Amtsgericht Rheinbach Der jüngste Zeuge ist erst fünf Jahre alt

RHEINBACH · Weil ein Autofahrer aus Rheinbach nicht anhielt, um einem kleinen Jungen zu helfen, muss er nun 50 Sozialstunden leisten.

Gegen die Auflage von 50 zu leistenden Sozialstunden wurde jetzt ein Verfahren wegen Nötigung und fahrlässiger Körperverletzung in Tateinheit mit anschließender Fahrerflucht gegen einen 45-Jährigen aus Rheinbach vor dem dortigen Amtsgericht eingestellt. Dem Mann war vorgeworfen worden, zu dicht an einen fünfjährigen Jungen herangefahren zu sein, der mit seinem Fahrrad unterwegs war, so dass der Kleine erschrak, über einen Bordstein fuhr und stürzte.

Obwohl der Junge geweint und aus der Nase geblutet habe, sei der Angeklagte weitergefahren. Letztlich sah das Gericht jedoch die beiden ersten Anklagepunkte als nicht erwiesen an. Nichtsdestotrotz, so fügte Amtsrichter Ulrich Schulte-Bunert hinzu, hätte der 45-Jährige sich um das Kind kümmern müssen.

Der Vorfall hatte sich am Nachmittag des 3. April in Rheinbach ereignet. Der Angeklagte erzählte, er habe vom Fenster seines Büros aus drei spielende Kinder gesehen: zwei kleine Jungen und ein älteres Mädchen. Sie habe ihre Butterbrottüte auf seinen Parkplatz geworfen, was ihn geärgert habe.

Also sei er auf dem Weg in die Stadt, wo er ein paar Besorgungen machen wollte, im ersten Gang ein Stück hinter den Kindern hergefahren, um sie darauf anzusprechen. Nach seinen Angaben war er 15 bis 20 Meter entfernt, als der kleine Junge plötzlich zur Seite fuhr und stürzte. Das Mädchen habe sich sofort um ihn gekümmert. Er sei an ihr vorbeigefahren und habe sie noch auf die Butterbrottüte angesprochen. Dann habe er seine Fahrt fortgesetzt.

Dass er die Kinder bedrängt habe oder den Motor seines Wagens bedrohlich aufheulen ließ, entspreche nicht den Tatsachen, fügte der Angeklagte hinzu.

Aus Sicht von zwei Zeuginnen, die den Vorfall aus den Fenstern einer nahe gelegenen Firma beobachtet hatten, stellte sich der Sachverhalt ganz anders dar. Der Mann habe die Kinder sehr wohl genötigt, indem er viel zu dicht aufgefahren sei. Der Junge habe deshalb Panik bekommen und sei über den Bordstein in eine Hecke gestürzt.

"Er hat geweint und auch sichtlich aus der Nase geblutet. Das hätte der Mann eigentlich sehen müssen." Sie und ihre Kollegin hätten dem Mann noch nachgerufen, aber er habe nicht mehr darauf reagiert, ergänzte eine der Zeuginnen (44). "Wir haben den Jungen dann mit zu uns in die Firma genommen und ihn versorgt."

Die beiden betroffenen Brüder - neun und fünf Jahre alt - gehörten wohl zu den jüngsten Zeugen, die je vor dem Richtertisch in Rheinbach Platz nahmen. Sie sagten, das Auto sei aufgefahren, sie hätten Angst davor gehabt. Deshalb sei einer von ihnen hingefallen. Das Mädchen (13) nahm an der Verhandlung nicht teil.

Vom Tatbestand einer bewussten Nötigung und Körperverletzung war das Gericht nicht überzeugt. "Aber sie hätten nicht wegfahren dürfen. Sie haben sich nicht richtig verhalten", fasste Schulte-Bunert zusammen. Er stellte das Verfahren ein. Da der Angeklagte, der, wie er erklärte, zurzeit am Existenzminimum lebe, nicht die vorgeschlagene Geldbuße von 400 Euro bezahlen könne, muss er nun innerhalb von drei Monaten die Sozialstunden ableisten.

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