Arbeitsmarkt im Rhein-Sieg-Kreis Den Bäckern fehlt der Nachwuchs

RHEIN-SIEG-KREIS · Die Arbeitsagentur wirbt für Ausbildungsplätze in der Region, insgesamt 2329 Stellen sind derzeit unbesetzt.

Besuch beim Bäcker: Marita Schmickler-Herriger (rechts) und Alois Blum (3.v.r.) besuchen Bäckerei-Chef Bernd Rott (2.v.r.) und seine Mitarbeiter Andreas Kämpa (l.) und Manfred Alex.

Besuch beim Bäcker: Marita Schmickler-Herriger (rechts) und Alois Blum (3.v.r.) besuchen Bäckerei-Chef Bernd Rott (2.v.r.) und seine Mitarbeiter Andreas Kämpa (l.) und Manfred Alex.

Foto: Dominik Pieper

Wenn die meisten Menschen ihre Bürotür aufschließen, kann Stephan Winnen durchatmen. Um 8.30 Uhr hat der 22-jährige Bäckergeselle die stressigste Phase des Arbeitstags schon hinter sich. In seinem Betrieb, der Stadtbrotbäckerei Rott im Meckenheimer Industriepark, hat sich an diesem Montagmorgen ungewöhnlicher Besuch angekündigt. Marita Schmickler-Herriger, Leiterin der Agentur für Arbeit Bonn/Rhein-Sieg, und Alois Blum, Hauptgeschäftsführer der Kreishandwerkerschaft Bonn/Rhein-Sieg, schauen den Bäckern bei der Arbeit über die Schulter.

Anlass ist der bundesweite Tag des Ausbildungsplatzes, der am 7. Mai begangen wird. "Ein Kampagnentag, bei uns auch Maikäfertag genannt", sagt Schmickler-Herriger. 40 Berater und Vermittler der Agentur schwärmen aus, um in regionalen Unternehmen für Ausbildungsplätze zu werben. "Im letzten Jahr sind wir so auf fast 100 Ausbildungsplätze gekommen."

Bei Bäcker Bernd Rott, der seit 1978 seine Backwaren in Meckenheim produziert und 15 Filialen in Bonn betreibt, erhält die Agenturleiterin positive Signale: Derzeit bildet der rund 100 Mitarbeiter zählende Betrieb fünf Fachverkäufer und zwei Bürokräfte aus, demnächst kommt ein Bäckerlehrling.

Nächtliche Arbeitszeiten sind nicht jedermanns Sache

Rott hat noch Kapazität für fünf weitere Azubis: zwei im Bäckerhandwerk, drei im Verkauf. Ist der Beruf des Bäckers heute nicht mehr gefragt? "Es ist kein In-Beruf wie zum Beispiel Koch, der ständig in Fernsehsendungen präsentiert wird", meint Rott, der auch Obermeister der Bäckerinnung ist. Und dann die nächtlichen Arbeitszeiten - das sei nicht jedermanns Sache.

"Ich bin schon immer gerne früh aufgestanden, das macht mir nichts aus", sagt Geselle Winnen, der seine Ausbildung vor zwei Jahren bei Rott abgeschlossen hat. Seine Arbeitszeit reicht von 2 bis 11 Uhr. Durch ein Praktikum hat der frühere Hauptschüler den Beruf kennengelernt und Gefallen am Brotbacken gefunden. Praktika hält Schmickler-Herriger für immens wichtig: "Allein um falsche Vorstellungen über Berufe zu revidieren."

Die Arbeitgeber hingegen müssten sich auf den demografischen Wandel einstellen, so Alois Blum von der Kreishandwerkerschaft: "2020 wird es einen Knick bei den Schulabgangsklassen geben." Dann drohe auch in der Region ein Fachkräftemangel. "Dem können Betriebe mit Ausbildung entgegenwirken, und genau das tun sie auch."

Allein im Handwerk werden laut Blum in der Region 1500 Ausbildungsplätze zum neuen Ausbildungsjahr - Start: 1. September - vergeben. Bei etwa 33 Pozent der Stellen sind die Verträge bereits unter Dach und Fach. "Im vergangenen Jahr waren es um diese Zeit nur 25 Prozent."

Mangel an Nachwuchs in haustechnischen Berufen

Koch, Tischler, Frisör und die Autobranche - das sind laut Arbeitsagentur heute begehrte Berufe. Andere Branchen spürten einen Mangel an qualifizierten Kräften, so Blum. Zum Beispiel haustechnische Berufe wie Heizung/Sanitär oder das Elektrohandwerk. "Nicht dass diese Berufe unattraktiv wären", sagt er. "Aber der Markt saugt unheimlich viel auf. Durch die Nutzung erneuerbarer Energien oder energetische Gebäudesanierung werden viele Leute gebraucht."

In Branchen wie dem Fleischerhandwerk fehle hingegen die Nachfrage von jungen Menschen: "Auszubildende sind Mangelware. Es meldet sich kaum mal jemand von sich aus, nicht einmal für ein Praktikum", bestätigt der Bornheimer Metzgermeister Cornelius Breuer. Womöglich liege das am Image des Berufs. Dabei biete die Ausbildung von der Produktion bis hin zum Partyservice eine große Bandbreite und sei eine gute Grundlage für andere Ausbildungsberufe, etwa als Koch.

Aktuelle Daten:

In Bonn und dem Rhein-Sieg-Kreis gab es nach den Daten der Bundesagentur für Arbeit im April 3667 gemeldete Ausbildungsstellen bei 4455 Bewerbungen. 2329 Ausbildungsstellen waren unbesetzt, gleichzeitig suchten noch 2503 Bewerber nach einer Stelle. Betriebe, die eine Stelle anbieten möchten, können sich unter 01801/664466 melden, Jugendliche auf Jobsuche unter 01801/555111.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort