"Das ist doch keine artgerechte Haltung"

Hundebesitzer kritisieren Leinenpflicht für ihre Vierbeiner in der Siegaue - Brigitte Beller hofft auf eine "rheinische Lösung" - Richtlinien kontra Tierliebe

"Das ist doch keine artgerechte Haltung"
Foto: Antonius Nolden

Rhein-Sieg-Kreis. "Vielleicht gibt es ja eine rheinische Lösung", hofft Brigitte Beller und leint ihre drei Alaska-Huskys Yukon, Ulu und Orion an. Die Hundebesitzerin aus Hangelar meint damit die Diskussion über die Anleinpflicht in den Siegauen. Im vergangenen Jahr wurden diese von Windeck-Au bis zur Rheinmündung in Niederkassel unter Naturschutz gestellt. Seitdem darf dort nicht mehr gegrillt, gezeltet und nur an ausgewiesenen Stellen im Fluss gebadet werden.

Die Europäische Union hat unter dem Titel "Fauna-Flora-Habitat" (FFH-Richtlinie) schützenswerte Flächen in ganz Europa bestimmt. Die Mitgliedsländer müssen diese nun ausweisen. Spaziergänger und Radfahrer dürfen die Wege nicht mehr verlassen und Hunde müssen angeleint sein, alles zum Schutz seltener Tiere und Pflanzen. "Das ist vollkommener Quatsch", ereifert sich Beller. "Anleinen ist keine artgerechte Haltung."

Enttäuscht, traurig und wütend ist nicht nur Brigitte Beller aus Hangelar, die seit vier Jahren jeden Morgen nach Buisdorf fährt, um ihre Hunde an der Sieg zwischen Frankfurter Straße und der Brücke über die A 3 frei laufen zu lassen. Auch die anderen "Gassigeher", die jetzt ihre Schäferhunde, Cocker-Spaniel, Dackel und Terrier anleinen müssen, sind mit der neuen Regelung nicht einverstanden.

"Das ist ein Desaster", sagt eine Dame. "Die Hunde werden hier erst sozialisiert und erzogen." Sie lässt ihren Hund frei, damit er mit den anderen Tieren toben kann. Viele Hundefans erklären, dass nur durch den Kontakt mit Artgenossen das Tier sich artgerecht entwickelt, Grenzen kennen lernt und damit auch für den Menschen ohne Hundeerfahrung keine Bedrohung mehr darstellt. "Geht ein Hund nur an der Leine, wird er aggressiv", sagen alle unisono.

"Die Hunde schützen sogar die jetzt schützenswerten Vögel, da keine frei laufenden Katzen sich hier blicken lassen", erklärt Manfred Schmitz aus Buisdorf, der seit 20 Jahren an der Sieg spazieren geht. "Ich habe noch keinen Hund gesehen, der irgend ein Tier angegriffen oder seltene Pflanzen ausgebuddelt hat."

Seitdem an der Sieg Schilder mit Bußgelddrohungen angebracht worden sind, sorgt die Anleinpflicht bei den Hundebesitzern jeden Tag für Gesprächsstoff. "Wir verstehen nicht, warum das Freilaufen jetzt plötzlich verboten sein soll", fragt Brigitte Beller. "Die Vögel und Pflanzen gibt es hier seit mehreren Jahrzehnten." Beller und die anderen Tierfreunde reklamieren für sich, bereits viel für den Naturschutz zu tun. "Wir räumen den Müll der Leute weg", sagt sie. "Flaschen, Papier und den anderen Dreck nehmen wir mit zum Papierkorb."

Brigitte Beller ist dabei auch für Kompromisse zu haben. "Wir könnten die Hunde ja kontrolliert laufen lassen", schlägt sie vor. "Wenn Enten oder andere Tiere am Ufer brüten, werden die etwas aktiveren Hunde für diesen Zeitraum eben angeleint oder man meidet diese Zone."

Die Idee des Bundes für Naturschutz Deutschland (BUND) Rhein-Sieg, der eingezäunte Freilaufflächen vorgeschlagen hat, hält sie für völlig abwegig: "Die laufen doch nicht auf Kommando los und können sich in einem Gehege auch nicht aus dem Wege gehen." Ihr Ehemann Dieter Beller sieht das etwas drastischer. "Eine Freilauffläche ist eher ein Rodeo für die Zuschauer. Die Tiere haben da mal wieder das Nachsehen."

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort