Rettungsgasse blockiert Innenminister übt scharfe Kritik an Autofahrern nach A3-Unfall

Siebengebirge · Nach einem Unfall mit zwei Lkw kurz vor der Ausfahrt Siebengebirge musste die A3 in Richtung Frankfurt auch am Freitag noch bis in den Nachmittag gesperrt werden. Nach dem Unfall am Donnerstagabend war keine richtige Rettungsgasse gebildet worden. Ein 40-Tonnen-Lkw fuhr sich in der Gasse fest.

 Die Bergungsarbeiten dauerten viele Stunden.

Die Bergungsarbeiten dauerten viele Stunden.

Foto: Christof Schmoll

Am Donnerstagabend hat es um 21.10 Uhr auf der A3 in Fahrtrichtung Frankfurt kurz vor der Ausfahrt Siebengebirge einen Unfall mit zwei Lkw gegeben. Entgegen erster Annahmen waren die Fahrer der Lkw (50 und 62 Jahre alt) nicht in ihren Fahrzeugen eingeklemmt und konnten diese nach Angaben von Sascha Lienesch, Pressesprecher der Freiwilligen Feuerwehr Sankt Augustin, eigenständig verlassen. Beide erlitten durch den Unfall schwerer Verletzungen, waren aber ansprechbar und kamen in Krankenhäuser.

Wie Berthold Schulz von der Kölner Polizei vor Ort sagte, fuhren die beiden Fahrzeuge auf der Strecke nebeneinander, als der auf dem rechten Fahrstreifen fahrende 50 Jahre alte Lkw-Fahrer aus noch unbekannter Ursache die Kontrolle über sein Fahrzeug verlor. Er kam nach rechts von der Strecke ab, prallte gegen eine Lärmschutzwand und driftete in der Folge zurück auf die Fahrbahn, wo er mit dem neben ihm fahrenden Lkw kollidierte, den der 62-Jährige steuerte. Der Sattelzug des 62-Jährigen kippte auf die Seite, der andere Lkw schleuderte zurück in die Lärmschutzwand und kam dort zum Stehen.

Dieses Video ist Teil einer Kooperation von WDR und GA.

Weil durch die Wucht des Aufpralls an der Lärmschutzwand das Führerhaus des einen Lkw die Wand durchbrach, befürchteten die Einsatzkräfte zunächst, dass eventuell ein Beifahrer aus dem Führerhaus geschleudert wurde. Das bestätigte sich aber nicht. Da direkt hinter der Lärmschutzwand nur durch einen Grünstreifen abgetrennt eine ICE-Trasse langführt, wurde diese laut eines Polizeisprechers - um sicherzugehen, dass keine Wrackteile auf den Gleisen liegen - zunächst vorsorglich für Züge gesperrt. Sie konnte aber noch am Abend wieder freigegeben werden.

A3 Köln-Frankfurt: Lkw-Unfall im Siebengebirge - Fotos
28 Bilder

Lkw-Unfall auf der A3 im Siebengebirge

28 Bilder
Foto: Ulrich Felsmann

50-Jähriger fuhr alkoholisiert

Die Polizei stellte von beiden Fahrern die Handys sicher, um zu ermitteln, ob einer von ihnen womöglich durch dessen Nutzung am Steuer abgelenkt war. „Die Ermittlungen gehen in alle Richtungen“, so Schulz. Bei dem 50-Jährigen nahmen die Polizisten vor Ort zudem Alkoholgeruch wahr. Ein Atemalkoholtest ergab einen Wert von einem Promille. Die Beamten stellten den Führerschein des Berufskraftfahrers sicher und ordneten eine Blutprobe an.

Die Strecke in Fahrtrichtung Frankfurt musste bis zum späten Freitagnachmittag komplett gesperrt werden, ab den frühen Morgenstunden wurden die Fahrzeuge geborgen. Während der eine Lkw samt Anhänger mit einem Kran aufgerichtet und abgeschleppt werden konnte, musste das in die Lärmschutzwand gefahrene Fahrzeug von Hand entladen werden. Geladen hatte er unter anderem Parfüm, Klemmschellen aus Metall und technische Geräte. Die meisten Kartons sind bei dem Unfall aufgeplatzt.

Der Verkehr staute sich auf den Autobahnen rund um die Sperrung massiv.

Lkw fährt sich in Rettungsgasse fest

Probleme machte den Rettungskräften am Donnerstagabend auch eine mangelhaft gebildete Rettungsgasse. Wie Feuerwehr und Polizei mitteilten, mussten die Rettungskräfte zunächst rund 300 Meter vor der Unfallstelle stoppen und zu Fuß zu dieser gelangen, weil ein Weiterkommen unmöglich war. „Keiner ist durchgekommen, alle mussten zu Fuß durch - das hätte besser laufen können“, sagte Augenzeuge Fred Fegel, der mit seinem Auto im Stau vor der Unfallstelle stand.

Einer weiteren Zeugenaussage zufolge sei die Gasse zunächst gut gebildet gewesen sein, dann aber sei ein 40-Tonnen-Lkw in diese gefahren. „Der wollte sich wahrscheinlich durchquetschen“, so Agnes Lahr. Der Lkw fuhr sich fest und musste aufwendig wieder aus der Gasse rangiert werden. „Das hat locker eine Viertelstunde Zeit gekostet“, sagte Sven Künzel, der als Augenzeuge half, die Rettungsgasse wieder freizubekommen. „Jedem sollte bekannt sein, dass eine Rettungsgasse gebildet werden muss. Da dann absichtlich hineinzufahren, ist für mich unfassbar“, so Lahr. „Ich verstehe nicht, wie man nicht einfach mal warten kann und die Rettungskräfte durchfahren lassen kann“, ärgerte sich auch Künzel. „Wären die Verletzungen der Fahrer lebensbedrohlich gewesen, so hätte die mangelhafte Rettungsgasse heute ein Menschenleben kosten können,“ sagte Lienesch, der mit rund 80 weiteren Feuerwehrleuten der Einheiten Sankt Augustin und Königswinter an der Unfallstelle war.

Einen weiteren unerfreulichen Vorfall erlebten die Einsatzkräfte nach ersten Informationen gegen 3.45 Uhr. Ein Pkw, ein Transporter sowie ein Lkw umfuhren die Absperrung am Autobahnkreuz Bonn/Siegburg und gelangten so bis zur Unfallstelle, wo sich die Polizei um sie kümmerte.

„So schwer ist das ja nicht: Platz machen, damit die Retter zum Unfallort kommen. Das Bilden einer Rettungsgasse rettet Menschenleben und gehört zu den Mindestanforderungen an jeden Verkehrsteilnehmer“, kommentierte NRW-Innenminister Herbert Reul (CDU) das Geschehen. „Um das zu verstehen, braucht es eigentlich nicht allzu viel Verstand.“

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort