Das Jahr 2010 im Vorgebirge

Jahresende, das ist immer auch die Zeit des Bilanzziehens. Im Jahr 2010 beschäftigte die Region vor allem die Themen Funkmast, Wettkandidat, Gesamtschule, Weltmeister-Besuch und Einkaufszentrum.

Das Jahr 2010 im Vorgebirge
Foto: Wolfgang Henry

Rhein-Sieg-Kreis. Jahresende, das ist immer auch die Zeit des Bilanzziehens. Und die des Aufräumens. Zwischen den Jahren hat man die Zeit dazu. Selbst in der Redaktion bleibt ein bisschen Zeit zum Ordnen.

Was ist uns dabei nicht alles in die Hände gefallen an Themen, die 2010 in der Region eine Rolle spielten - aktuelle und schon vergessene, wichtige und rückblickend eher unbedeutende. Ein Streifzug.

Die Mappe ist dick, an den Rändern schon leicht zerfleddert. Auf der Innenseite: eine Liste mit Telefonnummern und einem Aktenzeichen. Derart prominent werden nur Themen abgelegt, die einen immer wieder beschäftigen. Inhalt der Mappe: gesammeltes Material über den Digitalfunkmast für Behörden und Organisationen mit Sicherheitsaufgaben in Swisttal-Heimerzheim auf dem Gelände der Bundespolizei.

Ende 2009 buchstäblich über Nacht neben Wohnhäusern platziert, hat der 60 Meter hohe Koloss Anwohnerproteste ausgelöst, die fast ein Jahr lang Abgeordnete und Innenministerium in Düsseldorf beschäftigten. "Der Turm muss DA weg" war das Motto der Bürgerinitiative, die beharrlich Politiker und Bürokraten bearbeitete: Schließlich hat der Gigant hinterm Gartenzaun die umliegenden Grundstücke praktisch wertlos gemacht.

Die Initiative blieb maßvoll, verlangte lediglich eine Mast-Versetzung innerhalb des Bundespolizeigeländes und stellte eine Beteiligung an den Kosten in Aussicht. Damit hatte sie im November Erfolg: Das Innenministerium willigte angesichts eines Gerichtsstreits und nach langem Behörden-Wirrwarr ein, einsehend, dass bei solchen Projekten unmittelbar betroffene Bürger nicht einfach übergangen werden können. Ob die dicke Mappe entsorgt werden kann? Nein - denn noch steht er, der Mast. (pd)

Unser Fazit: der Bürger-Erfolg des Jahres.

Welch seltsames Foto auf der Festplatte: Ein Mann mit verbundenen Augen isst eine Wurst. Das ist doch. . . - richtig: Ralf Nolden aus Meckenheim. Er und sein Freund Martin Gies erkannten im Mai bei Thomas Gottschalks Wett-Show auf Mallorca die Stadionwürste der 18 Bundesliga-Vereine am Geschmack.

Die Meckenheimer hatten durch monatelanges Training alle Geschmacksrichtungen zwischen Schalke, Bremen und Freiburg verinnerlicht. Für uns ein kleiner Höhepunkt 2010, der zugleich zeigt: Es müssen nicht immer die lebensgefährliche Stunts sein, um ein Millionenpublikum bei Laune zu halten. (pd)

Unser Fazit: Fein-Schmecker des Jahres.

Gebetsmühlenartig haben Bürgermeister Rolf Schumacher, viele Politiker im Rat und zahlreiche Eltern die Einrichtung einer Gesamtschule in Alfter gefordert. Martina Salchow, Vorsitzende des Fördervereins Gesamtschule Alfter, engagierte sich schon seit 2006 für dieses Ziel. Als der Bonner Verein "Lebenshilfe" im Frühjahr sein Interesse an einer Trägerschaft bekundete, schien man dem Ziel sehr nahe zu sein.

Doch die "Lebenshilfe" konnte die Kosten nicht stemmen. Auch die Gemeinde kam für eine Trägerschaft nicht in Frage. Die Bezirksregierung lehnte dieses Ansinnen ab: Kein Geld, zu wenig Schüler. Nun erleben Eltern und Schüler in Alfter ein weiteres Jahr Stillstand, während in der Nachbarschaft die Schullandschaft in Bewegung ist. Dort werden neue Schulformen diskutiert wie in Rheinbach, geplant wie in Bornheim oder sind bereits etabliert wie in Heimerzheim. (hpf)

Unser Fazit: die Enttäuschung des Jahres.

Ein Weltmeister in Rheinbach-Oberdrees: So oft kommt das auch nicht vor. Im September war es soweit: Wolfgang Overath spielte mit seiner FC-Traditionself zur Eröffnung des neuen Kunstrasenplatzes.

Immer noch schön anzusehen ist die Ballbehandlung des 67-Jährigen. Gefühlte drei Minuten konnten die Oberdreeser Altherrenkicker das Spiel ausgeglichen gestalten, doch dann brachen alle Dämme: 22 : 1 lautete das Endergebnis. Kunstrasen kam 2010 schwer in Mode: Viele Vereine haben bereits neue Plätze oder planen welche. (hpf)

Unser Fazit: Trend des Jahres.

Kaufkraft fließt ab. Während die Geschäftswelt von Bornheim den Kunden eine Überdeckung an Lebensmitteln, Möbeln und Handwerksbedarf anbietet, mangelt es an Unterhaltungselektronik und Sportartikeln.

Das haben nicht nur hiesige Gewerbetreibende erkannt, sondern auch externe Investoren, die gerne in der 50 000-Einwohner-Stadt ihr Geld gewinnbringend anlegen würden. Das will auch Toom-Besitzer Gerd Sutorius, der seine Planungen ebenfalls vorgestellt hat.

War ursprünglich von 20 000 Quadratmetern Verkaufsfläche die Rede, haben sich die Wünsche der beiden Investoren inzwischen bei 15 000 Quadratmetern eingependelt. Noch ist völlig offen, ob Sutorius das Einkaufszentrum baut, denn die von ihm vorgesehene Aldi-Filiale haben ihm die Kommunalpolitiker untersagt.

Mit viel Skepsis schielen die Geschäftsleute der Königstraße auf die Roisdorfer Pläne. Der Gewerbeverein befürchtet eine erhebliche Steigerung des Verkehrs auf der Haupt-Einkaufsstraße und geschäftlich starke Einbußen, falls das Einkaufszentrum an der Bonner Straße errichtet wird.

Noch ungeklärt ist, wie das Zentrum angefahren werden kann. Für die dringend benötigten Kreisel beim Lokal "Zur gemütlichen Ecke" und am direkten Eingang fehlt der Stadt das Geld. Ob der Investor dies bezahlt, ist immer noch eine viel diskutierte Frage. (wm)

Unser Fazit: das Dauerthema des Jahres.

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