Der etwas andere Supermarkt

Der integrative CAP-Markt beschäftigt Behinderte, sichert die Nahversorgung und steuert jetzt schwarze Zahlen an.

Niederbachem. Sich öffnende Schiebetüren, das metallische Rasseln zusammengeschobener Einkaufswagen, klingende Münzen und leise Hintergrundmusik: Schon früh erfüllt die typische Supermarkt-Geräuschkulisse auch den CAP-Markt in Niederbachem.

Dass an diesem Morgen mit Elisabeth-Winkelmeier-Becker eine CDU-Kreisvorsitzende und Bundestagsabgeordnete zwischen den Regalen unterwegs ist, würde kaum auffallen. Wäre da nicht das Empfangskomitee ihrer Parteifreunde um Wachtbergs stellvertretende Bürgermeisterin Rita Braun. Und statt Interesse erntet die kleine Gruppe mehrfach wütende Blicke, weil sie anderen Kunden unabsichtlich den Weg verstellt.

Offener Bücherschrank Seit kurzem gibt es im CAP-Markt nicht nur Lebensmittel und Brot, sondern auch Bücher: Anfang Oktober weihte die Gemeinde hier einen öffentlichen Bücherschrank ein. Das Prinzip: Wer sich von Büchern trennen möchte, diese aber nicht wegwerfen will, kann diese hier hinterlassen. Mitunter freut sich jemand anderes über den kostenlosen Lesestoff.Also das ganz normale Leben in einem ganz normalen Supermarkt? Nicht ganz, und genau das ist der Anlass für den Besuch der Volksvertreterin: Im CAP-Markt abgeleitet vom englischen Begriff "Handicap" für Behinderung, arbeiten behinderte und nicht behinderte Menschen gemeinsam. Während es in Deutschland knapp 80 solcher Geschäfte gibt, ist der seit zwei Jahre bestehende Niederbachemer Markt in der Region der Einzige.

Betrieben wird der Markt durch eine eigene Gesellschaft des AWO-Bezirks- und Kreisverbandes, dessen Geschäftsführer Werner Dobersalske den Anwesenden das Prinzip eingehend erläuterte. Dass die Hälfte der 22 Angestellten behindert ist, fällt nicht auf.

"Es gibt die unterschiedlichsten Arten einer Behinderung, und die Beeinträchtigung ist nicht zwingend sichtbar", sagt Awo-Integrationsbeauftrate Ute Stahl. Der Stellenwert des Arbeitsplatzes sei für die Angestellten durchweg besonders hoch: "Viele von ihnen nehmen sehr weite Wege mit dem öffentlichen Nahverkehr auf sich, um pünktlich in Niederbachem zu sein", sagt Stahl.

Dabei ist der CAP-Markt kein Sozialprojekt. Zum einen sind die Beschäftigten zu Tariflöhnen angestellt. Zum anderen ist das Geschäft ein wesentlicher Faktor für die Nahversorgung in Niederbachem und den umliegenden Wohngebieten und dient damit der dortigen Lebensqualität und der Allgemeinheit.

Das aber setzt ihn zugleich auch unbarmherzig der Konkurrenz aus. Nach tiefroten Zahlen in den ersten beiden Jahren nähere sich der Markt langsam, aber sicher der Gewinnzone, berichtete Werner Dobersalske.

Während die Struktur großer Einkaufsgemeinschaften im deutschen Lebensmittelgroßhandels kleineren Märkten das Leben schwer mache, könnten diese wiederum mit Zusatzleistungen wie einem Lieferservice punkten. Der CAP-Markt beispielsweise liefert auf Bestellung auch in die Nachbarorte, was dort auf regen Zuspruch stoße. Die wichtigste Nachricht aus Kundensicht: Die Awo ist zuversichtlich, den Niederbachemer Markt auch langfristig erhalten zu können.

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