können und ihre Silberhochzeit wohl eher nie feiern können. Ein Problem, das sich dieses Jahr nicht stellt, da das Honnefer Standesamt sonntags keine Trauungen durchführt.

Auch das Datum 04.04.`04 fällt dieses Jahr übrigens auf einen Sonntag und wird somit nicht zu langen Schlangen im Standesamt führen. Dass die 19 Honnefer am Sonntag endlich wieder richtig feiern können, hat Julius Cäsar zu verantworten, der den regelmäßig eingefügten Schalttag einführte, um das Kalenderjahr an das Sonnenjahr anzugleichen. Allerdings wurde im alten Rom der 24. Februar doppelt gezählt. Statistisch gesehen gibt es unter 1 500 Menschen je einen, der an dem Schalttag geboren ist. Im Volksmund haben Schaltjahre und Schalttage einen schlechten Ruf; man sagte ihnen nach, sie brächten Unglück, schlechtes Wetter und Missernten.

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