Der Bund kann noch mit 93 Millionen Euro rechnen

Das Bonner Landgericht muss noch die genaue Höhe des Hochwasserschadens von 1993 festlegen - Bund und Rohbaufirmen streben erneut einen außergerichtlichen Vergleich an

Der Bund kann noch mit 93 Millionen Euro rechnen
Foto: Friese

Bonn. "Vor Oktober tut sich da nichts", sagt Fabian Krapoth, Pressedezernent beim Landgericht Bonn. Und was ist zu tun? Auf der Basis des Urteils des Bundesgerichtshofes (BGH) von 2003, wonach der Bund von den Rohbauunternehmen, die seiner Ansicht nach die Verantwortung für den '93-er Hochwasserschaden am Schürmann-Bau (Deutsche Welle) tragen, nur die Hälfte - und nicht 100 Prozent - des Schadens fordern kann, muss in Bonn nun über die konkrete Höhe des Schadensersatzes verhandelt werden.

Seit Anfang 2005 beschäftigt sich das Landgericht mit dem Fall. Am 8. März dieses Jahres gelang keine Einigung zwischen den Parteien, da deren Vorstellungen sehr weit auseinander klafften. Am 22. März, so die Absicht der 1. Zivilkammer, sollten die Parteien einen Weg für einen Vergleich aufzeigen. Doch dazu kam es nicht: Bund und Baufirmen baten um eine Fristverlängerung. Nun trifft man sich wohl nach Oktober wieder vor der Kammer.

Mit dem wohl größten Baurechtsfall der deutschen Nachkriegsgeschichte mussten sich in den vergangenen zwölf Jahren schon mehrere Gerichte beschäftigen.

Dabei fing alles so gut an.

  • 1981: Der Bundestag beschließt seinen Neubau in der Gronau
  • 1982: Der Kölner Architekt Joachim Schürmann gewinnt den Architektenwettbewerb
  • 1989: Baubeginn
  • 1991: Nach dem Bonn/Berlin-Beschluss verabschiedet sich der Bundestag als Bauher.
  • 22./23. Dezember 1993: Das Rhein-Hochwasser ramponiert den Rohbau schwer - mit der Folge eines jahrelangen Baustopps "aufgrund von Schlamperei und mangelnder Entscheidungsfähigkeit", so der damalige Chef der Düsseldorfer Staatskanzlei, Wolfgang Clement.

Der Bund hatte seinerzeit in seiner Planung für das Objekt einen vorläufigen Hochwasserschutz vorgesehen, der eine Überflutung der Baugrube, in der die Gebäude auf einer Bodenplatte errichtet wurden, verhindert hätte. Diese waren jedoch von den Rohbaufirmen teilweise entfernt und nicht durch den endgültigen Hochwasserschutz ersetzt worden, stellten Gutachter fest. Der Bund schätzt den durch das Hochwasser entstandenen Schaden auf mehr als 187 Millionen Euro.Im Juli 2003 bestätigte der BGH teilweise ein Urteil des Oberlandesgerichts Köln (OVG) vom April 2001. Danach bleibt die Bundesrepublik im Verhältnis zu den Rohbaufirmen auf der Hälfte des Schadens sitzen. Denn Bund, so der BGH, treffe ein Mitverschulden, weil er sein Konzept für die Herstellung des endgültigen Hochwasserschutzes in den Plänen nicht hinreichend deutlich gemacht habe.

Fraglich ist nach wie vor, ob die Rohbaufirmen die vom Bund genannte Schadenshöhe akzeptieren. Sollte dies so sein, müssten die Firmen und/oder ihre Versicherungen dem Bund gut 93 Millionen Euro überweisen. Ein Sprecher des zuständigen Bundesamtes für Bauwesen und Raumordnung (BBR) bestätigte dem GA gegenüber, dass die Anwälte der beiden Parteien an einem außergerichtlichen Vergleich arbeiten, was bei einem "technisch so komplexen Thema" wohl auch die beste Lösung sei.

Ein anderer Streit ist inzwischen vom Tisch. Außergerichtlich haben sich der Bund und die Architekten, die seinerzeit mit der Bauüberwachung beauftragt worden waren, geeinigt, nachdem die Architekten (dabei handelt es sich nicht um Joachim Schürmann und sein Team) über ihre Versicherung einen "namhaften Betrag" überwiesen haben, so ein Sprecher des Bauministeriums, der über den Inhalt des Vergleichs nichts sagen wollte.

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