Der Bund kann noch mit 93 Millionen Euro rechnen

Bonner Landgericht legt in wenigen Monaten die Höhe des Hochwasserschadens von 1993 fest

  Die Höhe des Hochwasserschadens  von 1993 am Schürmann-Bau bestimmt jetzt ein Gericht.

Die Höhe des Hochwasserschadens von 1993 am Schürmann-Bau bestimmt jetzt ein Gericht.

Foto: Pätow

Bonn. "Es hat sich noch nichts getan". sagt Fabian Krapoth, Pressedezernent beim Landgericht Bonn. Dabei weiß das Gericht seit Juli 2003, was zu tun ist. Da hatte der Bundesgerichtshof (BGH) beschlossen, dass der Bund von den Rohbauunternehmen, die seiner Ansicht nach die Verantwortung für den '93er Hochwasserschaden am Schürmann-Bau tragen, nur die Hälfte - und nicht 100 Prozent - des Schadens fordern kann.

Nach der BGH-Entscheidung muss vor dem Landgericht Bonn noch um die konkrete Höhe des Schadenersatzes verhandelt werden. Warum sich seit zwei Jahren "nichts getan" hat, führt Krapoth vor allem darauf zurück, dass der Berichterstatter des Gerichts gewechselt habe und der neue Kollege sich erst wieder einarbeiten musste. Er geht nun aber davon aus, dass für kommenden November ein Termin angesetzt wird.

Mit dem wohl größten Baurechtsfall der deutschen Nachkriegsgeschichte mussten sich in den vergangenen zehn Jahren schon mehrere Gerichte befassen. Dabei fing alles gut an. 1981: Der Bundestag beschließt seinen Neubau in der Gronau. 1982: Joachim Schürmann gewinnt den Architektenwettbewerb. 1989: Baubeginn. 1991: Nach dem Bonn/Berlin-Beschluss verabschiedet sich der Bauherr Deutscher Bundestag. 22./23. Dezember 1993: Das Hochwasser ramponiert den Rohbau schwer - mit der Folge eines jahrelangen Baustopps "aufgrund von Schlamperei und mangelnder Entscheidungsfähigkeit" (Wolfgang Clement). Seit Juni 2003 ist das Gebäude Domizil der Deutschen Welle.

Der Bund hatte seinerzeit in seiner Planung für das Objekt einen vorläufigen Hochwasserschutz vorgesehen, der eine Überflutung der Baugrube, in der die Gebäude auf einer Bodenplatte errichtet wurden, verhindert hätte. Diese war jedoch von den Rohbauunternehmen teilweise entfernt und nicht durch den endgültigen Hochwasserschutz ersetzt worden, stellten Gutachter fest. Der Bund schätzt den durch das Hochwasser entstandenen Schaden auf mehr als 187 Millionen Euro.

Im Juli 2003 bestätigte der BGH teilweise ein Urteil des Oberlandesgerichts Köln (OLG) vom April 2001. Danach bleibt die Bundesrepublik im Verhältnis zu den Rohbaufirmen auf der Hälfte des Schadens sitzen; eine Revision beider Seiten nahmen die Karlsruher Richter nicht an. Den Bund, so der BGH, treffe ein Mitverschulden, weil er sein Konzept für die Herstellung des endgültigen Hochwasserschutzes in den Plänen nicht hinreichend deutlich gemacht habe. Im zuständigen Bundesbauministeriums geht man davon aus, dass der Bund in dem Rechtsstreit die Hälfte des eingeklagten Betrages zugesprochen bekommt. Also rund 93 Millionen Euro.

Ein anderer Streit ist inzwischen vom Tisch. Außergerichtlich haben sich der Bund und die Architekten, die seinerzeit mit der Bauüberwachung beauftragt worden waren, geeinigt, nachdem die Architekten (dabei handelt es sich nicht um Schürmann und sein Team) über ihre Versicherungen einen "namhaften Betrag" überwiesen haben, so ein Sprecher des Bauministeriums, der über den Inhalt des Vergleichs nichts sagen wollte; es sei "Stillschweigen" vereinbart worden.

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