Das Wunder von Bern in Sechtem

Teile des Streifens von Star-Regisseur Sönke Wortmann über die Fußball-Weltmeisterschaft 1954 in der Schweiz werden ab kommender Woche in Bornheim gedreht

Das Wunder von Bern in Sechtem
Foto: Volker Lannert

Bornheim-Sechtem. Seit ein paar Tagen tut sich direkt bei Sechtem einiges, dort wo sonst nur Beregnungs- oder Mähmaschinen unterwegs sind. Schon von weitem sieht man das Ungetüm mitten auf den riesigen Rasenflächen. Bei genauerer Betrachtung entpuppt es sich als ein mit grünem Stoff bezogenes Stahlgerüst in Hufeisen-Form. Unter den Sechtemern hat es sich längst herum gesprochen - hier dreht der bekannte Regisseur Sönke Wortmann ("Der bewegte Mann", "Der Campus") Teile seines neuen Films "Das Wunder von Bern" mit Peter Lohmeyer und Louis Klamroth in den Hauptrollen.

Bei den Fußball-Fans schrillen sofort die Alarmglocken - jetzt, da gerade die Weltmeisterschaft in Japan und Südkorea läuft. "Das Wunder von Bern"? Ja, der sensationelle Gewinn der Weltmeisterschaft 1954 in der Schweiz. "Kopfball - abgewehrt. Aus dem Hintergrund müsste Rahn schießen . . . Rahn schießt - Toor! Toor! Toor!" Und dann: "Aus! Aus! Das Spiel ist aus. Deutschland ist Weltmeister."

So werden die Sätze des Reporters Herbert Zimmermann auch durch das Rund in Sechtem schallen. Denn es dient als Kulisse für das Berner Wankdorf-Stadion. Auf die grünen Wände werden die Zuschauer projeziert, Spieler, Tore und der auch damals vorhandene Jägerzaun stehen tatsächlich in Sechtem.

Die Fläche für das Projekt stellt die Firma "Die Rasenrolle Schmitz & Bollig-Commer GbR" zur Verfügung. Sie produziert auf rund 50 Hektar Land Rollrasen in verschiedenen Ausführungen. 10 000 Quadratmeter der Fläche, auf der die "Rasenrolle" ihren Sport- und Spielrasen züchtet, hat nun die Produktionsfirma aus Köln gemietet. "Die haben nach großen Rasenflächen gesucht, in deren Umgebung keine hohen Bäume oder Häuser stehen, die die Dreharbeiten stören. So ist man wohl auf uns aufmerksam geworden. Vor drei Monaten gab es die ersten Kontakte", sagt Peter Schmitz, Mitinhaber der "Rasenrolle".

Sein Unternehmen ist das einzige im Rheinland, das in dieser Größenordnung Rollrasen produziert. "Allerdings sieht der Rasen im Stadion wegen der langen Trockenheit nicht so gut aus. Und wir können dort auch nicht bewässern", erläutert Schmitz. Beregnet wird das Spielfeld aber in jedem Fall während der Dreharbeiten, denn 1954 war schließlich Fritz-Walter-Wetter: Es hat wie aus Eimern geschüttet.

Die Stahlgerüste des künftigen Stadions, die auf Holzplatten stehen, umfassen etwa eine Spielfeldgröße von 70 mal 45 Metern, also nicht die originale Größe. Auf dem Rest der 10 000 Quadratmeter werden ab Montag Wohnwagen und große Lastwagen stehen, die das Equipment beeinhalten - die Dreharbeiten können beginnen. Die sanitären Anlagen stellt der FV Salia Sechtem auf seinem Sportgelände. "Wir haben die einzigen Räumlichkeiten im Ort mit acht bis zehn Duschen", so Geschäftsführer Herbert Niederstein.

Die benachbarten Landwirte wurden gebeten, während der Dreharbeiten keinen störenden Krach zu machen. Fünf Tage, bis zum 15. Juni, dauern die Filmarbeiten in Sechtem. Die restlichen Szenen werden - bis auf eine kleine "Schweizer Ausnahme" - ebenfalls in Nordrhein-Westfalen, unter anderem in Köln, gedreht.

In dem Film spielt aber nicht nur der Fußball eine Rolle. Eigentlich dreht sich das cineastische Werk um den elfjährigen Matthias Lubanski und seine Familie aus Essen. Die Rückkehr des fremd gewordenen Vaters aus zehnjähriger Kriegsgefangenschaft führt zu einer Krise in der Familie aus dem "Kohlenpott". Einzige Zuflucht für den Jüngsten ist seine Fußballbegeisterung: die Nationalmannschaft um Trainer Sepp Herberger und insbesondere Matthias` Idol, der Essener Lokalmatador Helmut Rahn.

In einer Mischung aus detailgenau nachgestellten Fußballszenen - teils Schauspieler, teils Profi-Fußballer - und bewegenden Momenten aus dem Alltag der Familie Lubanski erzählt "Das Wunder von Bern", wie die deutsche Mannschaft herbe Rückschläge verkraftet und sich ins Finale vorkämpft, wie Matthias alles tut, um sie dabei nach Kräften zu unterstützen und ". . . wie er einen ganz anderen Helden kennenlernt", gibt sich die Produktionsfirma im Vorfeld geheimnisvoll.

In die Kinos soll der Film - mit 2,3 Millionen Euro von der Filmstiftung NRW und 400 000 Euro vom FilmFernsehFonds Bayern gefördert - erst im Herbst 2003 kommen. Ein Grund dafür, dass die Öffentlichkeit bisher kaum Informationen bekam. Man wolle keine Presse am Set, damit die Wirkung durch zuviel Berichterstattung nicht verpuffe, heißt es aus Kreisen der Filmemacher.

Auch für Sechtems Ortsvorsteher Horst Braun-Schoder nicht unbedingt nachvollziehbar: "Ich bedaure, dass es noch nicht einmal eine Pressemitteilung im Vorfeld gab. Das ist ja nun nicht eine Mülltonne, die da hin und her bewegt wird, das ist schon aufwändiger. Bei uns gab es schon die vielfältigsten Vermutungen und alle rufen bei mir an - dabei weiß ich doch auch von nichts."

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